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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
Autoren: Maggie Furey
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Söldnerin zum ersten Mal begegnet war, hatte er sie kurzerhand als ein ungebildetes altes Weib abgetan, das unflätige Reden führte und einen Hang zur Gewalt hatte. Aber jetzt, angesichts ihres ruhigen, nüchternen Benehmens, änderte er seine Meinung zusehends. Sie hatte ihm erzählt, dass sie während ihrer Wanderzeit gelernt hatte, von dem zu leben, was das Land hergab. In ihrer augenblicklichen Zwangslage würden ihre Kenntnisse und Fähigkeiten sie beide am Leben erhalten, bis Hilfe eintraf.
    Nach der alten Kriegerin zu urteilen, waren sie wenigstens an einem guten Platz gelandet. »Sieh dich um«, sagte sie mit schwungvoller Gebärde. Zavahl sah sich um, aber er sah nichts weiter als einen langen unwirtlichen Küstenstreifen. Das sollte ein guter Platz sein? Hatte die Frau den Verstand verloren? Große rasiermesserscharfe Felsenriffe schoben sich in den Ozean hinaus und verschwanden in der schäumenden Gischt. Der abschüssige Strand war steinig: zum Wasser hin lagen glatte, runde Kiesel, die das Gehen schwer machten, näher zur Klippe und am Fuß der Böschung standen riesenhafte Felsbrocken, manche haushoch, die unter den unerbittlichen Kräften der See von der Steilküste abgebrochen waren.
    Zavahl fühlte sich von der Kälte seiner Umgebung eingeschüchtert. Der Himmel war grau von einer hohen Decke schnell ziehender Wolken, die See sah stählern aus, was ihn schaudern machte, und an dem blanken Fels der Klippe wuchs überhaupt nichts. Es schien, als sei alle Farbe und Wärme der Welt versickert. Ein kalter schneidender Wind, feucht von salziger Gischt, wimmerte und schluchzte zwischen den Steinen, und die Schreie der Seevögel mischten dem Rollen und Seufzen der Brandung einen beständig klagenden Ton bei.
    Zavahl fröstelte. Er sehnte sich aus ganzem Herzen danach, heimzukehren – aber nicht nach Tiarond. Erstaunt merkte er, dass das ersehnte Heim nicht die düstere Gebirgsstadt war, die er regiert hatte, sondern das helle, behagliche Zimmer in Ailies Dorfgasthaus.
    Toulac durchbohrte seine wehmütigen Gedanken mit einem kräftigen Rippenstoß. »Ich habe gesagt: sieh dich um, und nicht: steh verträumt da.«
    »Warum?«, brummte Zavahl. »Hier gibt es nichts, was sich anzusehen lohnt.«
    Toulac grinste. »Doch, wenn man weiß, wonach man zu suchen hat. Hier ist es vielleicht kalt und stürmisch und abschreckend, aber das kommt einem nicht mehr so vor, wenn man sich eine Schutzhütte gebaut und ein Feuer angezündet hat.« Sie klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn du erst einmal etwas Warmes zu essen im Bauch hast, fühlst du dich wie zu Hause.«
    Zavahl kam nicht umhin sich darüber zu ärgern, dass sie, obwohl nur in Kniehosen und Hemd, offenbar nicht fror. Sie war fast doppelt so alt wie er – wie in Myrials Namen schaffte sie das? Er blickte sie wütend an. »Und wo soll dieses warme Essen herkommen?«
    »Die Meeresküste ist der beste Platz zur Nahrungssuche, den ich kenne. Es gibt alle Arten von Speisen direkt vor unserer Nase. Mach dir keine Sorgen, du lernst bald jeden Kniff, und wenn der Tag um ist, wirst du eine Menge darüber wissen, wie man in der Wildnis überlebt. Doch im Augenblick überlasse die Sache mit dem Essen mir. Ich weiß, wonach ich suche. Du sammelst alles Nützliche, was du finden kannst. Und jetzt, mein Junge, bewegen wir uns besser. Sich an einem kalten Strand den Hintern abzufrieren bringt gar nichts. Denke daran, wir brauchen Treibholz fürs Feuer – soviel du tragen kannst. Halte auch nach langen, dicken Stücken Ausschau, aus denen man eine Hütte bauen kann.«
    »Aber könnten wir nicht einfach in einer Höhle unterschlüpfen?«, fragte Zavahl.
    Toulac verdrehte die Augen zum Himmel. »Siehst du irgendwo eine?«
    »Nun, das nicht, aber …«
    »Unglücklicherweise hat man im wirklichen Leben nie eine Höhle zur Hand, wenn man sie braucht. Und wenn doch, dann sind sie gewöhnlich feucht, eng, neigen zum Steinschlag, sind schwer zugänglich oder werden bereits von einem Bär bewohnt. Aber trotzdem, falls du zufällig eine findest, die brauchbar ist, wäre das eine große Hilfe. Und wenn du schon die Felswand danach absuchst, achte auch auf Süßwasser. Es gibt vielleicht eine Quelle oder ein Rinnsal, das von der sumpfigen Gegend da oben herunterkommt.«
    Zavahl nickte. »Sonst noch etwas?«
    »Darauf kannst du wetten.« Toulacs Augen funkelten. »So ein Küstenstreifen kann eine wahre Fundgrube sein. Bei rauem Wetter wird lauter Zeug von Bord gespült. Die Leute werfen
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