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Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein

Titel: Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
Autoren: Garth Nix
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Dieser Boden konnte bei Nässe sicher sehr heimtückisch sein, Tal nahm jedoch an, dass es im Herzen eines Wirbelsturms niemals regnete.
    „Khamsoul!“, rief er. „Ich muss etwas fragen!“
    Das Geräusch des Wirbelsturms änderte sich zwar nicht, doch Tal glaubte, eine ruhige Stimme darüber hinweg zu hören. Eine alte, freundliche Stimme, die langsam sprach und gleichzeitig sanft und leicht amüsiert klang.
    „Natürlich musst du etwas fragen, Tal Graile-Rerem, Imperator der Erwählten des Schlosses. Ich werde dir eine Frage und eine Antwort gewähren.“
    „Hast du Adras und Odris umgebracht?“
    „Ich töte meine Kinder nicht“, hauchte der Weise Khamsoul. „Auch nicht meine Kindes-Kindes-Kindeskinder nach all den unzähligen Jahren. Sie leben und kennen jetzt ihre Vorfahren. Du darfst noch eine Frage stellen.“
    „Hätte… hätte ich etwas anders machen können?“, fragte Tal. „Hätte es einen Weg gegeben, alles besser zu machen? Um Sharrakor zu besiegen, ohne Crow… ohne dass Crow gestorben wäre oder Jarek oder vielleicht Ebbitt… oder all die anderen Menschen und Aenirer?“
    „Das kann ich nicht beantworten“, flüsterte der Wirbelsturm. „Ich kann nur sagen, was ist und was war, aber nicht, was gewesen sein könnte oder sein wird. Du darfst noch eine Frage stellen.“
    Tal starrte auf den Wirbelsturm hinaus.
    „Wer hat den Krieg zwischen unseren Welten begonnen?“, fragte er.
    „Welchen Krieg?“, seufzte der Weise Khamsoul. „Welchen Krieg? Es hat so viele Kriege gegeben. Und sogar ich weiß nicht, wie sie alle begannen.“
    Tal schwieg.
    „Ich habe nicht geantwortet. Du darfst noch eine Frage stellen.“
    „Nein“, sagte Tal langsam. „Ich weiß nicht, was ich noch fragen soll. Ich werde eines Tages zurückkehren, wenn du es gestattest.“
    „Du darfst kommen“, sagte der Weise Khamsoul. „Ich werde da sein.“
    Tal drehte sich um und ging zurück zu Milla und Malen. Eine Minute später leuchteten die Sonnensteine und drei Stimmen sprachen den Weg in die Dunkelwelt. Ein Regenbogen blitzte auf und der Turm des Weisen Khamsoul war wieder leer.

 
EPILOG
     
     
     
    Das Große Tor des Schlosses war seit über tausend Jahren versperrt gewesen. Jetzt stand das riesige Tor aus goldenem Metall für die Dunkelwelt auf der anderen Seite offen. Aber es war nicht dunkel, denn im Saal des Willkommens leuchteten tausende von Sonnensteinen und draußen auf der Straße gab es noch viel mehr Sonnensteine, hunderte von Mottenlaternen und zahlreiche ölgetränkte Fackeln mit blauen Flammen.
    Tal stand vor einer Menge aus Erwählten und Freivölklern. Anstatt in Violett war er in eine einfache, weiße Robe gekleidet. Doch der Violette Schlüsselstein an seiner Hand badete ihn in einer leuchtenden Farbe. Tals natürlicher Schatten fiel hinter ihm auf den Boden. Überhaupt flackerten in dem unsteten Licht nur noch natürliche Schatten hinter und unter den Versammelten, obwohl es im Schloss noch ein paar Erwählte und ihre Geistschatten gab, die sich der neuen Zeit nicht anpassen wollten – und noch ein paar freie Geistschatten.
    Tal gegenüber, vor einer Gruppe von Eiscarls, stand Milla. Die Krallen von Danir leuchteten violett an ihren Fingern und die Krone auf ihrem Kopf war frisch poliert. Ihre Selski-Panzerung war repariert und gereinigt worden und ein Merwin-Horn-Schwert hing wieder an ihrer Seite. Außerdem trug sie einen indigofarbenen Sonnenstein, der größer war als die Hälfte des Violetten Schlüsselsteins, den sie aufgegeben hatte.
    „Lebe wohl, zumindest für eine Umrundung“, sagte Milla und schlug vor Tal die Fäuste zusammen. „Oder vielleicht länger. Es gibt viel zu tun.“
    Tal nickte verständnisvoll. Obwohl sie den Schleier gerettet hatten, war er eine Zeit lang geschwächt gewesen. Die Temperatur hatte sich verändert, was sowohl Auswirkungen auf das Eis als auch das Wetter gehabt hatte. Das Zugmuster der Selski-Herden hatte sich verändert und viele Konflikte zwischen den Eiscarl-Clans ausgelöst, die ihre gewohnten Wege und Jagdgründe hatten aufgeben müssen. Wie immer entschieden die Cronen über jeden Streit, doch jetzt baten sie Milla bei ihren Entscheidungen um Hilfe. Sie führte daher eine besondere Einheit von Schildjungfrauen und Cronen an, die auf der Welt umherzog und über neue Gebietsrechte entschied.
    „Ich habe auch viel zu tun“, seufzte er. Trotz des Zusammenbruchs des alten Herrschaftssystems hatte ihn die große Mehrheit der Erwählten zum
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