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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn
Autoren: Orson Scott Card
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mit Sicherheit gehauen werden würde, wenn sie von nackten Leuten sprach.
    Also nahm sie die Hiebe entgegen und weinte. Papa verließ dann sofort den Raum, und Mama kam zurück, um das Frühstück für den Schmied, die Gäste und die Knechte zuzubereiten, doch keiner von beiden sagte auch nur ein Wort zu ihr, ganz so, als wenn man sie überhaupt nicht bemerkte. Eine Weile lang weinte sie daher noch stärker und lauter, doch auch das half nicht. Schließlich nahm sie ihren Bugy aus dem Nähkasten und lief ganz steif und voller Schmerzen hinaus zu Altpapis Blockhütte und weckte ihn.
    Er hörte sich ihre Geschichte an, wie er es immer tat.
    »Ich weiß auch, was mit Bloody Mary los ist«, sagte er, »und ich habe deinem Papa mindestens fünfzigmal gesagt, er soll diesem Huhn den Hals umdrehen. Das ist ein verrückter Vogel. Einmal in der Woche dreht sie durch und zerbricht ihre eigenen Eier, sogar diejenigen, die sie brüten könnte. Bringt ihre eigenen Küken um. Das ist doch ein Verrückter, wer seine eigene Verwandtschaft umbringt.«
    »Papa möchte mich umbringen«, sagte Kleinpeggy.
    »Ich schätze, wenn du noch gehen kannst, ist es doch nicht ganz so schlimm.«
    »Ich kann aber nicht mehr viel gehen.«
    »Nein, ich sehe schon, daß man dich fast zum Krüppel geschlagen hat«, sagte Altpapi. »Aber ich will dir was sagen: so, wie ich das sehe, sind deine Mama und dein Papa hauptsächlich aufeinander böse. Warum verschwindest du nicht einfach für ein paar Stunden?«
    »Ich wünschte, ich könnte mich in einen Vogel verwandeln und fliegen.«
    »Aber das nächstbeste«, sagte Altpapi, »ist, einen geheimen Ort zu haben, wo dich niemand findet. Hast du so ein Versteck? Nein, sag es mir nicht – es macht alles zunichte, wenn du auch nur einem einzigen anderen Menschen davon erzählst. Begib dich einfach für eine Weile dorthin. Solange es ein sicherer Ort ist, nicht draußen in den Wäldern, wo ein Roter dir dein hübsches Haar rauben könnte, und kein Ort irgendwo hoch oben, wo du herunterfallen könntest, und kein so winziger Ort, wo du möglicherweise feststecken könntest.«
    »Er ist groß und tief und nicht in den Wäldern«, erwiderte Kleinpeggy.
    »Dann geh dorthin, Maggie.«
    Kleinpeggy schnitt dieselbe Grimasse, die sie immer schnitt, wenn Altpapi sie so nannte. Sie hielt Bugy hoch und sagte mit Bugys quiekender, hoher Stimme: »Ihr Name ist Peggy.«
    »Geh dorthin, Piggy, wenn dir das besser gefällt…«
    Kleinpeggy schlug Bugy über Altpapis Knie.
    »Eines Tages macht Bugy das einmal zu oft, dann zieht er sich einen Bruch zu und stirbt«, sagte Altpapi.
    Aber Bugy tanzte in seinem Gesicht herum und sagte beharrlich: »Nicht Piggy, Peggyl«
    »Das ist schon richtig, Puggy, begib dich an diesen geheimen Ort, und wenn irgend jemand kommt und sagt: Wir müssen dieses Mädchen finden, werde ich sagen: Ich weiß, wo sie ist; sie wird schon zurückkommen, wenn sie dazu bereit ist.«
    Kleinpeggy rannte zur Tür der Blockhütte, dann blieb sie stehen und drehte sich um. »Altpapi, du bist der netteste Erwachsene auf der ganzen Welt.«
    »Dein Papa sieht mich etwas anders, aber das hat alles nur mit einer anderen Haselgerte zu tun, die ich einmal zu oft benutzt habe. Und nun lauf.«
    Bevor sie die Tür schloß, hielt sie noch einmal an. »Du bist der einzige nette Erwachsene!«
    Sie rief es ganz laut und hoffte beinahe, daß man es im Haus hören könnte. Dann war sie auch schon verschwunden, war durch den Garten geschossen, vorbei an der Kuhweide, den Hügel hinauf in den Wald, und dann über den Pfad zum Bachhaus.

2. Siedler

    Diese Leute hatten einen guten Wagen und zwei gute Pferde, die ihn zogen. Man konnte sogar meinen, daß sie wohlhabend waren, wenn man bedachte, daß sie sechs große Jungen besaßen, von Mannsgröße bis hinunter zu Zwillingen; sie hatten bisher mehr in ihrem Leben durchgemacht, als ihrem Dutzend Jahre entsprach. Ganz zu schweigen von einer großen Tochter und einem ganzen Schwarm kleiner Mädchen. Eine große Familie. Richtig wohlhabend, wenn man nicht wußte, daß sie vor nicht einmal einem Jahr eine Mühle besessen und in einem großen Haus auf einer Strombank im Westen von New Hampshire gelebt hatten. Sie waren weit in der Welt herumgekommen, und dieser Wagen war alles, was ihnen geblieben war. Doch sie waren hoffnungsfroh, zogen gen Westen über den Hio offenem Land entgegen, das zu besiedeln jedermann freistand. Für eine Familie mit Geschick und Tatkraft würde es auch gutes Land
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