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Der Sohn des Wolfs

Der Sohn des Wolfs

Titel: Der Sohn des Wolfs
Autoren: Jack London
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Weib war. Die Leute riefen laut, als wir den trägen Oomiaks nachsausten und sie bald weit hinter uns ließen. Aber sie ruderte schnell, und mein Herz war wie ein schwellendes Segel, und ich kam ihr nicht näher. Der Wind frischte auf, die See wurde weiß, und springend wie Robben schossen wir auf dem goldenen Pfad der Sonne über das Wasser.«
    Naass hatte sich vorgebeugt, daß er nur noch halb auf seinem Stuhle saß, in der Haltung eines Mannes, der mit der Paddel rudert, als erlebte er die Fahrt von neuem. Irgendwo jenseits des Ofens sah er den schleudernden Kajak und Ungas flatterndes Haar. Die Stimme des Sturmes klang in seinem Ohr, und das Salz biß frisch in seinen Nasenlöchern.
    »Aber sie erreichte die Küste und lief lachend über den Sand nach dem Hause ihrer Mutter. Und ein großer Gedanke kam in der Nacht zu mir – ein Gedanke würdig dessen, der Häuptling war über das ganze Volk von Akatan. Als der Mond aufgegangen war, ging ich zum Hause ihrer Mutter und betrachtete die Gaben Yash-Nooshs, die vor der Tür aufgehäuft waren – die Gaben Yash-Nooshs, eines tüchtigen Jägers, der Vater der Kinder Ungas werden wollte. Andere junge Männer hatten alles, was sie besaßen, dort aufgestapelt und wiedergeholt, und jeder junge Mann hatte seinen Haufen größer als den der andern gemacht. Und ich lachte Mond und Sterne an und ging in mein eigenes Haus, wo all mein Reichtum lag. Und ich ging viele Male hin und her, bis mein Haufen um soviel mal größer als der Yash-Nooshs war, wie Finger an einer Hand sind. Da waren Fische, die an der Sonne getrocknet und geräuchert waren; vierzig Felle von Pelzrobben und halb so viele von Ohrenrobben, und jedes Fell war am Maul geschlossen und dickbäuchig von Öl. Und zehn Felle von Bären, die ich getötet hatte, als sie im Frühjahr aus dem Walde gekommen waren. Da waren Perlen und Decken und scharlachfarbenes Tuch, das ich von Leuten eingetauscht hatte, die weiter im Osten wohnten. Und ich sah den Haufen und lachte. Denn ich war Häuptling auf Akatan, und mein Reichtum war größer als der aller meiner jungen Männer, und meine Vorfahren hatten große Taten ausgeführt und Gesetze gegeben und für alle Zeiten ihren Namen in den Mund des Volkes gelegt.
    Und als der Morgen kam, ging ich zum Strand hinunter und blickte aus den Augenwinkeln nach dem Hause von Ungas Mutter. Meine Gaben lagen immer noch unberührt da. Und die Frauen lächelten und scherzten miteinander. Ich wunderte mich, denn noch nie war ein solches Gebot gemacht worden, und in der Nacht vermehrte ich den Haufen und legte einen Kajak aus wohlgegerbter Haut daneben, der noch nie auf dem Wasser geschwommen war. Aber am nächsten Morgen war es noch da, so daß alle Männer und Frauen darüber lachten. Ungas Mutter war schlau, und ich war zornig über die Schande, die vor den Augen meines Volkes über mich gekommen war. In der Nacht tat ich so viel hinzu, daß es ein großer Haufen wurde, und zog meinen Oomiak auf den Strand, der den Wert von zwanzig Kajaks hatte. Und am nächsten Morgen war kein Haufen da.
    Dann traf ich die Vorbereitungen zur Hochzeit, und das Volk, das zunächst im Osten wohnte, kam wegen des Hochzeitsmahls und des Potlachs. Unga war vier Sonnen älter als ich nach der Weise, wie wir unsere Jahre rechnen. Ich war nur ein Knabe, aber das tat nichts, denn ich war Häuptling und der Sohn eines Häuptlings.
    Aber ein Schiff zeigte seine Segel auf der Fläche des Ozeans, und wie der Wind wehte, wurde es größer. Seine Speigatten spien das klare Wasser aus, und die Männer arbeiteten geschäftig an den Pumpen. Vorn stand ein mächtiger Mann, er maß die Tiefe des Wassers und gab Befehle mit einer Stimme wie Donner. Seine Augen hatten die blaßblaue Farbe tiefen Wassers, und sein Kopf trug eine Mähne wie die eines Seelöwen. Sein Haar war gelb wie das Stroh der Ernte im Süden oder wie die Manilaseile, die die Seeleute flechten.
    In den letzten Jahren hatten wir in der Ferne Schiffe gesehen, dies aber war das erste, das an die Küste Akatans kam. Das Fest wurde unterbrochen, die Frauen und Kinder flohen in die Häuser, wir Männer aber spannten unsere Bogen und warteten, die Spieße in den Händen. Als aber der Steven des Schiffes den Strand berührte, kümmerten sich die fremden Männer nicht um uns, sie hatten genug mit sich selber zu tun. Als die Ebbe kam, kielholten sie den Schoner und flickten ein großes Loch in seinem Boden. Da kamen die Frauen wieder herausgeschlichen, und das Fest
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