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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Autoren: David King
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folgten. Doch Marcel war – wie er es ausdrückte – nicht interessiert daran, sein Leben in einem Büro zu verbringen und auf das Greisenalter zu warten. Er wollte hoch hinaus und etwas Besseres werden.
    Er war ein ambitionierter Junge, der nach Macht, Wohlstand und Ruhm strebte, verbrachte die Jugend aber größtenteils als Einzelgänger. Im Rahmen der Polizeirecherchen fanden sich nur wenige Freunde aus der Kindheit. Ein Freund erlaubte Petiot ein Messerspiel zwischen den Fingern seiner auf einem Tisch ausgestreckten Hand oder Wurfspiele, vergleichbar denen in einer Zirkusvorstellung. Die Beamten machten eine ehemalige Geliebte ausfindig, eine Kabaretttänzerin mit dem Namen Denise, der er als Jugendlicher in Dijon begegnet war. Sie hatte ihn aus heiterem Himmel verlassen, was Petiot später mit der schnippischen Bemerkung honorierte, dass sie die einzige Vermisste war, die ihm weder Polizei noch Presse anlastete.
    Jean Delanove, ein einstiger Klassenkamerad, erinnerte sich daran, dass Petiot manchmal eine Pistole mit in die Schule brachte und damit vor den anderen Kindern auf dem Spielplatz angab, indem er auf streunende Katzen zielte. Da er die Waffe sogar in den Klassenraum mitnahm und während einer Unterrichtsstunde in die Decke feuerte, wurde er schließlich von der Schule geworfen.
    Athanise Berthelot, Lehrkraft in Auxerre, kannte Petiot im Alter von 13 bis 16 Jahren und beschrieb ihn als „intelligent, doch seine mentalen Fähigkeiten nicht ausschöpfend. Zusammengefasst war er ein bizarrer Charakter.“
    Der stellvertretende Direktor Marcel Letrait stimmte dem zu. Petiot konnte als schlau bezeichnet werden, doch wenn er sich auf seine Aufgaben konzentrieren sollte, war er „nicht in der Lage, eine regelmäßige Leistung“ abzuliefern.
    Im Alter von 17 Jahren verhaftete man Petiot. Die Straftat muss seinen Vater, immer noch Angestellter bei der Post, besonders verärgert haben. Petiot wurde dabei ertappt, wie er Briefe mit einer Art Angelrute, versehen mit einem haftfähigen Stoff am Ende der Leine, aus einem Postbüro herausfischte. Man glaubte, dass er auf Bargeld, Geldanweisungen oder einfach Briefe mit verfänglichen Inhalten aus war. Diese Informationen wollte er möglicherweise mit anonymen Schreiben verbreiten, eventuell begleitet von Erpressungen. Wie es das französische Gesetz verlangte, wurde der junge Delinquent von einem berufenen Psychiater untersucht, der die Schlussfolgerung zog, dass Petiot an einer vererbten Geisteskrankheit litt. Sein Vater protestierte und stritt die Diagnose als unzutreffend ab.
    Anscheinend wollte der junge Petiot um jeden Preis die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Als die Mutter starb, wandte sich der trauernde Vater von den beiden Jungen ab. Marcel Petiot äußerte später die Vermutung, kein Wunschkind gewesen zu sein, sondern das Resultat eines Seitensprungs. Eines war sicher: Er fühlte sich einsam, zurückgestoßen und ungeliebt. Seine erste engere Beziehung knüpfte er zum Bruder Maurice. Die Brüder Petiot hatten fast ihr ganzes Leben lang ein enges Verhältnis.
    Nach einigen weiteren erfolglosen Schulbesuchen in Joigny und Dijon, erhielt Petiot am 10. Juli 1915 ein Diplom, das den Abschluss einer höheren Schulausbildung (Bachot d’Enseignement Secondaire) attestierte. Den dafür notwendigen Unterricht erhielt er von seinem Onkel Vidal Gaston, einem Mathematiklehrer, zu Hause in Auxerre. Anschließend – der Erste Weltkrieg wütete in Europa – meldete sich Petiot freiwillig zur Armee und erhielt in Auxerre eine der ersten Rekrutierungsnummern (1097). Am 11. Januar begann die militärische Grundausbildung in Sens, einem idyllischen und verschlafenen Dorf, dessen Kathedrale von William of Sens entworfen worden war, der berühmt war für seine Arbeit an der Canterbury Cathedral.
    Zehn Monate später musste Petiot in den schlammigen, blutigen und von Ratten heimgesuchten Gräben der Westfront seine Feuertaufe bestehen. Es war der Beginn von vier grauenhaften Monaten voller Luftangriffe, permanentem Artilleriebeschuss und brutalstem Einzelkampf. Um den jungen Petiot herum, er gehörte zum 89. Infanterieregiment, wurden Menschen verstümmelt, Knochen zerschmettert und Eingeweide aus den Körpern gerissen. Das schreckliche Gemetzel des Stellungskriegs war kaum in Worte zu fassen. Der Pariser Arzt Sumner Jackson, der in dem Gebiet, in dem Petiots Regiment kämpfte, einen Rettungswagen fuhr, schätzte vorsichtig, dass die französische Armee 100 Männer in der
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