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Der schwarze Skorpion

Der schwarze Skorpion

Titel: Der schwarze Skorpion
Autoren: Marco Sonnleitner
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Wartezimmer.
    Es war ein äußerst ungemütlicher, kahler Raum, von dessen Wänden schon hier und da der Putz abbröckelte. Sein einziger Schmuck waren einige vergilbte Kalenderbilder exotischer Tiere, die jemand mit Klebestreifen an die Wand geheftet hatte.
    »Die Tür geht nicht ganz zu«, sagte Peter, nachdem er ein paar Mal vergeblich versucht hatte, den Schnapper ins Schloss zu drücken.
    »Egal, lehn sie an«, erwiderte Justus und setzte sich auf einen der weißen Plastikstühle. Peter und Bob taten es ihm gleich, und dann warteten die drei.
    Doch es waren noch keine zwei Minuten vergangen, als sie hörten, wie draußen eine Tür aufging. Sie vernahmen zwei Männerstimmen, eine leise und fast beschwichtigend, die andere, ein rauer Bass, lauter und aufgebracht. Aber das Einzige, was sie deutlich verstanden, war, wie die wütende Stimme sagte: »… mich nicht verarschen, ist das klar!« Dann dröhnten schnelle Schritte über den Linoleumboden, eine Tür ging quietschend auf und wieder zu. Danach waren die Schritte deutlich leiser zu hören und verhallten schließlich ganz.
    Während sich die drei ??? verwundert anblickten, herrschte draußen im Gang einen Moment lang Stille. Dann ging abermals eine Tür auf, und kurz darauf hörten sie, wie die Sekretärin sagte: »Dr. Robinson, im Wartezimmer sind drei Jungen, die Sie gerne sprechen würden. Sie sagen, sie kommen von Mr Parker.«
    »Oh Mist!«, entfuhr es Peter in diesem Moment mit einem Blick auf seine Uhr.
    »Was ist, Zweiter?«, fragte Justus, während er aufstand.
    Die Sekretärin betrat das Wartezimmer und teilte den Jungs mit: »Ihr könnt jetzt rein zu Dr. Robinson.« Sie deutete nach rechts auf die Labortür und verschwand dann wieder in ihrem Zimmer.
    »Kollegen, ich komme gleich nach«, sagte Peter sichtlich beunruhigt und lief hinaus auf den Gang. »Aber ich habe Kelly versprochen, dass ich sie um Punkt halb sechs anrufe, weil wir heute Abend vielleicht ins Kino wollen. Sie ist extra deswegen kurz nach Hause gefahren, damit ich sie erreichen kann. Ihr Handy ist nämlich kaputt. Und jetzt ist es schon Viertel vor sechs! Ich muss sie anrufen, sonst macht sie mir die Hölle heiß!«
    Justus und Bob lächelten wissend. Sie kannten Peters Freundin nur zu gut und wussten, dass Peter diesen Anruf wirklich machen musste. Kelly war ziemlich leicht eingeschnappt.
    »Okay, wir gehen dann schon mal vor«, sagte Justus und verließ ebenfalls das Wartezimmer.
    Peter stieß noch ein undeutliches »Bis gleich!« hervor, öffnete die Milchglastür und lief nach draußen.
    »Hoffentlich ist sie noch zu Hause«, lachte Bob. »Sonst macht sie unseren Zweiten einen Kopf kürzer.«
    Justus zwinkerte amüsiert, wandte sich der Labortür zu und klopfte. Er wunderte sich zwar ein wenig, dass Dr. Robinson nicht gleich hier draußen auf sie gewartet hatte, nahm aber an, dass sich der Arzt nach dem offenbar sehr unerfreulichen Gespräch, das er eben geführt hatte, erst noch ein wenig sammeln wollte, bevor er neuen Besuch empfing. Ein paar Sekunden später hörten sie dumpfe Schritte, und dann wurde die Tür von innen geöffnet.
    »Ihr kommt von Mr Parker?« Ein gut aussehender Mann Mitte dreißig lächelte sie liebenswürdig an und bat sie mit einer einladenden Geste hereinzukommen. Justus und Bob registrierten sofort, dass er nicht der Mann mit der wütenden Stimme war, aber es erstaunte sie dennoch, wie gelassen Robinson wirkte. Nichts deutete darauf hin, dass er noch vor wenigen Augenblicken in eine heftige Auseinandersetzung verwickelt gewesen war. Er war recht groß, schlank und hatte zur Überraschung der beiden Jungs keineswegs einen sterilen, weißen Ärztekittel an, sondern Jeans und ein aufgeknöpftes, blaues Holzfällerhemd mit hochgekrempelten Ärmeln. Und an den Füßen trug er ausgelatschte Sandalen ohne Socken!
    »Ja, wir kommen in seinem Auftrag«, antwortete Justus und sah mit großen Augen ins Innere des Labors. Er hatte sich bei dem Wort Labor so etwas Ähnliches wie den Chemiesaal in ihrer Schule vorgestellt. Aber dieser Raum hier hatte mit einem Chemiesaal rein gar nichts zu tun.
    »In seinem Auftrag? Soso«, wiederholte Robinson belustigt. »Na dann kommt mal herein und folgt mir!« Der Arzt schloss die Tür hinter Bob und ging dann voraus.
    Feuchtes, schwülwarmes Dämmerlicht umfing die beiden Jungen. Unbewusst öffneten sie ihre Münder, weil ihnen in der tropischen, klebrigen Luft, die diesen Raum ausfüllte, das Atmen schwerer fiel. Es roch nach
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