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Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
Autoren: R.J. Ellory
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Adams Street stauten sich die Fahrzeuge. Hinter der Polytechnic University bogen sie rechts ab. Auf der Jay Street kamen sie besser voran und erreichten schließlich Cathedral Place. Parrish konnte bereits das rote Flackern der Lichtbalken auf den Streifenwagen erkennen. Sie bremsten scharf. Parrish stieg aus und befahl dem Uniformierten, zurück zum Revier zu fahren. Links von Parrish lag ein leerer Parkplatz, auf dem ein heruntergekommenes Coupé mit der Ausstrahlung eines traurigen Hundes stand. Unter der Motorhaube schaute eine Handvoll goldgelber Blumen hervor.
    Hinter den Absperrbändern lag Danny Lange mit ausgestreckten Gliedmaßen auf dem Boden, den Kopf in einem merkwürdigen Winkel verdreht und mit einem Ausdruck milden Erstaunens im Gesicht. Er blickte in Richtung der Kirche am Ende der Straße. Dort oben befand sich ein Neonschriftzug, dessen von Smog und Schmutz überzogene Röhren eine Botschaft verkündeten, die Parrish sehr vertraut war. Die Sünde wird dich einholen. Ach was, Sherlock, hatte er gedacht, als er sie zum ersten Mal bemerkt hatte.
    »Hast du ihn schon umgedreht?«, fragte Parrish Paul Hayes.
    »Gar nichts hab ich gemacht«, erklärte Hayes.
    »Ganz der Alte also«, bemerkte Parrish scherzhaft.
    »Leck mich, Parrish«, erwiderte Hayes, konnte ein Lächeln aber nicht unterdrücken. »Einen halben Block von hier gibt es einen Deli. Kann ich dir irgendwas mitbringen?«
    »Sieh zu, ob du mir ein paar starke Vicodin besorgen kannst. Ansonsten Aspirin. Und eine Tasse Kaffee. Schwarz und stark.«
    Hayes verschwand.
    Parrish ging in die Hocke und untersuchte mehrere Minuten lang schweigend den Leichnam. Ihm war bewusst, dass die Dunkelheit schnell hereinbrechen würde. Er spürte die Blicke der Uniformierten aus den Streifenwagen.
    Danny hatte Blut verloren, aber nur wenig. Das war nicht ungewöhnlich für solch ein kleines Kaliber. Zu der Frage, ob Danny hier tatsächlich gestorben war, würde er die Meinung des Gerichtsmediziners abwarten müssen. Einstweilen wusste er nur, dass die Leiche hier gefunden worden war. Parrish zog Latexhandschuhe über, durchsuchte Dannys Taschen und fand knapp hundert Dollar, die er diskret in seinen Schuh stopfte. Kein Ausweis, kein Führerschein, keine Brieftasche, keine Uhr. Trotz dieser fehlenden Gegenstände handelte es sich wohl nicht um einen Raub. Danny Lange war kein Mann, der eine Uhr trug oder eine Brieftasche bei sich hatte. Er war übrigens auch kein Mann, der sich wusch. Der Tod hatte Dannys charakteristischen ranzigen Geruch nicht gemildert.
    Das Loch in seiner Kehle war die einzige Wunde. Eine Eintrittswunde; wieder ausgetreten war die Kugel nicht. Es sah aus, als wäre die .22er in einem steilen Winkel nach oben gerichtet gewesen; die Kugel befand sich noch in seinem Kopf. Diese kleinen Kaliber hatten nicht genug Kraft für einen Durchschuss; sie prallten im Schädel einfach hin und her wie bei einem rasanten Fahrgeschäft auf dem Jahrmarkt. Dabei trafen sie oft genug auf die innere Wand des Kraniums, um völlig zusammengequetscht zu werden. Es war schwierig, noch irgendwelche Erhebungen, Rillen oder Riefen auszumachen. Parrish schob seinen kleinen Finger in die Eintrittswunde. An den ersten zwei oder drei Zentimetern war sie noch feucht, was ihm verriet, dass Danny seit höchstens zwei Stunden tot war. Danny Lange war ein kleiner Fisch. Kein Geld, keine Zukunft, kaum irgendwas. Wahrscheinlich hatte er jemanden gegen sich aufgebracht, ihn übers Ohr gehauen oder mit etwas gedealt, bei dem es sich allzu offensichtlich um ein Baby-Laxans oder Backnatron handelte. Und das war’s. Immer dasselbe und immer Krieg. Parrish kannte seinen Cormac McCarthy. Der alte Richter in Die Abendröte im Westen sagte: »Es ist unerheblich, was die Menschen über den Krieg denken. Der Krieg überdauert. Bevor es den Menschen gab, wartete der Krieg schon auf ihn … So ist es, und so wird es immer sein.«
    Der Krieg hatte Danny Lange erreicht, und jetzt war er eines seiner zahllosen Opfer.
    Frank Parrish rief einen der Uniformierten zu sich, reichte ihm ein Paar Handschuhe und wies ihn an, ihm dabei zu helfen, das Opfer auf die andere Seite zu rollen. Und das taten sie. Danny hatte sich vollgeschissen.
    »Haben Sie den Leichenbeschauer gerufen?«, fragte Frank.
    »Ja, Sir, das habe ich.«
    »Guter Mann. Sie warten hier und behalten ihn im Auge. Passen Sie auf, dass er nicht abhaut. Ich werde mit meinem Freund einen Kaffee trinken, und ich spreche mit dem Deputy
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