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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte
Autoren: Ian Fleming
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Diese Herrlichkeiten verteilten wir auf einer ausgehobenen, über einen Tisch gelegten Tür, über die wir ein Tischtuch gebreitet hatten, so daß es wie ein kaltes Büfett wirkte. Die Party war ein voller Erfolg, sie war beinahe zu erfolgreich. Es kamen nämlich alle dreißig Eingeladenen, und einige brachten noch Freunde mit. Die Räume waren überfüllt. Viele mußten auf der Treppe sitzen, und ein Mann saß sogar auf dem Toilettenrand mit einem Mädchen auf den Knien. Der Lärm und die Hitze waren fast unerträglich. Vielleicht waren wir doch nicht so simple Dinger, wie wir geglaubt hatten. Na ja, schließlich geschah das, was wir am meisten gefürchtet hatten: Die Getränke reichten nicht. Ich stand vor dem Tisch, als so ein komischer Kauz die letzte Champagnerflasche auswand und dann mit erstickter Stimme rief: »Wasser, Wasser, sonst werden wir England nie wieder sehen!« Ich war ganz nervös und sagte verlegen: »Es ist leider nichts mehr da!«
    Ein junger Mann, der hinter mir. an der Wand stand, mischte sich ein. Er nahm meinen Ellbogen und zog mich aus dem Zimmer, die Treppe hinunter. »Komm«, forderte er mich auf, »so eine Party können wir doch nicht auffliegen lassen. Wir holen etwas Trinkbares aus dem nächsten Gasthaus.« Wir kauften also noch zwei Flaschen Gin und ein paar Flaschen Mineralwasser. Er bestand darauf, für den Gin zu bezahlen. Er war ziemlich angetrunken, doch nicht auf unangenehme Art, und erzählte, daß er schon vorher auf einer Party gewesen sei. Er sagte mir, er heiße Derek Mallaby, doch ich hörte gar nicht richtig hin. Mir ging es nur darum, den Gin möglichst rasch hinaufzutragen.
    Als wir die Treppe hinaufkamen, wurden wir mit Hochrufen begrüßt, doch die Party hatte inzwischen ihren Höhepunkt überschritten, und nach und nach verschwanden die Gäste, bis schließlich nur noch ein paar gute Freunde da waren und einige Typen, die sich noch nicht entschließen konnten, wo sie zu Abend essen sollten. Und dann kam Derek Mallaby, strich das Haar von meinem Ohr zurück und flüsterte ziemlich laut und heiser, ob ich mit ihm noch einen Bummel machen würde. Ich sagte ja, hauptsächlich, glaube ich, weil er groß war und mir vorher aus der Patsche geholfen hatte. Wir traten hinaus in den wannen Abend und ließen das Schlachtfeld der Party hinter uns. Susan verschwand mit ihren Freunden, und wir nahmen uns in der King's Road ein Taxi. Derek fuhr mit mir quer durch London zu einem italienischen Restaurant in der Nähe der Tottenham Court Road. Wir aßen Spaghetti Bolognese und tranken eine Flasche Beaujolais dazu. Er erzählte mir, daß er nicht weit von Windsor entfernt wohne, daß er fast achtzehn sei, im letzten Schuljahr stehe und Kricket spiele. Er hatte einen Tag freibekommen, um nach London zu fahren und einen Rechtsanwalt aufzusuchen, da seine Tante gestorben war und ihm etwas Geld hinterlassen hatte. Den Tag hatte er mit seinen Eltern verbracht, die inzwischen nach Windsor zurückgekehrt waren. Eigentlich hätte er ins Theater und dann brav zu Bett gehen sollen, doch die Normans hätten ihn statt dessen zu unserer Party mitgenommen. Er fragte, ob ich Lust hätte, mit ihm in den Klub 400 zu gehen.
    Ich fand das natürlich ungeheuer aufregend. Der 400 ist das beste Nachtlokal in London, und ich war über die Kellerbars in Chelsea niemals hinausgekommen.
    Im 400 schien man ihn zu kennen. Es war angenehm schumm-rig, und er bestellte Gin und Sodawasser.
    Die Musik von Maurice Smarts Kapelle war weich und zärtlich, und als wir tanzten, verstanden wir uns sofort, und es machte mir wirklich Spaß. Mir fiel zum erstenmal auf, daß er gute Hände hatte und einem nicht nur ins Gesicht lächelte, sondern direkt in die Augen.
    Wir blieben bis vier Uhr morgens im Klub, und als wir auf die Straße traten, mußte ich mich an ihm festhalten. Er winkte einem Taxi, und es schien ganz natürlich, daß er mich in die Arme nahm. Als er mich küßte, küßte ich ihn wieder. Als ich zweimal seine Hand von meiner Brust geschoben hatte, schien es mir beim drittenmal übertrieben prüde, die Berührung nicht zu dulden, doch als die Hand weiter hinunterglitt und meinen Rock hochstreifen wollte, widersetzte ich mich. Und als er meine Hand nahm und sie zu sich hinüberziehen wollte, duldete ich das nicht, obwohl mein ganzer Körper sich danach sehnte, diese Dinge zu tun. Doch dann waren wir, Gott sei Dank, vor meiner Wohnung. Er stieg aus und brachte mich zur Tür. Wir versprachen, daß wir uns
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