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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman
Autoren: Franz Tumler
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Fenster hinhalten können, statt sich ihm so auszuliefern, und sie selber hätten sich inzwischen wohl fortstehlen können?
    Je länger die beiden nachdachten, um so weniger kamen sie von einem gewissen Zweifel los: es mußte etwas bei der Sache mitgespielt haben, das sie nicht kannten, ein Zwang, der nicht ein einfaches Muß gewesen war, und der das gemacht hatte: ein Opfer, das noch etwas anderes war als Opfer.
    Auch Bemelman verstand die Sache nicht. Er, der die Geschichte ja sogleich erfahren hatte, als Mitspieler sozusagen, verstand von Susannas Worten: Ich bin hinaus zu ihm und habe ihm zugeredet, nur, was er gesehen hatte. Schon das „Zureden“ glaubte er ihr nicht. Es erbitterte ihn, daß er ihr nicht hatte helfen können. Oh, Gott, diese Frau erbarmte ihn! Und mochte sie ihm auch ins Auge sehen, als ob wahr sei, was sie da erzählte – er wußte doch, was ihr in Wirklichkeit widerfahren war draußen, und jetzt mußte sie weg von dem Hof.
    Das wollte er ihr gleich sagen, nachdem er hinter den zwei Flüchtlingen das Tor zugesperrt hatte, – sie dürfe nicht länger hier bleiben, sie müsse an einen anderen Ort, an einen sicheren Platz, wo ihr niemand nachstellte und sie zwingen konnte.
    Dann überlegte er sichs, genug Aufregung für diese Nacht. Er wollte es ihr am anderen Morgen sagen. Aber am Morgen, als er zum Viehfüttern aufstand, überraschte ihn Susanna damit, daß sie ihre Sachen auf einen Handwagen gepackt und auch ihren Sohn schon angezogen hatte, und ehe er etwas sagen konnte, sagte sie selber, daß sie jetzt gehe.
    Ja, ins Dorf zurück, sagte sie, ich werde dort schon unterkommen. Und wenn heute abend der Leutnant kommt, dann sagen Sie ihm, daß ich fort bin!

Zweites Kapitel
Mehr als wir erfuhren
    Es war schönes Wetter, und man konnte im Wirtsgarten sitzen, als ob es das alte Leben wieder wäre. Die Bauern saßen um den großen grünen Tisch und redeten. Es war kein gewöhnliches Reden, sondern Spott und Gelächter wie eine Zeremonie. Alle kannten dieses Spiel: da brachte einer etwas vor über einen anderen, und die Runde quittierte den Spott mit lautem Hoho, und dann warteten alle gespannt, was der Angegriffene antworten würde, und wenn die Antwort gut war, lachten sie wieder und riefen durcheinander. Es war ein unbarmherziger Spaß, traf es einen schwerzüngigen Mann, der nicht mitkonnte, glitzernde Augen, Wortpfeile, und immer wieder unterbrach das Gewieher die Reden. In Abständen erscholl es unter den Kastanienbäumen. Bemelman hörte es ein wenig beklommen. Aber das Verlangen, mitzuhalten, trieb ihn zu den anderen. Er setzte sich an den Tisch, und nicht lange, ging es auch schon über ihn her.
    Ho, der Bemelman! Und wird immer jünger! Das kommt von der jungen Gesellschaft! Ja, wenn man auch noch eine Junge im Haus hat!
    Bemelman ärgerte sich. Ich hab sie schon nicht mehr, heut früh ist sie mir durch!
    Gelächter. Sie hatten ihn so weit. Einer sagte: Sie ist ihm durch, er sagt wirklich, sie ist ihm durch! Fleißig, Bemelman, fleißig!
    Bemelman war nicht der geschickteste Redner, das wußten alle, und daß er sich jedesmal so rasch hineinspielen ließ in Zorn und Hilflosigkeit, war ihr eigentliches Vergnügen. Aber diesmal kam noch etwas anderes heraus dabei, und das ging auf Kosten der Frau Jorhan. Was redest du, fragten ihn die Leute am Tisch, doch er redete weiter, und da rutschten ihm nun wirklich die merkwürdigsten Geschichten heraus über die junge Frau.
    Darum hatte ihn niemand gefragt, es hatte eigentlich überhaupt niemand etwas gefragt, das über Witz und Anzüglichkeit hinausging. Ein ungeschickter Mensch war dieser Bemelman, voller Gedanken über die Sorgen der anderen, und ratlos wie ein Kind. Um sie loszuwerden, sich mitzuteilen, erzählte er seine Neuigkeiten, redete von zwei Flüchtlingen, verschwieg nicht, daß sie bei ihm gewohnt und gearbeitet hatten, weil eben Frau Jorhan ihn gebeten habe, sie aufzunehmen, leider, denn wie sich nun gezeigt habe, zu ihrem Schaden, wie überhaupt all ihr Gutsein immer wieder zu ihrem Schaden geführt habe. Erst neulich sei ein ganzer Trupp Soldaten bei ihm erschienen, eine betrunkene Rotte zu Pferd, und die Jorhan habe es ihnen auch recht machen wollen, habe ihn um Essen gebeten für diese Gesellschaft, aber was habe sie nun davon gehabt, die Leute seien zwar abgezogen, aber ihr Anführer Kolja, der sei nun alle Tage zu ihr gekommen, ganz ungeniert am hellen Tag, und habe sie belästigt, und zuletzt gestern, spät nachts, und da
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