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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Autoren: David King
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Metern angebracht. Der Verwendungszweck der Kammer lag nicht klar auf der Hand, jedoch verspürten die Beamten ein tiefes Unbehagen. Ein kleiner Raum mit praktisch schalldichten Wänden und Eisenhaken in den Ecken – waren die Opfer hier ihrem schrecklichen Schicksal ausgeliefert gewesen?
    Nachdem sich Massu und die Ermittler wieder in den Hof begeben hatten, nahmen sie das alte Fuhrwerkshaus unter die Lupe, das nun als Garage diente. In dem dort herrschenden Chaos lagen Werkzeuge, ungehobelte Bretter, Eimer für einen Wischmopp, große Pinsel, Gasmasken und alte Matratzenfedern herum. Eine Schiebetür an der hinteren Wand führte in ein weiteres Gebäude, möglicherweise den ehemaligen Stall. Dort, auf dem Boden hinter einem Haufen verrosteten Eisenschrotts, lag eine Abdeckplatte aus Metall, unter der die schrecklichste Entdeckung dieser Nacht auf die Ermittler wartete.
    Es war der Eingang zu einer Grube. Ein frisch geschmierter Flaschenzug mit einem dicken Seil, zu einer Schlinge geknüpft, hing über dem Loch. Der bestialische Gestank ließ keinen Zweifel zu, was sich dort unten befand. Trotzdem kletterte Massu die Holzleiter hinab und achtete bei jedem Schritt auf die rutschigen Sprossen. Alsbald fand er sich in einem abstoßenden Bodensatz – man konnte es beinahe schon einen Sumpf nennen – aus Löschkalk und Leichen in den verschiedensten Stadien der Verwesung wieder. Es war die Müllhalde eines wahrhaftigen Schlachthofs.
    Doch wer konnte genau wissen, wie viele Leichen hier unten lagen? Angesichts einer Tiefe von geschätzten drei bis dreieinhalb Metern waren es auf jeden Fall mehr Tote als im Keller des Hauptgebäudes. Massu drehte sich auf dem Absatz kurz zur Seite, um einen genaueren Blick in die Grube zu werfen. Unter den Schuhsohlen hörte er brechende Knochen. Als der Kommissar aus dem Loch stieg, verbreitete seine Kleidung einen ekelerregenden Gestank. Unverzüglich ließ er Spezialisten des Polizeilabors kommen, um die knöchernen Überreste für die Analyse zu bergen, denn seine Assistenten hatten sich angewidert geweigert, tätig zu werden. Wie Massu berichtete, wirkten sie so verängstigt, als wären sie dem Teufel persönlich begegnet.
    Kommissar Massu hatte bei Ermittlungen während seiner 33-jährigen Laufbahn 3.257 Verhaftungen vorgenommen, doch er musste sich bislang niemals mit einem so schrecklichen und verwirrenden Fall auseinandersetzen. Wer war für das Gemetzel in diesem Alptraumhaus verantwortlich? Wer waren die Opfer, wie viele gingen auf das Konto des brutalen Täters, wie waren sie gestorben? Doch am meisten irritierte ihn die Frage nach dem Motiv. Der Mörder – wer immer es auch sein mochte – tötete seine Opfer nicht nur, sondern er zerstückelte sie. Die Ermittlungen in einem Fall, den Massu als ein „Jahrhundertverbrechen“ bezeichnete, hatten begonnen …

DIE DEUTSCHE FINSTERNIS HAT DAS LAND VERSCHLUCKT … FRANKREICH IST EIN ORT DER STILLE, VERLOREN IRGENDWO IN EINER NACHT, IN DER ALLE LICHTER VERLÖSCHEN.
    (Antoine de Saint-Exupéry in einem Brief an das New York Times Magazine , 29. November 1942)
    V ier Jahre zuvor hatte die Flucht der reichen und privilegierten Bewohner von Paris begonnen. Der Herzog von Windsor, Prinz Georg von Griechenland, die Prinzessin Winnie de Polignac und ihre Nichte Daisy Fellowes, Erbin des Singer-Nähmaschinen-Imperiums, verließen alle die Hauptstadt. Der Aga Khan hatte sich in die Schweiz abgesetzt. Peggy Guggenheim lagerte ihre umfangreiche Kunstsammlung in der Scheune eines Freundes ein und machte sich in ihrem luxuriösen Talbot Richtung Megève auf, dem im Département Haute Savoie gelegenen Skiort in den Savoyer Alpen.
    Doch auch viele Schriftsteller, Maler und Künstler flüchteten aus der Stadt des Lichts, wie die Einwohner Paris liebevoll nannten. Sie hatten die Metropole, laut Urteil des Kunstkritikers Harold Rosenberg von der New York Times , in das „[intellektuelle] Laboratorium des 20. Jahrhunderts verwandelt“. Bevor er nach Zürich emigrierte, setzte sich James Joyce in ein Dorf bei Vichy ab. Gertrude Stein und Alice B. Toklas reisten nach Culoz, das in der Nähe von Annecy lag. Marc Chagall, Henri Matisse, René Magritte und Wassily Kandinsky flüchteten in Richtung Süden, wohingegen Vladimir Nabokov sich einen Platz auf dem letzten Liniendampfer nach New York sicherte. Walter Benjamin machte sich auf den Weg, um eine schwierige Gebirgspassage nach Spanien zu bezwingen, doch er schaffte es nur bis nach Portbou, wo
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