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Der Schiffsjunge der Santa Maria

Der Schiffsjunge der Santa Maria

Titel: Der Schiffsjunge der Santa Maria
Autoren: Frank Schwieger
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Seite und krümmte sich vor Schmerzen.
    »Jetzt reicht’s«, sagte der Steuermann. »Los, Junge, geh raus und such den Schiffsarzt!«
    »Wer ist das?«, fragte Luis.
    »Du wirst ihn schon finden, das Schiff ist ja nicht groß.«
    Luis stürmte aus der Ruderkammer. Tatsächlich gelang es ihm, den Arzt schnell zu finden. Dieser konnte dem kranken Ramon allerdings nur wenighelfen. Er legte ihn auf eine Decke in eine geschützte Ecke des Schiffes und gab ihm eine Medizin, die seine Bauchschmerzen lindern sollte. Das tat sie tatsächlich, doch dafür fiel ein heißes Fieber über Ramon her, das ihm noch schlimmer zusetzte als die Krämpfe in seinem Bauch.
    Als der Arzt Ramon aufhob und wegtrug, wollte Luis ihm folgen und fragen, ob er etwas für den Kranken tun könne. Da hielt der Steuermann ihn am Arm fest.
    »Hiergeblieben!«
    »Aber ich wollte doch nur   …« Luis schaute erschrocken in das sonnengegerbte Gesicht des Mannes.
    »Du bleibst hier und setzt dich an die Ampolleta. Du bist doch ein Schiffsjunge, oder?«
    Luis’ Herz machte noch einen Satz. »Klar bin ich ein Schiffsjunge!« Er strahlte übers ganze Gesicht. »Der Schiffsjunge der Santa Maria.«

Über die Planke
    Volle drei Tage wurde Ramon von heftigen Fieberkrämpfen geschüttelt. Einige Männer glaubten schon, dass er die Kanarischen Inseln nicht mehr lebend erreichen würde. Und volle drei Tage lang tat Luis seinen Dienst an der Ampolleta und drehte sie jede halbe Stunde um, so zuverlässig und gewissenhaft, dass ihn sogar der mürrische Steuermann am Abend des dritten Tages in Gegenwart des Admirals lobte.
    »Und, Peralonso, wie macht sich der Junge?«, hatte Kolumbus gefragt.
    »Gar nicht so übel«, grummelte der Steuermann. »Wirklich, gar nicht übel. Er behält die Ampolleta stets im Auge und stellt sich auch sonst nicht ungeschickt an. Er ist der beste Schiffsjunge, mit dem ich bisher gefahren bin.«
    Luis, der gerade die Sanduhr umdrehte und jedes Wort gespannt mithörte, bekam vor Stolz ganz heiße Ohren.
    »Nun denn«, sagte der Admiral und strich sichübers Kinn. »Das konnte man von Ramon ja nicht behaupten, oder?«
    Der Steuermann nickte.
    »He, Miguel!«, rief Kolumbus.
    Luis brauchte einen halben Augenblick, um zu begreifen, dass er gemeint war. »Meint Ihr mich, Don Christoph?«
    »Ja, wen denn sonst? Siehst du hier noch einen anderen Miguel?«
    Luis schüttelte verlegen den Kopf.
    »Du scheinst ein guter Schiffsjunge zu sein, obwohl du noch recht jung bist. Du hast dich doch auf mein Schiff geschlichen, um über den großen Ozean zu fahren, nicht wahr?«
    Luis presste die Lippen aufeinander und nickte.
    »Hör zu, ich werde dich nicht über Bord werfen lassen. Und du musst auch nicht auf den Kanarischen Inseln von Bord gehen. Wenn du nicht willst.«
    Luis hielt den Atem an. Er merkte, wie ihm eine prickelnde Gänsehaut über die Arme lief. »Ich würde gerne auf Eurem Schiff bleiben«, sagte er leise.
    »Das kannst du«, sagte Kolumbus. »Hiermit ernenne ich dich zum ersten Schiffsjungen der Santa Maria. Du wirst während der gesamten Fahrt dafür verantwortlich sein, dass die Ampolleta regelmäßigumgedreht und der Wachwechsel pünktlich angesagt wird.«
    Luis’ Ohren glühten jetzt so rot wie die Kohlen in der Feuerkiste des Schiffskochs.
    »In deinen Pausen wird Jacomo dich vertreten.«
    Luis hatte den Matrosen Jacomo bereits kennengelernt: ein lustiger junger Mann aus Italien, der nur gebrochen Spanisch sprach. Mit dem würde er sich gut verstehen.
    »Und Polifemo, der natürlich weiterhin sein Auge auf dich werfen wird. Falls es dir doch noch einfallen sollte, Unsinn zu machen.«
    Luis biss sich auf die Unterlippe. Allein der Gedanke an den Finsterling mit der schwarzen Augenklappe jagte ihm einen kalten Schauder über den Rücken. Sie hatten seit drei Tagen kein Wort mehr miteinander gewechselt, aber Luis hatte schon ein komisches Gefühl in der Magengegend, wenn er den Einäugigen nur sah.
    »Und was machen wir mit Ramon?«, fragte Peralonso, der Steuermann.
    »Der kann bleiben«, sagte Kolumbus. »Falls er wieder auf die Beine kommt. Der Koch braucht noch einen Gehilfen. Einen, der das Feuer anheizt, die Teller abwäscht und die verfaulten Sachen aussortiert.«
    Peralonso grinste. »Na, darüber wird Ramon sich ja freuen.«
    Kolumbus zuckte mit den Schultern. »Ich gehe in meine Kajüte, muss noch ein paar Sätze ins Bordbuch schreiben.«
     
    Ramon kam tatsächlich wieder auf die Beine. Am nächsten Morgen sah Luis ihn
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