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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady
Autoren: Mary Jo Putney
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alle Sinne an und erkannte dann, was nicht stimmte. Obwohl der gesamte Haushalt schlief, roch er im Erdgeschoß Tabak, in dem keine Schlafzimmer lagen.
    Vermutlich hatte das nichts anderes zu bedeuten, als daß ein Diener beim Abschließen der Tür geraucht hatte oder daß Rafe so spät noch arbeitete. Dennoch folgte Robin dem Geruch bis zur Bibliothek, unter deren Tür ein schmaler Lichtschimmer hervordrang.
    Leise trat er ein. Maxie saß in einem Sessel vor einem kleinen Tisch. Ihre glatten, rabenschwarzen Haare fielen ihr über die Schultern, ihr Blick war abwesend auf eine Rauchspirale glimmenden Tabaks gerichtet. Robin war froh, daß sie ihr Zimmer verlassen hatte, aber ihr leerer Gesichtsausdruck schmerzte ihn. Vielleicht konnten seine Erkenntnisse sie wieder beleben.
    Ohne Überraschung blickte sie auf. »Guten Abend. Hast du London durchstöbert?«
    »Ja.« Er durchquerte den Raum und setzte sich auf einen Sessel neben ihr. Da ihre Füße nackt waren und sie nur eine leichte Robe über ihrem Nachthemd trug, streifte er seinen Rock ab, entnahm ihm ein paar zusammengefaltete Schriftstücke und reichte ihn ihr. »Du mußt doch frieren. Zieh den an.«
    Mechanisch nahm sie das Kleidungsstück entgegen und legte es sich um die Schultern. Sie verschwand fast in den dunklen Stoffalten.
    »Ich habe ein paar Dinge erfahren, die dich vielleicht interessieren«, sagte Robin. »Willst du sie jetzt hören oder soll ich damit warten?«
    Sie hob vage die Hand. »Das ist mir gleichgültig.
    Jetzt, wenn es dir lieber ist.«
    Er fragte sich, ob er sie aus ihrer Lethargie reißen konnte. »Lord Collingwood war heute hier. Seine Menschenkenntnis mag vielleicht kläglich sein, aber er hat Simmons aus durchaus lauteren Motiven damit beauftragt, dich von London fernzuhalten. Simmons ist ein Erkunder aus der Bow Street.«
    Maxie ließ weitere Tabakkrümel aus einer Nußbaumschatulle auf den glimmenden Haufen im Aschenbecher fallen. »Was ist ein Erkunder?«
    »Eine Art Helfer der Polizei. Die meisten von ihnen arbeiten für den Magistrat von Westminster, der in der Bow Street ansässig ist. Aber sie können auch von Privatleuten mit besonderen Aufgaben betraut werden. Und genau das hat dein Onkel getan.«
    Maxie nickte desinteressiert.
    »Collingwood berichtete uns, daß dir deine Großtante Maxima eine jährliche Apanage von fünfhundert Pfund hinterlassen, aber bestimmt hat, daß du dieses Geld erst im Alter von fünfundzwanzig Jahren und nach dem Tod deines Vaters erhältst. Anscheinend hatte deine Großtante gewisse Bedenken, was die Zuverlässigkeit deines Vaters in finanziellen Dingen anbelangt.«
    Ein kaum sichtbares Lächeln erzitterte auf Maxies Lippen. »Berechtigterweise. In wirtschaftlicher Hinsicht war Max ein hoffnungsloser Fall. Geld hat ihn nicht interessiert.«
    Robin holte tief Luft und beschloß, zum Kern der Dinge vorzustoßen. »Auch wenn er dir nichts davon erzählt hat, war der Gesundheitszustand deines Vaters in letzter Zeit offenbar bedenklich.
    Als er nach London kam, hat er nicht nur den Anwalt deiner Großtante Maxima wegen des Erbes, sondern auch zwei Ärzte aufgesucht. Beide erklärten, daß dein Vater ein schwaches Herz hatte. Es ist vorstellbar, daß dein Vater daraufhin befürchtete, nicht mehr das Leben führen zu können, das er gewohnt war.«
    Endlich hob Maxie den Kopf und sah ihn an, aber sie sagte kein Wort. Sie schien kaum zu atmen.
    »Ich habe mich auch mit anderen Menschen unterhalten, mit denen sich dein Vater hier in London getroffen hat.« Robin griff zu den Papieren, die er seinem Rock entnommen hatte, und legte sie auf den Tisch. »Aufgrund der hierin enthaltenen Details möchte ich darauf schwören, daß dein Vater beschloß, seinem Leben ein Ende zu setzen, damit du sofort in den Genuß der Erbschaft kommst und um dir zu ersparen, ihn bis zu seinem Tod pflegen zu müssen. Er wußte, daß dein Onkel für dich sorgen würde, also ließ er dich nicht schutzlos zurück.« Maxie begann am ganzen Körper zu zittern und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Wie… wie hat er es getan?«
    »Mit einer riesigen Dosis Digitalis, einer Herzmedizin, die in großen Mengen wie Gift wirkt.
    Beide Ärzte hatten ihm Digitalis gegeben, aber geraten, vorsichtig damit umzugehen, da es tödliche Folgen haben könnte. Sehr wahrscheinlich ging dein Vater davon aus, genügend Zeit zu haben, sich der Flaschen zu entledigen, doch das Gift wirkte sehr schnell.
    Wenn ihm ein wenig mehr Zeit
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