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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Autoren: David King
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besetzen. Am darauf folgenden Tag erhielten die Behörden die Vollmacht, die in anderen Ländern geborenen Juden in „speziellen Lagern“ zu internieren. Drei Tage später hob man das Crémieux-Gesetz auf, wodurch 1.500 algerische Juden die Staatsbürgerschaft verloren.
    Eine schier endlose Zahl von Gesetzen wurde erlassen, die einzig und allein der Diskriminierung der Juden dienten. Anfang 1941 durften Juden nicht mehr im Bankwesen, bei Versicherungen, als Immobilienmakler oder in Hotels arbeiten. Eine Quotenregelung beschränkte die Zahl der Juden, die als Juristen oder Mediziner arbeiten konnten, auf zwei Prozent, eine Vorschrift, die man dann in der Folge sogar in ein totales Berufsverbot umwandelte. Die jüdischen Geschäfte wurden „arisiert“, das hieß, die Regierung enteignete die Eigentümer und übergab den Besitz an „Nicht-Juden“ oder man drängte die Juden zum Verkauf zu einem Spottpreis. Das Ziel bestand darin, „jeglichen jüdischen Einfluss auf die nationale Ökonomie auszumerzen“.
    Schon kurz darauf begannen die sogenannten „Rafles“, Razzien mit dem Ziel der Festnahme von Juden. Am 14. Mai 1941 führte der erste „Zusammentrieb“ zur Verhaftung – mit anschließendem Arrest – von 3.747 unschuldigen männlichen Juden. Zehn Monate später, am 27. März 1942, verließ der „Sonderzug 767“ das Land, in dem 1.112 Juden in überfüllten und überhitzten Passagierwagen der dritten Klasse saßen. Das Ziel war das neue Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. 84 Deportationen folgten, die meisten in abgeschlossenen Viehwagen. Der SS-Obergruppenführer und Polizeigeneral Reinhard Heydrich und der SS-Obersturmbannführer und Organisator der „Endlösung“ Adolf Eichmann setzten die französischen Dienststellen permanent unter Druck, um die Geschwindigkeit der Abtransporte zu erhöhen. Insgesamt deportierte man 75.721 französische Juden – Männer, Frauen und Kinder – in die Todes- und Konzentrationslager der Nazis im Osten. Nur 2.800 kehrten wieder zurück.
    Nach den Worten des Historikers Alistair Horne erlebte Paris unter der Besatzung der Nazis die vier dunkelsten Jahre in der 2.000-jährigen Geschichte der Stadt. Für viele Pariser war es ein Alptraum an Tyrannei und Gewalt, was zu verzweifelten Fluchtanstrengungen führte – an denen sich ein Mann in ihrer Mitte unbarmherzig und skrupellos bereicherte.
    Nachdem Massu das Haus durchsucht hatte, verhielt er sich – um es gelinde zu sagen – recht merkwürdig. Er machte sich weder direkt auf den Weg in die Rue Caumartin, um Dr. Petiot zu suchen, noch schickte er Ermittlungsbeamte dorthin. Massu ging nach Hause.
    Ein französisches Gesetz, das bis zum 13. Dezember 1799 zurückreichte (den 22. Tag des dritten Monats des französischen Revolutionskalenders), untersagte der Polizei, Bürger mitten in der Nacht aufzusuchen, außer sie wurden direkt in das jeweilige Haus gebeten oder es handelte sich um einen Notfall wie etwa ein Feuer oder eine Überschwemmung. Artikel 76 der Konstitution des Jahres acht, wie man die Vorgabe nannte, war in Kraft gesetzt worden, um die nächtlichen Verhaftungen während des Terrorregimes zu unterbinden. Doch in einem Fall solcher Tragweite hätte Massu zumindest Männer außerhalb von Petiots Appartement postieren können. Offensichtlich musste es eine andere Erklärung für sein passives Verhalten geben.
    Und in der Tat vermutete der Kommissar, dass die Rue Le Sueur Nummer 21 von der Gestapo, der Geheimen Staatspolizei der Deutschen, genutzt worden war, die die Kontrolle der inneren Angelegenheiten Frankreichs an sich gerissen hatte. Die Gestapo, gegründet im April 1933, um die „Feinde des Reichs“ zu eliminieren und damit Hitlers Macht zu konsolidieren, residierte anfangs in einer ehemaligen Kunstschule in der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin. Über die Jahre war sie dann von 300 auf 40.000 Mitarbeiter angewachsen und hatte ein Netz von Informanten über das ganze besetzte Europa gelegt. Im Namen von Recht und Ordnung hatte man die Gestapo mit nahezu allen Befugnissen ausgestattet: Spionage, Verhaftungen, Folter und sogar Mord. Die Agenten brauchten wegen ihrer Taten keine Strafverfolgung zu befürchten. Die Organisation stand über dem Gesetz, und es gab nicht die geringste Möglichkeit, ihr Tun auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.
    Massu hatte sicherlich seine Gründe, um eine mögliche Verbindung des Falls zur Gestapo zu vermuten. Nicht nur das Gemetzel, das erkennbar im Haus
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