Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwarze Orden

Der Schwarze Orden

Titel: Der Schwarze Orden
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
überquerten sie die Grenze zwischen Österreich und der Slowakei.
    Die Frau blickte nach draußen, um zu sehen, welche Strecke sie nahmen. Die Straße wand sich die Westflanke des einsamen Tafelbergs hinauf. Als sie das Gipfelplateau erreichten, sah sie das langgezogene einstöckige Gebäude, in dem sie ausgebildet worden war. Es stand an der Abbruchkante eines Steinbruchs. Jetzt wußte sie, mit wem sie sich treffen würde.
    Ihr war zwar klar, daß sie in der Annagasse einen Fehler gemacht hatte, aber sie hatte das Gefühl gehabt, von jemandem beobachtet zu werden. Das sollte ihr Roka, der kleine, dicke Mann neben ihr, später bestätigen. Sobald der Wagen sie in ihrem Hotel in Wien abholen gekommen war, hatte er sie nach allen Regeln der Kunst auszuquetschen versucht.
    »Was ist das schon für eine Sorte Frau, die einem folgt in Kärntnerstraße?«
    »Ich wußte nicht, daß mir jemand folgt.«
    »Du hast dich umgedreht…«
    »Natürlich habe ich das. Aber nur, um zu prüfen, ob du mich beschützt. Ich hab das Zeichen gesehen, daß ich von der Fußgängerzone verschwinden sollte, und sofort reagiert. Was moserst du also die ganze Zeit rum, du Trottel?«
    »Was ist moserst? Und Trottel? Willst du beleidigen Roka?«
    »So oft es geht…«
    Sie hörten auf zu sprechen, als der Wagen vor dem seltsamen Gebäude anhielt. Die Wände waren in einem giftigen Grünton gestrichen. Jedes der wenigen kleinen Fenster war mit einem klapprigen Laden verschlossen. Sobald Roka auf die Zentralverriegelung drückte, stieß die Frau die Tür auf, raffte ihr schwarzes Gewand und stieg aus.
    Du darfst keine Angst zeigen, schärfte sie sich ein. Außerdem hatte sie vor Hassan keine Angst. Wenn ihr etwas Sorgen machte, dann lediglich seine kindischen Spielchen. Als sie auf die schlichte Holztür zuschritt, ging diese auf. Durch ihren Schleier sah sie den braunhäutigen, schlanken Mann, vor dem seine Leute solche Angst hatten.
    »Willkommen«, begrüßte er sie.
    »Ich habe nicht darum gebeten, hierhergebracht zu werden«, entgegnete sie. »Ich wurde wie eine Gefangene bewacht. Was soll dieser Unsinn?«
    »Ich bitte vieltausendmal um Entschuldigung«, sagte der Mann glatt und verbeugte sich tief. »Nach dem, was in der Annagasse passiert ist, dachte ich, du könntest etwas Hilfe brauchen. Ein kleines Zusatztraining.«
    Eine kleine Gehirnwäsche, dachte sie. Sie vermied es tunlichst, ihre Gedanken in Worte zu fassen.
    »Bitte behalte das Gewand und den Schleier an«, fuhr er fort. »Und wenn du jetzt so freundlich wärst, mir zu folgen.«
    Sie wußte, wohin sie gehen würden, wußte, was ihr bevorstand. Nichts in ihrer Miene verriet ihren Ärger über diese unnütze Zeitverschwendung. Hassan zog einen Schlüssel heraus, führte sie durch eine weite gepflasterte Halle, schloß eine Tür auf und schob sie in einen kleinen Raum.
    In eine Wand waren in Augenhöhe drei starke Stroboskoplampen eingelassen, die auf einen hohen Ledersessel in der Mitte des Raumes gerichtet waren. An der weißen Wand hinter dem Sessel waren zwei Filmprojektoren angebracht. Von den beiden Armlehnen des Sessels hing jeweils eine offene Handschelle herab.
    Sie hatte diese Prozedur schon öfter über sich ergehen lassen müssen. Deshalb setzte sie sich, bevor Hassan sie dazu auffordern konnte, in den Sessel. Kaum hatte sie jedoch Platz genommen, merkte sie, es war ein Fehler gewesen, diese selbstbewußte Gleichgültigkeit zu zeigen. Hassan bückte sich, um die Handschellen an ihren Handgelenken anzubringen. Sein orientalisches Gesicht zeigte keinerlei Überraschung – offensichtlich hatte er angenommen, daß sie sich nur deshalb ohne Widerrede gefügt hatte, weil sie innerlich vor Angst bebte. So clever ist er also doch nicht, dachte sie.
    »Du weißt, was jetzt kommt«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    »J-a…«
    Es war ihr gelungen, bange Erwartung vorzutäuschen. »Dann werde ich dich jetzt eine Weile allein lassen, meine Liebe.«
    Sie hörte, wie die Tür hinter ihr zuging und abgeschlossen wurde. Jetzt war es unmöglich für sie, aus dem am Boden festgeschraubten Sessel loszukommen. Aus unsichtbaren Lautsprechern begann seltsame psychedelische Musik auf sie einzudröhnen, ohrenbetäubende wilde Musik. Die Stroboskoplichter begannen zu blitzen – ein blaues, ein rotes und ein grünes. An den Wänden erschienen eigenartige Bilder, Filme von Männern und Frauen, die im Takt der Musik herum zappelten. Ein verführerisches Parfüm drang in ihre Nase, so stark, daß sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher