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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren
Autoren: Danella Utta
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fünfunddreißig, dir kann ich es sagen, du weißt es ohnehin. Sonst sieht man es mir nicht an, oder?«
    »Natürlich nicht. Das weißt du ganz genau.«
    »Aber ich bin es eben. Wenn ich noch ein bißchen was vom Leben haben will, dann mußte ich jetzt Ernst machen. Wir sind vierzehn Jahre verheiratet. Die ersten sechs davon habe ich mit dir und dann auch noch mit Lix in Munis kleiner Wohnung verbracht. Wie wir damals gelebt haben, brauche ich dir nicht zu erzählen. Die anderen Jahre haben wir meist im Waldhaus gelebt. Du liebst das Waldhaus. Ich hasse es. Das weißt du.«
    Ihre Stimme klirrte jetzt ein wenig vor unterdrückter Erregung.
    Ich nickte. »Ja, ich weiß es.«
    »Das Waldhaus ist hübsch, und für ein Wochenende würde es ganz romantisch sein, ein bißchen primitiv zu leben. Als Dauerzustand ist es unerträglich. Unerträglich!«
    Über die Teller hinweg blickten wir uns gerade in die Augen. Jetzt hatte sie doch eine Falte auf der Stirn, ihre Nasenflügel bebten, und sie sah fast wirklich wie fünfunddreißig aus.
    »Im Winter warst du meist bei Muni«, sagte ich schwach.
    »Ja, gewiß. Muni hat, wie dir bekannt ist, eine Dreizimmerwohnung mit Ofenheizung. Ich wollte einmal so leben, wie die meisten Menschen heute leben. Bequem, komfortabel und im Genuß der Errungenschaften des zwanzigsten Jahrhunderts. Ich wollte mal so ein Kleid haben, wie ich es heute trage. Und nicht nur eins. Und zum Friseur gehen, wann es mir paßt. Und mal eine Reise machen, und …«
    »Hör auf«, unterbrach ich sie. »Ich weiß ganz genau, was zum Lebensstandard eines normalen Mitteleuropäers gehört.«
    »Und ich wollte sogar noch ein bißchen mehr haben, als der normale Mitteleuropäer hat«, fuhr sie hartnäckig fort.
    »Jetzt kriegst du es ja«, sagte ich begütigend. Der Kloß in meinem Hals war weg. Die Forelle war eigentlich gut gewesen. Und der Wein war nicht übel. Aber ich sehnte mich auf einmal nach dem Waldhaus. Dorian würde schon todunglücklich sein. Er war zwar beim Andres, aber sehr wohl fühlte er sich da nie.
    »Ja, jetzt kriege ich es«, wiederholte sie trotzig. »Und ich finde, es ist mein gutes Recht.«
    »Ich habe dir dieses Recht nie streitig gemacht. Ich habe immer gewußt, daß du mich eines Tages verlassen würdest, und als es nun soweit war, habe ich es dir doch leichtgemacht. Oder nicht?«
    »Doch. Du warst sehr fair.«
    »Es ist mir leider nicht gegeben, viel Geld zu verdienen. Vielleicht sollte ich es aufgeben, Bücher zu schreiben, die kein Mensch lesen will. Aber selbst wenn ich irgend etwas anderes machen würde, sagen wir mal, eine Stellung suchen oder so etwas, es wäre doch nichts besonders Großartiges und könnte dir nicht den Lebensstil ermöglichen, den du dir wünschst. Ich gebe zu, daß er dir zusteht, daß er zu dir paßt und daß es eine Gemeinheit wäre, von dir zu verlangen, daß du noch weitere Jahre deines Lebens an mich verschwendest.«
    Der Ober kam, räumte die Teller weg und füllte die Gläser nach.
    »Gemeinheit ist kein schönes Wort«, sagte Rosalind sanft, als er wieder fort war. »Und ich betrachte die Jahre, die ich mit dir verbracht habe, nicht als verschwendet.«
    »Wir wollen uns nicht streiten, Dodo. Wir haben uns sehr selten gestritten, und wenn es geschah, war es immer meine Schuld. Immer. Aber es waren die Umstände, in denen wir lebten, die mich manchmal reizbar machten.«
    »Ich weiß. Ich habe dies immer verstanden. Aber nun ändert sich dein Leben. Ich habe es schon gesagt, Rosalind, und ich sage es noch einmal, denn es ist mein Ernst: Ich wünsche dir, daß du sehr, sehr glücklich wirst. Mit deinem neuen Leben, deinem neuen Mann, den schönen Kleidern und mit allem, was dazugehört. Du sollst es haben. Alles, was du dir wünschst. Und an mich, bitte, sollst du keinen Gedanken mehr verschwenden.«
    Rosalind hob den Kopf, sah mich kampflustig an und erklärte mit Nachdruck: »O doch. Das schlag dir gleich aus dem Kopf. Ich habe mich zwar von dir scheiden lassen, und ich werde Konrad heiraten und werde mir zu jeder Saison mindestens ein halbes Dutzend Kleider bei Charleron machen lassen. Aber denke nicht, daß du«, sie wies mit ihrem spitzesten Zeigefinger mitten auf meine Brust, »daß du aus meinem Leben verschwindest. Ich habe die Verantwortung für dich, und die behalte ich. Die kann mir keiner abnehmen. Ich werde mich immer darum kümmern – immer, hörst du! –, was du treibst, wie du lebst, wovon du lebst und mit wem du umgehst.«
    »Pst!«
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