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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren
Autoren: Danella Utta
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betrachten. Vielleicht sah ich irgendwo ein Buch von mir ausgestellt. Wenn nicht, würde es mich auch nicht weiter überraschen. Und vielleicht konnte ich eben mal kurz Camilla besuchen, die eine hübsche kleine Buchhandlung in der Innenstadt hatte. Sie war ein mächtig gescheites Mädchen. Ihr gefielen meine Bücher nämlich. Und sie verkaufte sogar manchmal eins.

Camilla hält mich für einen Dichter
    Camilla hatte noch drei Bücher von mir in den Regalen stehen. Im Januar waren es fünf gewesen, und demnach hatte sie inzwischen zwei Stück verkauft.
    »Sie sind wahrscheinlich der einzige Buchladen in der Stadt, der dieses Wunder fertigbringt«, sagte ich anerkennend.
    »Sie wissen, daß ich mich immer sehr für Ihre Bücher einsetze, Herr Schmitt«, antwortete sie. »Ich finde sie ausgezeichnet. Wirklich. So romantisch und so … so echt. Freilich, die Kunden sind heute komisch. Sie kaufen alle dasselbe. Wenn ein Buch ins Gerede kommt, wenn darüber geschrieben wird, dann kaufen sie es eben, ganz egal, was drinsteht. Das ist unsere Zeit, verstehen Sie? Wir leben in einem genormten Zeitalter. Auch der Geschmack der Leser ist genormt. Da kann man nicht gegen an.«
    »Ich weiß schon«, sagte ich.
    »Aber Sie dürfen sich nicht entmutigen lassen«, fuhr sie tröstend fort. »Ihre Zeit kommt noch. Sie sind ein Dichter, ich sage es der Leni immer. Nicht, Leni?«
    Leni, die kleine Gehilfin, nickte so nachdrücklich mit dem Kopf, daß ihr blonder Pferdeschwanz lebhaft auf und ab wippte.
    »Dichter haben es immer schwer. Ein richtiger Dichter braucht Zeit, bis er anerkannt wird. Manche schaffen es erst nach ihrem Tod.«
    »Na, das kann ich ja leicht abwarten«, sagte ich. »Immerhin vielen Dank, Camilla. Sie haben mich moralisch wieder aufgerichtet.«
    Meine Einladung, abends mit mir ins Kino zu gehen, nahm sie trotzdem nicht an. Es täte ihr sehr leid, aber ausgerechnet heute hätte sie schon eine Verabredung. Vielleicht ein andermal.
    Als ich wieder auf der Straße stand, war ich ganz froh, daß sie abgelehnt hatte. Ich wollte gar nicht ins Kino gehen, das Wetter war viel zu schön. Ich hatte das bloß gesagt, weil sie so nett gewesen war und weil ich dachte, es freute sie. Frauen freuen sich immer, wenn man sie zu irgend etwas einlädt. Auch wenn sie ablehnen müssen. Das macht nichts. Hauptsache, die Einladung ist ausgesprochen worden.
    So wenig, wie Rosalind behauptete, verstand ich gar nicht von den Frauen.
    Während ich zum Odeonsplatz weiterschlenderte und dann einen kurzen Rundgang durch den Hofgarten machte, stellte ich mir vor, wie es sein müßte, Camilla zu heiraten. Sie hielt mich für einen Dichter, war soweit eine ganz passable Person, natürlich nicht entfernt mit Rosalind zu vergleichen. Aber sie war eine tüchtige Buchhändlerin, hatte diesen netten kleinen Laden, verstand viel von Literatur und anderen gescheiten Dingen und hatte sicher kein Verlangen, Kleider von Monsieur Charleron zu tragen. Eine Ehe zwischen einer Buchhändlerin und einem Schriftsteller müßte eigentlich ganz glücklich sein. Müßte doch eine brauchbare Gemeinschaft geben.
    Gab es eigentlich Präzedenzfälle? Ich dachte eine Weile angestrengt darüber nach, mir fiel aber keiner ein. Außerdem wollte ich sowieso nicht heiraten, weder Camilla noch sonst jemand. Ich hatte Rosalind haben wollen, und die war fort, und dafür hatte ich meine Ruhe. Das war nach Rosalind das zweitbeste, was es auf der Welt geben konnte.

Muni, mein bestes Stück
    Muni stellte keine Fragen, als ich abends nach Hause kam. Sie hatte ein Hühnchen gebraten, weil sie wußte, daß das mein Lieblingsessen war, und weil sie vermutlich der Ansicht war, man müsse mir an diesem Tag irgend etwas Gutes tun.
    So kam ich an meinem Scheidungstag zweimal zu einem Schlemmermahl. Wie hatte Rosalind gesagt? Wenn man verliebt ist, kann man auch mit einer Kartoffelsuppe glücklich sein. Ja, das stimmte wohl. Und wenn man entliebt ist, braucht man mindestens Forellen, Kalbssteaks, Spargel, Hühnchen und einen guten Wein dazu. Dann ist man zwar auch nicht gerade glücklich, aber es schmeckt wenigstens. Und eins war sicher, wenn Muni mir etwa an diesem Abend Kartoffelsuppe vorgesetzt hätte, dann wäre mir bestimmt das heulende Elend gekommen.
    Wir redeten ein bißchen hin und her, Muni betrachtete mich verstohlen mit besorgt-mütterlichen Blicken, sehr verstohlen, aber ich merkte es natürlich trotzdem. Doch es schien sie zu trösten, daß es mir offensichtlich schmeckte.
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