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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst
Autoren: Eric Walz
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Rhetoriker, aufgesehen. Kaum zu fassen, dass er jahrelang einem aufgeblasenen Karrieristen, der beinahe über Leichen gegangen wäre, als Assistent gedient hatte. Erst die Geschehnisse in Trient hatten ihm die Augen geöffnet.
    »Was tust du hier?«, fragte Sandro, kaum dass er den Landesteg verlassen hatte.
    »Ist das die angemessene Begrüßung für deinen ehemaligen Lehrmeister?«
    »Du hast mich nichts gelehrt, ausgenommen, vorsichtiger zu sein bei der Auswahl der Objekte meiner Bewunderung.«
    »Dankbarkeit ist nicht gerade dein hervorstechendes Charaktermerkmal, Sandro Carissimi. Dass du Visitator und mit der Aufklärung von Verbrechen betraut wurdest, verdankst du meiner Fürsprache, schon vergessen? Und nur durch dieses Amt hast du das Vertrauen des Heiligen Vaters gewinnen können, weswegen du heute sein Privatsekretär bist. Du siehst, mein lieber Sandro, ich habe mehr mit deiner Karriere zu tun, als du wahrhaben willst.«
    »Nenne mich nicht ›lieber Sandro‹, diese Zeiten sind ein für alle Mal vorbei.«
    »Deine unterschwellige Aggression macht mich sehr traurig.«
    »Schön, ich kann ja mal mit offener Aggression versuchen, deine Trauer in Ärger umzumünzen. Du bist ein …«
    In diesem Moment verneigte sich Luis, und Sandro hielt inne, da Julius III. den Steg herunterkam. Luis küsste den Fischerring.
    »Ich freue mich, Eure Heiligkeit wohlauf zu sehen.«
    »Glaube ich, de Soto, glaube ich. Da du von meinem Leben profitierst …« Julius wandte sich an Sandro. »Ich habe deinen
Ordensgeneral Ignatius von Loyola gebeten, de Soto als Kandidaten für den Rektorenposten des Collegium Germanicum in Betracht zu ziehen, das heute Abend in der Via dell’Umilta eröffnet wird. Du hast sicher davon gehört.«
    Sandro nickte. »Von dem neuen jesuitischen Collegium - ja, von Luis de Soto als Rektor - nein.«
    »Möglicher Rektor«, korrigierte Julius. »Der hochgeschätzte Ignatius hat sich in seiner unnachahmlich eigensinnigen Art die endgültige Entscheidung darüber vorbehalten. Übrigens, de Soto, ist die Entscheidung schon gefallen?«
    »Noch nicht, Eure Heiligkeit. Aber ich bin der einzig Geeignete.«
    Julius nickte. »Ihr wärt nicht Luis de Soto, wenn Ihr das nicht glauben und hinausposaunen würdet.« Julius ging ein paar Schritte und wandte sich dann noch einmal um. »Sandro, ich erwarte dich morgen Vormittag zum Dienst. Und Ihr, de Soto, begleitet mich in den Vatikan.«
    Mit diesen Worten stieg der Papst in die bereitstehende Sänfte, und Sandro musste zusehen, wie Luis, den er hasste wie niemanden sonst, sich zu seinem Gönner gesellte. Während er der Sänfte nachblickte, fragte er sich, wieso er sich derma ßen ärgerte. Luis war ein abgeschlossenes Kapitel, und er hatte nichts von ihm zu befürchten. Der Papst mochte Luis nicht besonders, aber er war viel zu sehr Machtpolitiker, um sich seine Fähigkeiten nicht zunutze zu machen, so wie damals, als Luis Verhandlungsführer des Heiligen Stuhls bei dem Konzil wurde. Was Julius wohl heute mit ihm zu besprechen hatte?
    Ärgerlich war nur, dass es Menschen wie Luis immer wieder gelang, sich wichtig oder gar unentbehrlich zu machen. Es war ihm in den letzten Monaten gelungen, seine Position in der Ordenshierarchie weiter zu festigen. Luis als Rektor einer der bedeutendsten Jesuitenschulen war fast schon eine Anwartschaft auf das höchste Amt des Ordens, das des Pater Gene - ral
- ein Gedanke, der bei Sandro augenblicklich Übelkeit hervorrief.
    Eine junge Stimme war von hinten zu hören. »Verzeiht, ehrwürdiger Vater.«
    Sandro wandte sich einem Jesuiten zu, der wenig älter als zwanzig Jahre war. Er wirkte schüchtern, hatte aber wache Augen unter dichten Brauen. Die Kindheit war noch nicht ganz von ihm gewichen, was sich auch durch einige Pickel auf Wange und Stirn äußerte. Seine Bräune ließ auf einen Spanier oder Portugiesen schließen. Da er zu jung war, um die Priesterweihe schon zu besitzen, sprach er Sandro pflichtgemäß mit »Vater« an.
    »Ich bin Miguel Rodrigues«, erklärte der junge Mann, »und Luis de Soto ist mein Mentor.«
    Sandro übertrug augenblicklich seine Abneigung gegen Luis auf dessen Assistenten.
    »Mein Beileid«, sagte er.
    Miguel Rodrigues schien die Spitze gelassen zu nehmen und schmunzelte. »Ich habe schon viel von Euch gehört.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Oh, nicht von Bruder de Soto, falls Ihr darauf anspielt. Er spricht so gut wie nie über Euch. Aber Eure Erfolge als Visitator sind bis nach Portugal
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