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Der Schiffsjunge der Santa Maria

Der Schiffsjunge der Santa Maria

Titel: Der Schiffsjunge der Santa Maria
Autoren: Frank Schwieger
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Piratenkapitän, der durch die Weltmeere fährt und friedliche Handelsschiffe kapert. Der Mann war damit beschäftigt, die herangebrachten Kisten auf einer Liste abzuhaken. Luis sah, dass es drei Jungen waren,etwas älter als er, die noch einige Kisten an Bord brachten und unter Deck verstauten. Sie holten sie von einem Wagen direkt vor dem Schiff.
    »Jetzt oder nie!«, flüsterte Luis, als die drei für einen Augenblick unter Deck verschwanden. Er lief zu dem Wagen, schnappte sich eine Kiste, die nach gedörrtem Fisch roch, und ging damit wie selbstverständlich über die Planke hinauf auf das Schiff.
    Heilige Mutter Gottes, betete er im Stillen, lass diesen Finsterling keinen Verdacht schöpfen!
    Doch als er den Einäugigen passieren und in der Ladeluke neben dem Großmast verschwinden wollte, hörte er ein knurrendes »Wer bist du denn?«.
    Luis blieb wie angewurzelt stehen. Die Stimme ließ ihn erschaudern.
    »Ich?«
    »Ja, du. Wen soll ich denn sonst meinen?«
    Luis zuckte mit den Schultern.
    »Ich bin, äh, mein Name ist Miguel.«
    »Und was machst du hier?«
    »Na, das Schiff beladen.«
    »Ich dachte, ihr seid nur zu dritt.« Der Matrose starrte ihn mit seinem einen Auge durchdringend an. Unter diesem Blick begann sich Luis’ schöner Plan in Luft aufzulösen.
    »Nee«, stammelte er, »wir sind zu viert. Ich konnte erst jetzt kommen, hatte noch was anderes zu tun.«
    »Nun denn«, brummte der Einäugige und faltete seine Liste zusammen. »Ich sehe, ihr habt alles geliefert.« Er wies zu dem fast leeren Wagen. »Ich bin gleich wieder da, hab noch eine Kleinigkeit an Land zu erledigen. Wenn ich zurück bin, seid ihr verschwunden. Ist das klar?«
    »Sonnenklar«, sagte Luis. »Wir sind sofort fertig.«
    »Das will ich hoffen. Also, beeil dich!«
    Als der Mann gerade das Schiff verlassen wollte, fragte Luis ihn: »Und ihr fahrt wirklich nach Asien?«
    Der Einäugige drehte sich langsam um. »Ja«, murmelte er. »Das ist der Plan. Aber ob wir dort ankommen   … Ob wir jemals zurückkommen, das weiß nur der Herrgott.«
    »Hast du keine Angst?«
    Der Matrose schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe schon zu viel erlebt. Ich habe vor nichts mehr Angst.« Dann ging er über die Planke an Land und verschwand im Gewirr der Gässchen.
    Im selben Moment hörte Luis Stimmen aus der offenen Ladeluke. Das mussten die drei Jungen sein, die nach oben kamen, um die letzten Kisten zu holen.Wohin sollte er verschwinden? Er sah sich um. Da, die Feuerkiste! Ein paar Schritte Richtung Bug stand der eiserne Ofen, auf dem während der Fahrt die warmen Mahlzeiten gekocht wurden. Luis stellte seine Kiste mit Trockenfisch an den Mastfuß und konnte sich gerade noch rechtzeitig hinter dem Ofen verstecken. Die drei Jungen verließen das Schiff und gingen zum Wagen.
    Luis nutzte die Gelegenheit, stieg flink durch die Luke in den Bauch des Schiffes hinunter und versteckte sich in der dunkelsten Ecke des Laderaums. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er hatte die Knie an die Brust gezogen und betete unentwegt zur Jungfrau Maria, dass die drei Jungen ihn nicht entdecken mögen. Doch das taten sie nicht. Nachdem sie den Laderaum noch zweimal betreten und die letzten Kisten abgestellt hatten, kamen sie nicht wieder.
    Luis war allein auf dem Schiff. Erst jetzt merkte er, dass er Hunger hatte, gewaltigen Hunger! Er hatte ja den ganzen Tag nichts gegessen. Der Laderaum war bis unter die Decke vollgestopft mit Proviant in Kisten, Kästen, Fässern und Säcken. Luis ging einfach seiner Nase nach. Schon nach kurzer Zeit hatte er geräucherten Schinken und frischen Zwiebackgefunden. Er nahm beides mit in sein Versteck und schlug sich den Bauch zum Platzen voll. Bald darauf schlief er ein, erschöpft von der Aufregung des Tages. Er wachte erst wieder auf, als er am nächsten Morgen in das überraschte Gesicht eines Matrosen blickte.
    »Beim heiligen Jakob! Was machst du denn hier?«, schimpfte der Mann.
    »Sind wir schon ausgelaufen?«
    »Schon seit Stunden. Du kommst sofort mit zum Admiral! Das gibt’s ja wohl nicht, ein blinder Passagier!«
    Luis spürte, wie das Schiff auf den Wellen des Meeres schwankte. Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Nach Zipangu
    Der Matrose zerrte Luis hinauf auf das Deck. Die Sonne blendete ihn. Er hielt sich die Hand vor die Augen.
    »Du wartest hier!«, schnaubte der Mann. »Ich hole den Admiral.«
    Luis schaute sich mit zusammengekniffenen Augen um. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, es musste gegen Mittag
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