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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte
Autoren: Ian Fleming
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gehen.
    Das Royalty-Kino lag in der Farquhar Street, einer jener kleinen Gassen, die vom Schloß zur Straße nach Ascot führen. Es war ein schäbig aussehendes Kino, in dem zwei Wild-West-Filme liefen, ein Trickfilm und die sogenannte Wochenschau, die sich mit dem befaßte, was die Königin im vergangenen Monat getan hatte. Mir wurde klar, weshalb Derek es gewählt hatte, als er zwölf Schilling für die Loge bezahlte. Rechts und links vom Vorführraum befand sich je eine Loge, ein dunkler viereckiger Kasten mit zwei Stühlen. Sobald wir sie betreten hatten, zog Derek seinen Stuhl ganz nahe an den meinen und begann, mich zu küssen und zu betasten. O Gott, dachte ich zuerst, bringt er hierher seine Mädchen? Doch nach einer Weile schmolz mein innerer Widerstand dahin. Seine Hände erforschten meinen Körper.
    Er küßte mich sanft und flüsterte, er liebe mich und ich sei das wunderbarste Mädchen der Welt. Doch ich richtete mich auf, rückte von ihm ab und rupfte mir die Augen. Ich versuchte, dem Film zu folgen, und dachte, daß ich meine Unberührtheit verloren hatte, oder jedenfalls eine Art der Unberührtheit, und daß er mich nicht mehr achten würde. Doch dann kam die Pause, und er kaufte mir Eis und legte seinen Arm auf die Stuhllehne hinter mir, flüsterte, dies sei der schönste Tag seines Lebens, und wir müßten diesen Tag immer wieder von neuem erleben. Ich hielt mir vor, daß ich albern sei. Was wir getan hatten, war ganz harmlos. Eigentlich war ja alles ganz wunderbar gewesen. Außerdem schmusten junge Männer gern, und wenn ich nicht mitmachte, würde Derek sich ein anderes Mädchen suchen. Als darum die Lichter ausgingen, und seine Hände sich wieder nach mir ausstreckten, schien es natürlich, daß sie meine Brüste berührten. Dann streifte sein keuchender
    Atem meinen Hals und er sagte: »Oh, Baby!« mit einem riefen, zitternden Seufzen. Ich spürte einen Stich der Erregung darüber, daß ich ihm das gleiche Glücksgefühl gegeben hatte wie er mir, und jetzt war es, als sei eine Schranke zwischen uns gefallen. Ein mütterliches Gefühl wallte in mir auf, und ich küßte ihn. Er fuhr mich zurück zum Bahnhof, weil ich den letzten Zug nach London erreichen mußte, und wir verabredeten uns für den nächsten Samstag um die gleiche Zeit.
    Es geschah immer das gleiche. Nur zum Mittagessen und zum Tee gingen wir in verschiedene Lokale. Sonst war es der Fluß, der Plattenspieler, die kleine Loge im Kino. Doch jetzt war noch die körperliche Erregung hinzugekommen, und immer, im Boot, im Auto, im Kino, berührten unsere Hände den Körper des anderen, mit größerem Genuß und Verständnis, je länger sich jener endlose Sommer hindehnte. In meiner Erinnerung an jene Tage scheint immer die Sonne, und die Weiden hängen über dem Wasser, das ebenso klar und blau ist wie der Himmel. Schwäne schaukeln im Schatten der Pappeln, und Schwalben schießen steil aus dem Himmel herab und fliegen tief über das Wasser. Dann kam der letzte Samstag im September und, wenn wir auch bis dahin die Wahrheit nicht aussprechen wollten, ein neues Blatt mußte aufgeschlagen werden. Am Montag würde Susan zurückkehren, ich hatte Aussicht auf eine Stellung, und Derek mußte nach Oxford. Wir machten uns vor, daß alles beim alten bleiben würde. Ich würde Susan alles erklären, ab und zu würde ich über das Wochenende nach Oxford fahren, und ab und zu würde Derek mich in London besuchen. Wir sprachen nicht über unsere Liebe. Es war klar, daß sich nichts ändern würde. Vielleicht erschien es mir etwas seltsam, daß Derek während der Woche niemals Zeit für mich hatte, doch er spielte viel Kricket und Tennis und hatte ganze Schwärme von Freunden, die, wie er sagte, alle entsetzlich langweilig waren. Ich hatte nicht das Bedürfnis, in diesem Teil seines Lebens eine Rolle zu spielen, zumindest vorläufig nicht. Ich war glücklich, ihn einen Tag in der Woche ganz für mich allein haben zu können. Ich wollte ihn nicht mit einer Menge anderer Leute teilen, die mich sowieso verschüchtern würden.
    Wir ließen also alles ziemlich in der Luft hängen, und ich dachte nicht weiter als bis zum nächsten Samstag.
    An diesem Tag war Derek besonders liebevoll, und am Abend führte er mich ins Bridge-Hotel. Er bestand darauf, daß wir zum Essen Champagner bestellen sollten. Als wir schließlich in unser kleines Kino kamen, waren wir beide nicht mehr ganz nüchtern. Ich war froh, denn das ließ mich vergessen, daß mit dem nächsten Tag
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