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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger
Autoren: Monika Feth
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sie es schaffen. Bert kontrollierte, ob sein Handy auf Empfang geschaltet war. Dann verließ er das Haus, um draußen auf Tessa zu warten.

31
    Jette hatte lange versucht, wach zu bleiben, doch schließlich hatte sie den Kampf gegen die Müdigkeit verloren und war eingeschlafen, den Kopf auf den Knien. Ihre Atemzüge waren tief und regelmäßig, und Luke wünschte, das könnte so bleiben. Doch es würde anders kommen.
    Er konnte Kristofs Schatten bereits spüren.
    Nach einem letzten Blick auf Jette sammelte er sich wieder. Die Erschöpfung, die ihm den ganzen Tag zugesetzt hatte, war in ihm niedergesunken und hatte sich in Stärke verwandelt.
    So muss es sein , hörte er Akito sagen. Erinnere dich immer daran, was die Worte bedeuten:
    Jiu  – sanft. Jitsu  – Kunst.
    Luke versenkte sich in sich selbst. Seine Sinne waren so geschärft, dass er die Luft fühlen und schmecken und jedes noch so entfernte Geräusch hören konnte. Nichts würde seinem Blick entgehen, auch wenn es so aussehen mochte, als befinde er sich in Trance.
    Nimm dir Zeit. Überstürze nichts.
    Warte gelassen.
    Luke wartete.
    *
    Tessa hielt etwa zwanzig Meter unterhalb des Hauses an, in dem sich Isas Wohnung befand. Sie schaltete den Motor aus, löste ihren Sicherheitsgurt und lehnte sich zurück. Auch Bert machte es sich bequem. Von hier aus hatten sie den Eingang frei im Blick.
    Die Bröhler Straße war noch in Schlaf versunken. Hinter dem grobmaschigen Schutzgitter der Goldschmiede Göbel zeugte ein dicker Sprung in der Schaufensterscheibe von einem erfolglosen Einstiegsversuch. Wo das Einbruchswerkzeug das Glas getroffen hatte, war ein Spinnennetz aus weißen Rissen entstanden, das im Mondlicht glitzerte.
    »Ich hasse diese Zwitterzeit«, sagte Tessa bedrückt. »Es ist nicht mehr richtig Nacht, aber auch noch nicht Morgen. Da wird man von all den Gespenstern verfolgt, die man tagsüber so gut verleugnen kann.«
    Bert wusste genau, was sie meinte. In seinen schlaflosen Nächten schlug er sich mit jeder Sünde herum, die er in seinem Leben je begangen hatte.
    Eine Weile saßen sie da, ohne zu reden. Ein Radfahrer fuhr mit flackerndem Licht vorbei. Sie schauten ihm nach, bis er verschwunden war.
    »Diese Nacht wird alles verändern«, murmelte Tessa und steckte sich ein Bonbon in den Mund, nachdem sie Bert vergeblich eins angeboten hatte. »Egal ob Kristof Machelett hier auftaucht oder nicht. Nach dieser Nacht wird nichts mehr sein wie zuvor.«
    Bert rieb sich übers Gesicht. Er sah das ebenso. Selbst wenn es keinen Maulwurf in ihren Reihen geben sollte, das Misstrauen war gesät.
    »Er wird auftauchen«, sagte er. »Vielleicht habe ich ihn ja sogar hierhergelotst, als ich Jette und Luke zu Isa gebracht habe. Auch wenn mir nichts aufgefallen ist.«
    Das Bonbon klackte leise gegen Tessas Zähne.
    »Wahrscheinlicher ist, dass einer von uns für ihn arbeitet«, sagte sie.
    »Nur drei Menschen wissen, wo Luke und Jette zu finden sind.« Bert vermied es, Tessa anzusehen. Er starrte auf die Straße, die voller Mondlicht und Schatten war. »Sie, Isa und ich.«
    »Und die Kollegen von der Spurensicherung.«
    »Was?« Fassungslos fuhr er zu ihr herum.
    »Sie sind absolut vertrauenswürdig«, verteidigte sie sich. »Ich glaube nicht …«
    »Wie bitte? Sie glauben nicht? Herrgott noch mal! Wie konnten Sie das tun? Wir hatten vereinbart, dass wir keiner Menschenseele gegenüber etwas verlauten lassen!«
    »Ich habe bloß …«
    »Das wird Konsequenzen haben«, sagte Bert. »Machen Sie sich darauf gefasst.«
    *
    Das Geräusch kam von der Dachterrasse.
    Luke hob den Kopf.
    Und sah ihn.
    Kristof, wie er breitbeinig vor der Glastür stand.
    Die Arme hingen entspannt an seinem Körper herab. Er hielt kein Stemmeisen in den Händen und keine Waffe. Er stand einfach da.
    Auch die beiden Schatten hinter ihm nahm Luke wahr.
    In seinem Kopf war Stille. Und Kraft. Kein störender Gedanke lenkte ihn ab.
    Langsam ging er auf die Tür zu, ohne den Blick auch nur für einen Wimpernschlag von Kristof abzuwenden.
    *
    Ich schreckte auf. Etwas hatte sich verändert in dem dunklen Zimmer, das nur vom spärlichen Licht des Mondes erhellt wurde.
    Und dann sah ich Luke, der reglos vor der Terrassentür stand.
    Etwas an seiner Haltung hielt mich davon ab, ihn anzusprechen. Er stand aufrecht da, mit dem Rücken zu mir, die Arme am Körper, die Hände geöffnet.
    Erst nachdem ich das alles wahrgenommen hatte, entdeckte ich den Mann auf der Terrasse. Er stand Luke gegenüber, in
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