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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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Rinde gefunden. Die Muskulatur in den Händen und Zehen war bei Arvan stark ausgebildet, eine Folge des häufigen Kletterns nach Halblingart. Er hatte lange gebraucht, um sich allein mit den Fingerspitzen und seinen vergleichsweise kleinen Zehen halten zu können.
    Aus dem Unterholz kamen drei Halblinge hervor. Sie hatten mit dem Einsatz ihrer Schleudern dafür gesorgt, dass es Arvan überhaupt bis auf den schwarzen Baum geschafft hatte.
    » Arvan«, rief einer der Halblinge. Er war schlank und hatte dunkle Locken, aus denen die spitzen Ohren hervorstachen. Leichtfüßig und fast lautlos huschte er über den Waldboden, vorbei an getöteten Haraban-Söldnern und Orks, von deren Körpern sich die Baumdämonen noch mühsam befreiten.
    Von ihnen hatte er nichts zu befürchten, denn die geflügelten Wesen wussten, dass er nicht zu jenen gehörte, die sich ihren Zorn zugezogen hatten.
    Halblinge lernten von klein auf, wie das zu vermeiden war. So durfte man einen schwarzen Baum niemals mit einer Waffe oder sonst wie verletzen. Allerdings eigneten sich solche Bäume ganz hervorragend, um in ihrer Astgabel die Nacht zu verbringen, wenn man sich auf einer längeren Reise befand, denn die meisten Nachtjäger mieden sie, weil sie wussten, dass der Zorn der Baumdämonen tödlich sein konnte.
    Die Fledertiere, die ihre Horndolche bereits aus den Orkleichen befreit hatten, kehrten nicht zu dem schwarzen Baum zurück, den Arvan hinaufgeklettert war. Die Baumdämonenkolonie würde irgendwo in der Tiefe des Waldes mithilfe ihrer schrillen Rufe wieder zusammenfinden und nach einem anderen schwarzen Baum suchen, der für sie geeignet war. Zu diesem würde keines der Geschöpfe jemals zurückkehren. Ihre Ruhe war in diesem Baum gestört worden, und damit war er künftig ein Ort, den sie mieden.
    Davon abgesehen, war der Baum ohnehin bereits zu großen Teilen ausgehöhlt, und sie hatten ihm die Lebenskraft bis auf einen kleinen Rest entzogen.
    » Ist alles in Ordnung, Arvan?«, fragte der lockenköpfige Halbling.
    » Ich lebe noch, Neldo«, lautete die Antwort. » Aber du siehst, dass ich in leichten Schwierigkeiten stecke?«
    » Wieso das denn?«, fragte Neldo und befestigte seine Schleuder hinter dem Gürtel, an dem sich außerdem noch ein Langmesser und mehrere kleine Taschen befanden. Bei einer Tasche war die Schließlasche offen, die Tasche selbst war offensichtlich leer. Dort hatte sich wohl Neldos Vorrat an Herdenbaumkastanien befunden, den er zur Gänze verschossen hatte.
    Er trug ähnlich wie Arvan ein Wams aus Baumschafwolle, in das traditionelle Muster der Halbling-Webereien eingearbeitet waren.
    » Na komm schon runter! Worauf wartest du, du wagemutiger Orkschlächter!« Neldo grinste. » Wenn jetzt jemand hier zufällig vorbeikommt, könnte er ja fast denken, du allein wärst für dieses Gemetzel verantwortlich.«
    » Sehr witzig«, rief Arvan.
    Er fühlte sich ziemlich angespannt und blickte ängstlich in die Tiefe.
    » Spring doch«, ergriff nun der zweite Halbling das Wort, der aus den Büschen gekommen war. Sein Gesicht war deutlich runder und sein Körperbau breiter und kräftiger, als es bei Neldo der Fall war. Außerdem hatte er Sommersprossen im Gesicht, und sein Haar hatte einen deutlichen Rotstich. Natürlich aber war er, gemessen an Arvans menschlich-plumper Gestalt, dennoch von eher zarter Statur.
    » Es reicht, dass ihr euch sonst über mich lustig macht, Borro«, rief Arvan zurück, und die wachsende Verzweiflung war ihm anzusehen.
    Borro zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. » Ich mach mich nicht über dich lustig«, behauptete er. » Ich sag dir einfach nur, was ich als Nächstes tun würde.«
    » Wir sind doch deine Freunde«, fügte die Dritte im Bunde mit deutlich höherer Stimme hinzu. Während Neldo und Borro direkt auf den schwarzen Baum zugelaufen waren, an dem Arvan noch immer hing, hatte sich das langhaarige Halblingmädchen erst einmal umgesehen.
    Arvan erkannte sie natürlich sofort.
    Zalea– das mit Abstand schönste Halblingmädchen von Gomlos Wohnbaum und wahrscheinlich sogar im gesamten Stamm von Brado dem Flüchter. Das seidig glänzende Haar fiel ihr lang über die Schultern, und die spitzen Ohren stachen keck daraus hervor. Ihre Gestalt war so grazil, dass selbst die großen Halblingsfüße kaum auffielen.
    » Der Baum ist von innen völlig morsch, und die Baumdämonen haben ihm nahezu jegliche Lebenskraft entzogen«, erklärte Arvan im ängstlichen Tonfall. »
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