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Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit
Autoren: Garth Nix
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würden sie auch kein solches Aufheben wegen Tals Schattenwächter machen. Doch er bezweifelte, dass sie jemals etwas über die Sonnensteine lernen konnten, denn das erforderte konzentriertes Nachdenken. Und so weit Tal es beurteilen konnte, waren die Eiscarls keineswegs gute Denker. Sie handelten ihrem Instinkt folgend – und das war meist gewalttätig.
    „Dies ist keiner von diesen Schatten“, sagte die Mutter-Crone. „Es ist ein jüngeres Ding. Noch nicht ausgewachsen. Diejenigen, die wir fürchten, können ihre Form nicht ändern.“
    „Geistschatten?“, fragte Tal. Er konnte ein überlegenes Lächeln nicht unterdrücken. Auch wenn er ein paar üble Erfahrungen mit Geistschatten gemacht hatte, so waren sie doch nichts weiter als Werkzeuge der Erwählten, die sie gebändigt hatten. „Sie sind nur Diener, wie das Untervolk. Jeder ist dazu verpflichtet, seinem Meister zu gehorchen. Kein Erwählter würde seinen Geistschatten auf euch hetzen. Hier draußen gibt es ohnehin nichts, was einen richtigen Erwählten interessieren könnte. Ich meine, es hat sich bisher noch niemand die Mühe gemacht, nachzusehen ob draußen überhaupt etwas existiert. Und selbst wenn es jemals irgendjemand herausfinden würde, würde es ihn sicher nicht interessieren…“
    Er verstummte. Es war schwer zu erklären, ohne unhöflich zu werden.
    „Vielleicht“, sagte die Mutter-Crone. „Wir wissen schon lange eine Menge über euer Schloss mit den sieben Türmen. Und die Erwählten wie auch die Schatten kamen schon einmal vom Berg herunter.“
    Tal schwieg. Er wusste nicht, was er darauf erwidern konnte. Die Mutter-Crone versuchte vielleicht, ihn zu beeindrucken. Er bezweifelte, dass sie wirklich etwas über das Schloss und die Erwählten wusste. Es konnte nichts Wichtiges sein.
    „Alles, was ich möchte, ist nach Hause gehen“, murmelte er, als die Mutter-Crone nichts mehr sagte. „Ich muss zurückkehren und mir einen Sonnenstein beschaffen!“
    „Zwei Sonnensteine“, fügte er einen Sekundenbruchteil später hinzu, nachdem Milla ihn mit einem messerscharfen Blick angesehen hatte. „Auch einen für die Far-Raider.“
    „Ja“, sagte die Mutter-Crone. Sie nahm das Messer und stieß es tief in den Fleischberg vor ihr. Tal sprang erschrocken einen Schritt zurück. Milla zuckte nicht einmal zusammen. „Doch seitdem das Ruinenschiff hier steht und die Schildjungfrauen den Hügel bewachen, haben wir niemanden den Berg des Lichtes, die Quelle der Schatten, besteigen lassen. Weshalb sollten wir dich hinauflassen?“
    Tal sah auf den Boden. Er versuchte verzweifelt einen Grund zu finden, der diesen Eiscarls wichtig sein konnte. Doch es fiel ihm keiner ein. Nur eine einzige Wahrheit.
    „Es ist mein Zuhause“, sagte er niedergeschlagen. „Dort gehöre ich hin.“
    „Ja“, sagte die Mutter-Crone. „Zum Schiff kehrt der Eiscarl vom Eis zurück. Der Erwählte kehrt zurück zum Schloss.“
    Sie kam um den Tisch herum und stand nun näher bei Tal. Sie wirkte jetzt größer, einen guten Kopf größer als Tal. Sie trug nur dünne Felle, die Arme waren bloß und voller Narben. Aus der Nähe sahen ihre milchigen Augen eher aus wie das Leuchten der Mottenlaternen und nicht wie eine Folge von Krankheit oder Alter.
    Aufgrund der Narben nahm Tal an, dass die Mutter-
Crone einmal eine Schildjungfrau gewesen war. Sie hatte noch immer eine sehr gefährliche Ausstrahlung, wenn sie wollte.
    „Wie können wir dir gestatten zurückzukehren, ohne einen Weg zu öffnen, dem auch die Schatten folgen könnten?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte Tal. „Aber die Mutter-Crone der Far-Raider sagte, ich würde zurückkehren. Oder etwa nicht?“
    Er stellte diese Frage in Millas Richtung, die die eigenartige Prophezeiung der Mutter-Crone auf dem Schiff gehört hatte. Doch jetzt sprach er mit einer anderen Mutter-Crone.
    „Dein Zuhause ist das Schloss und ist es doch nicht“, sagte sie und wiederholte damit zwei Zeilen der Prophezeiung. „Auch bei uns Cronen ist die Wahrheit dessen, was wir sehen, nicht immer eindeutig. Sag mir, Schildmutter, was sollen wir mit Tal machen?“
    „Ihn dem Eis überlassen“, sagte Arla ausdruckslos.
    „Was?!“, stieß Tal hervor. Das würde seinen Tod bedeuten.
    „Und was denkst du, Milla?“, fragte die Mutter-
Crone. „Was sollen wir mit diesem Jungen machen, an den du bei deiner Suche gebunden bist?“
    „Mutter-Crone“, sagte Milla, „die Far-Raider brauchen einen Sonnenstein.“ Tal sah sie dankbar an, doch sie
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