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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
Autoren: Shirley Waters
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Bedeutete dies, dass der Überfall misslungen war? Dass die Mannschaft des Drachenschiffes, der Sleipnir , aufs Meer zurückgetrieben worden war? Oder waren sie alle gefallen? Nein, undenkbar. Ihre Gegner waren nur ein knappes Dutzend Männer gewesen, die in diesem Kloster genächtigt hatten. Dann noch eine Hand voll Mönche, Knechte und Bauern aus der Umgebung – deren Kampfkraft zählte so viel wie die eines fünfjährigen Kindes.
    Lächerlich. Die Mannschaft konnte nicht verloren haben. Vermutlich war sie mit Beute beladen davongefahren. Und hatte ihn tot geglaubt …
    Aber was war danach geschehen?
    Er fuhr sich durch die Haare, deren Nachtfarbe ihm so verhasst war. Sie waren strähnig und stanken. Er sehnte sich nach einem Bad. Ein reichlich alberner Gedanke, wenn man dem Tod entronnen war und sich wahrscheinlich – nein, ganz sicher sogar – noch in Gefahr befand.
    Er wusste von Überlebenden, die sich an den Hieb, der sie fast das Leben gekostet hatte, nicht mehr erinnern konnten. Bei ihm war das anders. Noch jetzt konnte er spüren, wie die Klinge in ihn gedrungen war. Er wusste noch, dass er auf die Knie gesackt war. Dass ihn Übelkeit und ohnmächtiger Zorn erfasst hatten. Und Furcht, da er ohne sein Schwert in der Hand an den Toren Walhalls abgewiesen werden würde. Doch dann? Wie war er in diesen Raum gekommen?
    Njal stellte die Füße auf den Boden, stemmte sich hoch und machte behutsam zwei, drei Schritte. In seinem Rücken fühlte es sich an, als würde er durch den Raum springen. Sofort kehrte die Übelkeit zurück. Ihm war heiß, sein Hemd in Schweiß getränkt. Mit langsamen Bewegungen zog er es über den Kopf. Irgendetwas stimmte mit seinem rechten Arm nicht. Er konnte ihn bewegen, aber er fühlte sich kraftlos an. Jemand hatte das Hemd am Rücken aufgeschnitten. Er erinnerte sich auch, sein Wams getragen zu haben, und blickte sich um. Es lag ordentlich auf einem Hocker. Darunter standen seine Stiefel.
    Er blickte an sich hinunter. Seine ledernen Beinkleider hatte man ihm gnädigerweise gelassen. Sogar das goldene Christenkreuz ruhte noch auf seiner Brust wie schon seit seinen Kindheitstagen. Wahrscheinlich hatte man es nur übersehen.
    Jetzt die Stiefel anzuziehen wäre mit seiner Verletzung eine üble Anstrengung, also versuchte er es erst gar nicht. Wichtiger war, schnellstmöglich zu flüchten. Aber wohin? Und womit? Das Pfeifen im Kamin verriet ihm, dass draußen ein Wetter herrschte, in das man sich besser nicht halb nackt begab. Auch wenn das Nordmannblut in ihm zum Losstürmen drängte, durfte er nicht planlos vorgehen. Zunächst musste er etwas trinken und essen. Musste herausbekommen, wie schlimm es um ihn stand. Gerne hätte er die Wunde betastet, doch diese Bewegung vermochte er nicht auszuführen.
    Zuallererst jedoch brauchte er eine Waffe …
    Sein Schwert lehnte in einer Ecke. »Odin und alle Götter!«, entfuhr es ihm verblüfft. Unter was für Leute war er hier geraten, dass sie ihn nicht anständig fesselten und ihm auch noch seine Waffe griffbereit zurechtstellten? Als er das Schwert packte, kam es ihm erstaunlich schwer vor. Obwohl er seine ganze Willenskraft aufbot, konnte er die Finger nicht fest genug um den Griff legen. Das ist schlecht. Sehr schlecht . Konnte ein Krieger nicht mehr kämpfen, so wäre er besser wie ein ehrloser Neiding im kalten Meer ertrunken.
    Njal schnallte sich den Schwertgurt um und nahm die Waffe, so gut es ging, in die Linke. Die Tür war unverschlossen. Selbst als er einen düsteren Gang betrat, fror er nicht. Stattdessen begann sein Kopf zu pochen. Sollte er auf fremde Krieger stoßen, wäre er verloren. Aber gäbe es solche noch hier, so hätten sie mit Sicherheit dafür gesorgt, dass er nicht so einfach dieser Kammer entkam. Im Gegenteil, sie hätten ihn erst gar nicht am Leben gelassen. Hatten vielleicht noch ein paar Mönche überlebt, die mit ihren Messern nichts anderes taten, als Brot zu schneiden?
    Er hörte Stimmen und das Klappern von Geschirr. Es war ein gutes Zeichen, dass sein Magen trotz des Fiebers zu knurren begann. Nach den langen Tagen auf dem Schiff wäre selbst ein Stück hartes Brot eine Wonne. Licht, das unter einer Tür durchfloss, leitete seine Schritte. Er lauschte, wartete auf Männerstimmen, um sie zu zählen.
    Offenbar befanden sich nur Frauen jenseits der Tür.
    »Und wenn er nun doch lebt?«
    »Nun gut. Ich schwöre bei Gott und seiner Heiligen Schrift, dass ich dem Wikinger helfen werde, sollte er noch einmal lebend
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