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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger
Autoren: Torsten Fink
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sagt, sie habe Slahan nur vertrieben, nicht vernichtet.«
    »Das ist wahr«, gab Awin zu.
    »Curru sagt auch, dass es ihre - und übrigens auch deine - Schuld ist, wenn die Gefallene Göttin nun hier ihre blutige Rache übt.«
    » Unsere Schuld? «, fragte Awin fassungslos. Curru hatte schon in den vergangenen Tagen immer wieder Geschick darin bewiesen, die Geschichte so hinzubiegen, wie sie ihm gerade passte. Awin hatte bislang nicht viel darauf gegeben. Doch wenn er jetzt begann, seine verdrehte Darstellung der Ereignisse auch anderen zu erzählen, konnte er das nicht mehr auf sich beruhen lassen.
    Wela nickte. »Curru sagt auch, dass er mit Freuden gestorben wäre, wenn er gewusst hätte, was euer Sieg für Folgen haben würde.«
    Awin griff Wela in die Zügel und hielt ihre beiden Pferde an. Dann sagte er mit gezwungener Ruhe: »Nicht wir haben Slahan geweckt, es war der verfluchte Fremde, der den Heolin geraubt und zu ihr getragen hat, und glaube mir, Wela, Tuwins Tochter, ich würde immer noch gern mein Leben geben, um dieses Verhängnis aufzuhalten, und ich hoffe sehr, dass dann die Kariwa in meiner Nähe ist, um mir zu helfen, denn da ist sie nützlicher als ein Dutzend Hakul.«
    Er hatte den letzten Halbsatz noch nicht gesagt, da bereute er ihn schon, denn er konnte sehen, dass es Wela hart traf, dass er die Kariwa offensichtlich seinen Stammesgefährten vorzog.
    »Dann ist es ja gut«, antwortete sie bitter, riss ihm die Zügel aus der Hand und ritt zurück zum Wagen. Awin hätte sich gern auf die Zunge gebissen. Irgendwie schienen alle Worte seinen Mund anders zu verlassen, als er sie sich gedacht hatte. Für den
Rest des Tages sprach er mit niemandem mehr als das Notwendigste.
     
    Die Kälte wollte auch am nächsten Tag nicht weichen. Die Hakul kannten den Winter als ausdauernden Gast, der mehrere Monde lang über die Weiden verfügte. Meist kam er mit strengem Nachtfrost, war jedoch an den Tagen milder gestimmt, er brachte Schnee und wärmte das Staubland mit dieser schützenden Decke. Tagsüber verließ der Gott des Frostes das Land sogar oft und kam erst in der Nacht zurück. Doch dieser Winter war anders. Der fremde Nordwind hatte Srorlendh auch bei Tage fest im Griff. Das Gras war weiß von seinem kalten Atem, und selbst Merege schien gelegentlich zu frösteln. Sie kamen mit dem schweren Wagen nur langsam voran, und so fand sich Zeit für das eine oder andere Gespräch. Awin war an Tuges Bericht vom Überfall Slahans etwas aufgefallen, was er nun genauer wissen wollte. »Sag, Tuge«, begann er, »als Slahan in das Wintertal kam, da meintest du, ihre Windskrole hätten sie angekündigt.«
    Der Bogner nickte.
    »Und wenn ich mich nicht irre, waren Nyet, Skefer, Dauwe und auch Seweti die Tänzerin dort, aber ich kann mich nicht erinnern, dass du Isparra erwähnt hättest.«
    »Isparra die Zerstörerin«, murmelte der Bogner nachdenklich. Dann erwiderte er: »Jetzt, wo du es sagst, fällt es mir auch auf. Sie war nicht dort, vielleicht habe ich sie auch nur nicht bemerkt. Es sind Winde, schwer zu fassen, und als sie das Lager angriffen, hatte ich wahrlich andere Sorgen. Warum fragst du nach ihr, Awin?«
    »Sie hat uns geholfen in Uos Mund. Und ich glaube, Slahan weiß es und hat sie dafür bestraft, vielleicht sogar getötet.«
    »Kann man einen Wind töten?«, fragte Tuge nachdenklich.
    Aber das wusste Awin auch nicht.

    Gegen Abend wurden sie von einem großen Wolfsrudel entdeckt, das ihnen in einigem Abstand folgte und nachts das Lager umschlich. Es blieb ihnen auch am nächsten Tag auf den Fersen, hielt sich jedoch außer Bogenreichweite. Sie ritten nun dichter beisammen und hielten die Bögen in den klammen Fingern bereit.
    »Sie sind noch nicht hungrig genug, um uns anzugreifen«, meinte Tuge am Abend, als sie das Feuer entfachten, »nicht, solange wir zusammenbleiben.«
    »Es sind doch nur Wölfe«, bemerkte Merege mit einem Achselzucken, »und sie sind viel kleiner als die, die es in meiner Heimat gibt.«
    »Dennoch haben sie scharfe Zähne«, brummte Tuge, beinahe beleidigt.
    Aber auch in der folgenden Nacht hielten die Wölfe Abstand. Am Nachmittag des nächsten Tages erhoben sich schließlich zwei einsame Felsnadeln aus der weißen Ebene, ein Zeichen, dass sie sich dem Sichelsee näherten. Awin entdeckte vermummte Gestalten, die auf den Felsen dem eisigen Wind trotzten und das weite Land beobachteten. Vermutlich hielten sie Ausschau nach dem Sturm - oder auch nach anderen Feinden. Die Wölfe
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