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Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
Autoren: R.J. Ellory
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einen Satz nach vorn zu machen, als Tommy das Rasiermesser erneut ansetzt und sich die eigene Kehle durchschneidet.
    Um das zu tun, braucht man eine Menge Mumm, wird Frank später sagen. Man braucht Nerven aus rostfreiem Stahl, um sich selbst die Kehle durchzuschneiden, und zwar so tief, wie Tommy es getan hat.
    Tommy hatte bis dahin kein Blut verloren. Und er ist kein zartes Kerlchen. Er muss eins achtzig groß sein und knapp achtzig Kilo wiegen, und als er seine Halsschlagader öffnet, spritzt es heraus wie aus einem Hydranten an einer Straßenecke im Hochsommer.
    Frank bekommt etwas von dem Blut in den Mund. Es spritzt in seine Augen, seine Haare und auf sein T-Shirt. Während er sich müht, den jungen Mann festzuhalten, ihn hochzuheben, aus der Wanne zu bugsieren und auf den Boden zu legen, damit er mehrere Finger auf die Wunde pressen und den Blutfluss zum Stoppen bringen kann … während dieser Sekunden fragt er sich, ob Tommy Scott wohl HIV -positiv ist, ob er AIDS oder Hepatitis oder sonst was haben könnte.
    Zwei Minuten, bestenfalls drei, und Heather Wie-immer-sie-heißt wird mausetot sein.
    Frank Parrish schafft es irgendwie, die beiden aus der Wanne zu tragen. Später wird er nicht sagen können, wie er das geschafft hat. Es ist ein einziges Durcheinander verdrehter Arme und Beine. Überall Blut. Mehr Blut, als er jemals gesehen hat. Er kniet über Tommy Scott, der jetzt auf dem Badvorleger zuckt und pausenlos brabbelt, als hätte er die Finger in einer Steckdose. Und das Blut hört nicht auf zu fließen. Frank hält den Hals des jungen Mannes fest genug umklammert, um den armen Kerl zu ersticken, doch das Blut fließt mit einer irrsinnigen Kraft weiter, fließt weiter, fließt weiter …
    Heather ist tot. Ein lebloser Körper. Keine Chance.
    Scheiße, Frank. Das ist das Letzte, was Tommy Scott sagt. Die Worte klingen erstickt durch das Blut in der Kehle, doch Frank hört ihn klar und deutlich.
    Er stirbt mit einem Lächeln auf den Lippen, als glaubte er, dass das, was ihn nun erwartet, auf jeden Fall besser sein muss als das, was er hinter sich lässt.
    Frank lehnt sich gegen den Rand der Badewanne. Er ist von oben bis unten voller Blut, das langsam zu trocknen beginnt. Der Unterhändler taucht im Badezimmer auf und zögert keine Sekunde, ihm zu erklären, dass er es versaut hat und was er hätte sagen müssen, um die beiden zu retten.
    Sie zu retten?, fragt Frank zurück. Wozu genau?
    Und der Unterhändler erwidert seinen Blick mit diesem Ausdruck, den sie alle so gut beherrschen. Ich weiß über Sie Bescheid, sagt dieser Ausdruck. Ich weiß genau über Sie Bescheid, Frank Parrish.
    Und Frank sagt: Verpiss dich!
    Irgendwann einmal – er kann sich nicht erinnern, wann – hat jemand Frank gefragt, warum er sich für den Job entschieden hat.
    Frank weiß noch, dass er gelächelt hat. Dass er gesagt hat: Ist Ihnen mal die Idee gekommen, dass der Job sich für mich entschieden haben könnte?
    Mühsam kommt er auf die Beine und macht sich auf die Suche nach einer Zigarette.
    2
    An der Ecke der Nevins Street gegenüber Wyckoff Gardens telefonierte Frank Parrish.
    »Bist du zu Hause?«, fragte er.
    Klar, Süßer, ich bin zu Hause.
    »Ich komme rüber. Ich brauche ein Bad und frische Kleidung.«
    Wo bist du?
    »Auf der Nevins, ungefähr sechs Blocks von dir entfernt.«
    Dann bis gleich.
    Er steckte sein Handy in die Tasche und machte sich auf den Weg zur U-Bahn-Station an der Ecke Bergen Street und Flatbush Avenue.
    »Mein Gott, was ist denn mit dir passiert?«, fragte sie, als sie die Tür öffnete. Als er an ihr vorbeiging, rümpfte sie die Nase.
    Er blieb stehen, drehte sich um und ließ die Arme hängen. Seine Handflächen zeigten nach außen, wie um zu signalisieren, dass es nichts gab, was sie nicht von ihm wusste, nichts, das er jemals vor ihr verbergen könnte.
    »Er hat dieses Mädchen umgebracht, und dann sich selbst. Hat sich die eigene Kehle aufgeschlitzt.« Er spürte die Kruste von getrocknetem Blut in seinen Haaren, seinen Nasenlöchern, seinen Ohren und zwischen seinen Fingern.
    »Ich hab das Badewasser einlaufen lassen«, sagte sie.
    Er trat auf sie zu und lächelte. »Eve, meine Süße … wenn du nicht wärst, hätte mein Leben so gut wie keinen Sinn.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du quatschst Bockmist, Frank. Und jetzt geh, um Himmels willen, baden.«
    Er drehte sich um und ging durch den Flur. Von irgendwoher hörte er Musik – »The Only Living Boy In New York«.
    Mit feuchten Haaren
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