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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Autoren: David King
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umliegenden Waldgebiete der Region, die den zweitwichtigsten Exportfaktor lieferten – Nutzholz.
    Petiots Vater, Félix Iréné Mustiole, war im Post- und Telegraphenamt von Auxerre angestellt. Seine Mutter, Marthe Marie Constance Joséphine Bourdon – oder Clémence, wie sie sich am liebsten nannte –, hatte bis zu Petiots Geburt ebenfalls als Postangestellte gearbeitet. Petiot, der ältere von zwei Söhnen, wurde am 17. Januar 1897 geboren. Sein Bruder Maurice kam fast zehn Jahre später zur Welt, im Dezember 1906. Petiot verbrachte die ersten zehn Lebensjahre in der Mietwohnung der Familie, im obersten Stock des Hauses Rue de Paris Nummer 100.
    1912 verstarb die Mutter aufgrund von Komplikationen bei einem chirurgischen Eingriff. „Nach dem Tod meiner Schwester“, erklärte Henriette Bourdon Gaston der Polizei im März 1944, „zog ich meinen Neffen auf.“ Viele Dorfbewohner behaupteten hingegen, dass die Brüder schon wesentlich länger bei ihr lebten. Petiot soll schon ab dem Alter von zwei Jahren längere Zeitabschnitte bei seiner Tante verbracht haben. Schämte sich Gaston für den Mann, den sie großgezogen hatte? Spielte sie deshalb ihre Rolle bei seiner Erziehung herunter?
    Für Massu und für Historiker stellte es eine schwierige Herausforderung dar, sich durch den Wust von Gerüchten, Tratsch und Mythen durchzuarbeiten, die Petiots Kindheit umgaben. Wie bei anderen Mordangeklagten auch überschlugen sich die Nachbarn förmlich mit Geschichten über sein vermeintlich sadistisches und asoziales Verhalten. Der junge Petiot soll angeblich Insekten gefangen und ihnen die Beine und Köpfe ausgerissen haben. Er soll junge Vögel aus ihren Nestern gestohlen, ihnen die Augen ausgestochen und gelacht haben, als sie vor Schmerzen kreischten und sich verängstigt in eine Ecke des Käfigs verkrochen. Dann verweigerte er ihnen Wasser und Nahrung und beobachtete, wie die misshandelten Tiere langsam verhungerten.
    Seine Grausamkeit machte noch nicht mal vor der Lieblingskatze Halt. In einer von mehreren Versionen dieser Geschichte wollte Henriette Gaston Wäsche waschen, stellte eine große Schüssel Wasser auf die Herdplatte und holte das Leinen. Marcel spielte mit der Katze auf dem Küchenboden. Als Gaston zurückkehrte, hielt der Junge das Tier am Fell des Halses fest und versuchte, die Pfoten der Katze ins mittlerweile siedende Wasser zu tauchen. Seine Tante schrie auf vor Entsetzen, woraufhin Marcel sein Verhalten sofort änderte, die Katze schützend an die Brust drückte und Henriette anschrie, dass er sie hasse und sich wünsche, sie wäre tot. Am nächsten Morgen bot sich der Frau ein Bild des Grauens: Henriette wollte ihrem Neffen eine Lektion in Mitgefühl erteilen und erlaubte, dass die Katze bei ihm schlief. Am nächsten Morgen aber war der Junge mit Biss- und Kratzwunden regelrecht übersät. Er hatte die Katze erwürgt.
    Der Tratsch über den zukünftigen Arzt brachte eine Fülle verschiedenster Geschichten ans Tageslicht, die allerdings schwierig zu verifizieren waren. Die meisten Erzählungen beschrieben Petiot als frühreif und hochintelligent. Er las schon früh für eigentlich ältere Leser geeignete Literatur und soll später ein Buch pro Nacht verschlungen haben. Seine literarischen Interessengebiete hatten angeblich eine beträchtliche Bandbreite, obwohl man das an seiner Bibliothek nicht ablesen konnte, in der sich eine übermäßig große Anzahl von Polizeiromanen fand, Studien zur Kriminologie und Bücher über berühmte Mörder wie Henri Landru, Jack the Ripper und Dr. Crippen.
    Als Schulkind langweilte sich Petiot schnell und zog oft den Ärger der Lehrer auf sich. Wie die französische Polizei später herausfand, musste er sich in der Grundschule einem Disziplinarverfahren stellen, da er pornographische Heftchen mit in die Klasse gebracht hatte. Wie mehrere seiner Klassenkameraden den Inspektoren berichteten, las der junge Petiot gerne etwas über das Sexualverhalten berühmter Persönlichkeiten und fokussierte das Thema, wenn es sich nach damaliger Auffassung um ein abnormes Sexualleben handelte. Mit Genuss sprach er über die Homosexualität von Julius Cäsar und Alexander dem Großen und der Bisexualität von Giacomo Casanova. Der Chevalier d’Eon zählte zu seinen Lieblingsfiguren, ein Fechter, Transvestit und Spion, der in den aristokratischen Zirkeln des 18. Jahrhunderts in Frankreich für reichlich Wirbel sorgte.
    Petiots Vater wollte, dass beide Söhne ihm in den Postdienst
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