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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers
Autoren: Stephen R. Lawhead
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weiß ich noch alles.«
    »Das ist wirklich eine Schande«, bemerkte der Mönch und griff erneut nach dem Krug und trank einen kräftigen Schluck. »Aaah, dieses Bier ist wirklich ein Segen und verleiht einem Mann neue Kraft!«
    »Dann seid Ihr also sehr weit gereist«, sagte die alte Frau.
    »Den ganzen Weg vom Heiligen Land hierher«, antwortete der Mönch.
    »So weit.« Die alte Frau schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Nun, dann nehme ich an, daß Ihr diese Nacht ruhig hierbleiben könnt. Der Bischof würde Euch seine Gastfreundschaft sicherlich nicht verweigern und ich natürlich auch nicht.«
    »Wir danken Euch, gute Frau«, sagte Jon Reißzahn sehr zu Murdos Verärgerung. »Es wäre gut, wieder eine Nacht auf festem Land verbringen zu können. Wir nehmen Euer freundliches Angebot gerne an.«
    »Mit Freuden«, warf Emlyn ein. »Aber macht Euch bitte unseret-wegen keine Mühe. Einfache Kost für einfache Wanderer. Schinken und Schwarzbrot - mehr erwarten wir nicht.«
    »Papperlapapp!« rief die alte Frau und ein Schimmer der Erregung legte sich auf ihr runzeliges Gesicht. »Wir haben Besseres als das! Dies ist das Haus des Bischofs, wißt Ihr?«

    Murdo starrte finster auf die Soßenpfütze in seiner Schüssel. Trotz des Lobes, mit dem Emlyn und die hungrigen Seeleute das Essen und seinen Koch überhäuft hatten, hatte er nicht einen einzigen Bissen gegessen. Während der ganzen Zeit, da er fort gewesen war, hatte er nicht ein einziges Mal an die Möglichkeit gedacht, daß er bei seiner Rückkehr jemand anderen vorfinden würde als die Lieben, die er zurückgelassen hatte.
    In den vergangenen zwei Jahren war kaum ein Tag vergangen, da er sich nicht vorgestellt hatte, vor eben diesem Herd zu sitzen. Und nun, nach so langer Zeit, war er endlich hier; doch in gewisser Hinsicht war er seinem Ziel keinen Schritt näher gekommen. Er war wütend auf sich selbst, weil er seinen Hoffnungen freien Lauf gelassen hatte; und er war wütend auf seine Gefährten, weil sie sich weigerten, sofort nach Kirkjuvagr zu fahren, den Bischof aus dem Bett zu zerren, ihm das Schwert an die Kehle zu halten und eine Erklärung von ihm zu verlangen. Doch ganz besonders war er wütend auf den verräterischen, habgierigen Bischof, der sein heiliges Amt mißbrauchte, um die Schwachen auszuplündern, und der seinen heiligen Eid gebrochen hatte, seine Herde zu beschützen. Was von beiden das schlimmere Verbrechen war, vermochte Murdo nicht zu sagen, aber er beabsichtigte, den Kirchenmann für seine Untaten zur Verantwortung zu ziehen.
    Unglücklicherweise konnte die alte Frau kein Licht in die Angelegenheit bringen, ebensowenig wie Jarn, ihr Gatte. Jarn, ein ruhiger Mann, war inzwischen vom abendlichen Melken der Kühe wieder zurückgekehrt, doch obwohl er recht zuvorkommend war, wußte er nichts über Cnoc Carrach zu berichten, was seine Frau nicht schon gesagt hätte. Emlyn fand auf seine vorsichtige, unaufdringliche Art heraus, daß die beiden Pächter von Jarl Paul gewesen waren und daß sie ihr Land verloren hatten, nachdem Magnus die Oberhoheit über die Inseln seinem Sohn übertragen hatte. Als Folge davon waren Jarn und seine Frau Hanna auf die Mildtätigkeit der Kirche angewiesen gewesen, und die Männer des Bischofs hatten sie hierhergebracht, um die Kühe zu hüten und das Haus in Ordnung zu halten - mehr wußten die beiden nicht.
    Während die anderen über dem Bier saßen, von ihren Reisen erzählten und soviel Informationen wie möglich aus den beiden alten Leuten herausholten, wurde Murdo zunehmend nervöser, und schließlich ging er hinaus, um nachzudenken. Im Zwielicht der Abenddämmerung wanderte er über die Klippen und blickte hinaus auf die Meerenge, die Hrolfsey von der Hauptinsel trennte. Dort -so stellte sich Murdo vor - saß in eben diesem Augenblick der verschlagene Bischof beim Abendmahl, genoß seinen gestohlenen Wohlstand und ahnte nicht im mindesten, welch fürchterlicher Sturm der Rache sich über ihm zusammenbraute.
    Um Mitternacht saß Murdo auf den Felsen über der Bucht und beobachtete, wie sich das Funkeln der Sterne im ruhigen Wasser spiegelte. Von seinem Aussichtspunkt aus konnte er die Männer der Skid-bladnir hören, die sich an den Strand zu einem kleinen Lagerfeuer aus Treibgut zurückgezogen hatten. Auch konnte er den Rauch riechen, der die Klippen emporstieg, doch er verspürte nicht die geringste Lust, sich zu ihnen zu gesellen. Die Einsamkeit hier oben gefiel ihm weit besser.
    Er
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