Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
weichen Waldboden.
    Die Zeit, die der Ork brauchte, um sie wieder herauszureißen, nutzte Arvan. Zwei Schritte, und er war bei der Leiche des bärtigen Söldners. Er nahm dessen Schwert an sich und riss ihm die orkische Wurfaxt aus dem Schädel.
    Ohne lange zu überlegen, schleuderte Arvan die Axt auf seinen Gegner, der inzwischen seine Waffe aus der Erde und dem Tierkadaver befreit hatte.
    Alle Kraft, die in Arvans Armen steckte, hatte er in diesen Wurf gelegt– wohl ahnend, dass es kaum reichen würde, den Ork aufzuhalten.
    Aber Werfen und Schleudern hatte er bei den Halblingen von klein auf gelernt. » Weit, aber ungenau«, hatte dabei immer das Urteil gelautet. » Er sollte besser nicht auf die Jagd gehen, wenn man sicher sein will, dass er nicht die eigenen Gefährten erwischt.«
    Arvan erinnerte sich sehr genau an diese Beurteilung seiner Halbling-Lehrer. Aber in diesem Moment spielte das keine Rolle. Es ging nur darum, das nackte Leben zu retten, egal wie.
    Die Axt fuhr dem Ork genau in das aufgerissene Maul. Einer der Hauer brach ab. Der Krieger hielt in der Bewegung inne und keuchte. Sein Brüllen war verstummt. Dann spuckte er Blut.
    Arvan nahm all seinen Mut zusammen, fasste das Schwert des erschlagenen Söldners mit beiden Händen. Es war verflucht schwer– viel schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. Was Schwerter betraf, so kannte er eigentlich nur die leichten Halblingsrapiere. Die Klinge des Söldners wirkte dagegen fast monströs.
    Er drosch damit auf den Ork ein. Dieser parierte den Schlag mit einer leichten Seitwärtsbewegung seiner Klinge. Der rasselnde Laut, der dabei aus seiner Brust drang und den er an der Wurfaxt vorbeiwürgte, verwandelte sich in ein Bellen, das wohl Gelächter sein sollte. Er riss sich die Wurfaxt, deren Schneide von blutigem Schleim überzogen war, aus dem Maul und schleuderte sie auf Arvan zurück. Doch der konnte ihr ausweichen.
    Arvan attackierte den Ork erneut mit dem Schwert.
    Stahl traf auf Stahl, aber Arvan konnte der ungeheuren Wucht der gegnerischen Schläge nur einen Moment standhalten, dann wurde er zu Boden geworfen.
    Der Ork machte noch einen Schritt nach vorn und stand im nächsten Moment genau dort, wo die Söldner Arvan aus den Ranken geschnitten hatten. Die hingen immer noch bis auf Kopfhöhe herab.
    Doch nun gerieten sie in Bewegung. Fasst ihn!, dachte Arvan, und die Ranken legten sich um den Hals des Orks. Ehe er sichs versah, wurde er in die Höhe gezogen und verlor den Boden unter den Füßen. Er strampelte wie ein Gehenkter.
    Dann brach sein Genick, sein Körper erschlaffte, und die Sensenklinge entfiel seiner kraftlos gewordenen Pranke.

Halblingsrache
    Keiner der Söldner lebte noch, und einige der Orks rissen bereits mit bloßen Pranken rohe, blutige Fleischstücke aus den toten Baumschafen, die sie gierig verschlangen. Doch dann wurden sie auf ihren gehenkten Artgenossen aufmerksam, und sie hielten in ihrem Treiben inne. Manchem entfuhr ein erstauntes Keuchen. Andere wechselten ein paar Worte in der Sprache ihres Volkes.
    Arvan schluckte. Schweiß hatte sich unter seinen Händen gebildet, die er verzweifelt um den Griff des Söldnerschwertes klammerte.
    Einer der Orks, der mit seinen Hauern einen Baumschafschädel geknackt und das Hirn schmatzend und genussvoll herausgesogen hatte, erhob sich und trat mit weiten Schritten auf Arvan zu.
    Ist noch irgendwo eine Pflanze, die mir helfen kann und auf mich hört?, überlegte dieser. Doch er hatte so weiche Knie, dass er kaum in der Lage war, einen Gedanken zu fassen, der auch nur annähernd stark genug gewesen wäre, um auch nur eine Moosflechte zu beeindrucken.
    Arvan wich ängstlich zurück, während der Ork ein paar Worte in seiner Sprache grölte, die sich aus vielen– tief in der Kehle gebildeten– Knack- und Zischlauten zusammensetzte.
    Einige seiner Mitstreiter fielen brüllend mit ein und schwenkten die Waffen.
    Arvans Blick glitt über ihre wütenden tierhaften Gesichter. Offenbar fühlten sie sich in ihrem Kriegerstolz verletzt, weil einer der ihren wie ein Gehenkter an einem Galgen aus Ranken baumelte.
    Der Ork, der auf Arvan zugekommen war, verengte die Augen. Arvan stellte fest, dass sein Hauer links unten abgebrochen war. Er streckte seine Pranke aus und zeigte auf Arvan. » Du… Dämon«, rief er– diesmal nicht auf Orkisch, sondern in einem barbarisch klingenden Relinga.
    Dann folgte ein Schrei, so furchtbar und laut, wie ihn Arvan noch nie von einem anderen Wesen gehört hatte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher