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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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Selbst das Trompeten der Kriegselefanten, die Harabans Söldner benutzten, erschien ihm dagegen wie ein verhaltenes Flüstern. Arvans schweißnasse Hände klammerten sich um den Schwertgriff. Aber es war ihm durchaus klar, dass ihn diese Waffe kaum retten konnte.
    Von den Ranken, die er beeinflussen konnte, befand sich keine in der Nähe, geschweige denn ein ganzes Geflecht, dessen Einzelpflanzen er in langer, konzentrierter Gedankenbeeinflussung an seinen Geist gewöhnt und gefügig gemacht hatte. Die hingen alle weit über ihm von den höheren Ästen herunter. Dass die Ranken, die den anderen Ork erwürgt hatten, überhaupt weit genug herabhingen, lag allein darin begründet, dass Arvan sie bei seinem Sturz von der Hauptastgabel ein ganzes Stück mit in die Tiefe gerissen und sie auf das Äußerste gedehnt hatte.
    Die Gedanken rasten ihm nur so durch den Kopf. Er dachte an Flucht. Aber wohin? Orks waren gute und ausdauernde Läufer. Ihnen entkommen zu wollen, indem man vor ihnen davonlief, war selbst bei einem Waldbewohner ziemlich aussichtslos.
    Da das also ausschied, gab es eigentlich nur noch eine andere Möglichkeit.
    Nach oben!
    Ihm war zwar zeitlebens gesagt worden, was für ein lausiger Kletterer er sei– aber vielleicht hatte er bei den Halblingen ja wenigstens so viel gelernt, dass er auf diese Weise einem Ork entkommen konnte. Das Problem war nur, dass der Hauptstamm seines Herdenbaums mindestens fünfzig Schritte entfernt war. Um dorthin zu gelangen, hätte er außerdem an mehreren Orkkriegern vorbeilaufen müssen, die dort abwartend herumstanden.
    Erneut stieß der Ork mit dem abgebrochenen Zahn einen durchdringenden Schrei aus. Diesmal war es allerdings wohl ein Ruf, der an seine Gefährten gerichtet war. Arvan fragte sich sogar, ob es Worte waren, die er da vernommen hatte. Die eine Pranke des Orks umklammerte den Griff des Sensenschwerts, das in seinem Gürtel steckte, die andere streckte er aus, so als wollte er etwas auffangen.
    Tatsächlich warf ihm einer der anderen Krieger einen Speer zu, und der Ork, der drohend über Arvan aufragte, fing ihn auf. Dann trat er unter den gehenkten Gefährten und durchtrennte mit der Speerspitze die Pflanzenstränge. Schwer schlug der Körper des Toten auf den Boden. Daraufhin reckte der Ork den Speer empor und trommelte sich mit der anderen Pranke mit solcher Wucht auf den Brustpanzer, dass jedem anderen Geschöpf die Luft weggeblieben wäre. Wie ein dumpfer begleitender Trommelschlag zu seinem abschließenden Aufbrüllen hörte sich das an. Die anderen stimmten in sein Gebrüll mit ein.
    Dann nahm der Ork dem toten Gefährten die Waffen ab und was er sonst für wertvoll hielt. Darunter ein schlammverschmiertes Knochenamulett, das der Tote unter seiner Kleidung getragen hatte und das ihm vielleicht hatte Glück bringen sollen. Das Amulett behielt der Ork, der den Körper von den Ranken losgeschnitten hatte. Die Waffen warf er besonders laut brüllenden Kampfgefährten zu. Die Sicherheit, mit der diese sie fingen, ließ Arvan erschauern. Manche der Würfe, mit denen der Ork die Waffen an seine Krieger verteilte, waren so wuchtig, dass sie ein anderes, weniger kräftiges und widerstandsfähiges Geschöpf vermutlich verletzt oder gar getötet hätten.
    Sodann wandte sich der Ork mit dem abgebrochenen Zahn wieder Arvan zu. » Niemand schreit für sich allein«, knurrte er in nur schwer verständlichem Relinga. Er wies auf den Körper des toten Gefährten und starrte Arvan an. » Schrei mit ihm– Dämon!«
    Er stieß einen Kampfruf aus, in den auch die anderen Orks einfielen– und schleuderte dann den Speer nach Arvan.
    Es war ein wuchtiger, kraftvoller Wurf, doch Arvan gelang es, ihm auszuweichen. Haarscharf jagte der Speer mit der unterarmlangen, messerscharf geschliffenen Spitze aus grauem Orkstahl an ihm vorbei und blieb in einem Baum stecken.
    Wutgeheul folgte, in das wiederum alle einstimmten. Doch der Ork, der Arvan gerade verfehlt hatte, riss seinen Wurfdolch aus dem Gürtel und ließ diesen dem Speer folgen. Die Klinge streifte Arvans Wams an der Schulter, traf aber nicht, da der Waldbewohner erneut im letzten Moment ausgewichen war.
    Arvan erinnerte sich an die Worte seines Ziehvaters Gomlo. » Auszuweichen ist die stärkste Waffe der Kleinen! Du bist zwar nicht ganz so klein wie wir, aber auch nicht groß genug, als dass du dich in dieser Kunst nicht üben solltest!«
    Und Arvan hatte sich darin geübt. Zumindest so gut er konnte, auch wenn das Ergebnis
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