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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: A. J. Kazinski
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darüber, dass Pfingsten ist und dass es frisch gebackenes Brot gibt. Auch ich sage das Gleiche. Das, was ich in all den Jahren gesagt habe: nichts. Nicht ein Wort ist aus meinem Mund gekommen.
    »Und dann habe ich noch eine Überraschung für dich. Rate mal, wer gerade angerufen hat. Er ist unterwegs.«

10.
    Islands Brygge, 09.10 Uhr
    Spring ist ein gutes Wort, dachte Niels. Zu gut? Hatte er es falsch angewendet? Wenn du springst, springe ich auch. Spring . Das englische Wort für Frühling. Etwas, was man im Leben tut, wenn man seinen Ambitionen oder Lüsten folgt. Hätte er nur gesagt: Wenn du Selbstmord begehst, mache ich das auch. Aber hätte das etwas geändert? Nein. Wenn, dann hätte er etwas ganz anderes sagen müssen. Oder noch besser: gar nichts.
    »Wie ist es gestern gelaufen?«
    Hannah stand in der Tür, mit nassen Haaren, eine Tasse Kaffee in der Hand. »Ich habe dich nicht nach Hause kommen hören, hast du auf dem Sofa geschlafen?«
    »Ich wollte dich nicht wecken.«
    Niels setzte sich und sah auf die Uhr. Viertel nach neun. Er wollte aufs Präsidium. Eine Obduktion der Frau verlangen. Und sich die Aufnahme des Einsatzes noch einmal anhören. Vielleicht war ihr letztes Wort darauf ja zu verstehen – das eine Wort, das ihr anscheinend so wichtig gewesen war, das aber bei ihrem Sprung im Raunen des Pöbels untergegangen war.
    »Was war denn gestern los?«
    »Ach, nichts Besonderes.«
    »Nichts Besonderes?«
    »Nein, der Fall war gelöst, bevor ich da war«, sagte Niels und verschleierte die Lüge mit einer Gegenfrage. »Gibt es noch heißes Wasser?«
    »Da musst du fünf Minuten warten.«
    »Dann dusche ich kalt.«
    Warum log er sie an? Um nicht wie ein Verlierer dazustehen und sich noch tiefer in eine Richtung zu stoßen, in der er ziemlich unangenehm werden konnte. Denn es stimmte, wenn er so war, konnte sie ihn nicht ertragen.
    Im Badezimmer legte er seine Unterwäsche nicht in den Wäschekorb. Er wollte sie mitnehmen. Konnte sich eigentlich schon auf den Abschied vorbereiten. Er drehte die Dusche auf. Dieser ganze Mist mit dem Wasser hatte irgendetwas mit den Rohren im Keller zu tun. Verdammter Neubau. Als Ersatz hatten sie 5-Liter-Boiler in jedem Badezimmer montiert bekommen. Aber das reichte gerade, um sich die Haare einzuseifen, nicht aber zum Ausspülen. Hannah rief ihm etwas aus der Küche zu. Niels antwortete mit einem Nein, ohne überhaupt die Frage verstanden zu haben. Willst du diese Frau – Hannah – zu deinem angetrauten Weibe nehmen? Nein, nein, verdammt – es war ein Fehler. Sie liebt mich nicht. Sie hat sich zurückgezogen. In sich selbst. Weg von mir. Wieder drängte sich ihm eine glückliche Erinnerung auf: ihre erste Reise – Südengland. Allein am Stone henge. Das war Hannahs Idee. Sie lehnt sich an einen Stein. Küsst ihn, flüstert etwas von der Sommersonnenwende. Von der vollkommenen Finsternis. Sie hatten keine Ahnung gehabt, wo sie in der Nacht schlafen sollten. Irgendwo in einem Dorf. Bier in einem Pub, Liebe in einem fremden Bett.
    Los, unter die kalte Dusche. Draußen blauer Himmel, verbrannte Blätter.

11.
    Islands Brygge, 09.25 Uhr
    Wann soll das Urteil fallen? Und wie sollte es ausgeführt werden?
    Hannah stand am Fenster und sah Niels über den Parkplatz gehen. Er wirkte unruhig. Irgendwie konfus. Seine Augen wussten nicht, wohin sie schauen sollten, und seine Hände waren zu keiner Zeit ruhig gewesen. Hannah hatte keinen Zweifel: Es war etwas passiert, das er nicht mit ihr teilen wollte. Vielleicht war er in der Nacht zu spät gekommen? Aber sein Verhalten verletzte sie nicht. Sie hatte genug mit sich selbst zu tun. Mit dem Verfahren, der Entscheidung, ob ihr ungeborenes Kind leben oder sterben sollte.
    Hannah hatte Niels letztes Jahr kennengelernt. Sie war geschieden und hatte sich irgendwie am Ende ihres Lebens gefühlt, als Niels aufgetaucht war. Er hatte sie am Rand eines Stegs getroffen, auf dem sie geangelt hatte. Ihr Projekt war damals, nur Dinge zu tun, die sie nicht gemacht hatte, als Johannes noch am Leben gewesen war. Fischen, Joggen, Heckeschneiden, Rauchen. Nur Sachen, die sie nicht mit Johannes verband.
    Johannes . Ihr geliebter Sohn. Er hatte sich noch vor seinem fünfzehnten Geburtstag das Leben genommen. Sie und Gustav hätten nie ein Kind bekommen dürfen. Zu viel Ähnlichkeit. Zu viel Hirn. Das Produkt war Johannes gewesen. Ein Kind, das be reits als Zweijähriger bemerkenswerte Fähigkeiten hatte. Der aber auch fürchterlich litt und
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