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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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mich unmöglich von einem Tag auf den anderen in einen stinknormalen Pensionsgast verwandeln kann - schon gar nicht, wenn sie dauernd darauf achtet, ob ich Migräne habe, und Sie mich zu mästen versuchen.« Er stopfte das Shirt in seinen Seesack. »Aber danke, dass Sie es gesagt haben.«
    »Bleiben Sie in Kontakt?«
    »Aber sicher.«
    Daisy glaubte ihm nicht. »Ich weiß, Sie halten Jackson für willensstark und unverwüstlich, aber das ist größtenteils Fassade. In Wirklichkeit sorgt sie sich um alles. Sie wird sich auch um Sie sorgen.«

    »Bei der Polizei kann sie jederzeit erfahren, wo ich gerade bin. Ich muss mich jede Woche melden, für den Fall, dass ich weiterhin als Zeuge gebraucht werde.«
    »Dass Sie das brav tun werden, kann ich mir genauso wenig vorstellen«, sagte Daisy. »Sie werden verschwinden, und wir werden uns Gedanken machen, wo Sie sind und was aus Ihnen geworden ist.«
    Acland sah sie einen Moment schweigend an. »Bei Chalky hat’s geklappt«, sagte er.
     
    Jones hatte die gleichen Zweifel geäußert wie Daisy, als Acland ihn am Montagmorgen aufsuchte, um ihm mitzuteilen, dass er am folgenden Tag aus dem Bell ausziehen werde. Da er nicht mehr unter Verdacht stand, konnte er sich nun wieder frei bewegen. »Haben Sie vor, sich aus dem Staub zu machen, Lieutenant?«
    »Nein.«
    »Und wie zuverlässig ist Ihr Versprechen?«
    »So zuverlässig wie immer.«
    Der Superintendent nickte. »Trotzdem möchte ich gern sicher sein, dass Sie wirklich wissen, was hier auf dem Spiel steht. Wir werden auch ohne Sie eine Verurteilung bekommen - aber ob sie gerecht sein wird, bezweifle ich. Jen Morley kann Ihnen unwidersprochen nachsagen, was sie will, wenn Sie beim Prozess nicht da sind, um sich zu verteidigen.«
    »Um mich geht es bei dem Prozess nicht.«
    »Aber um Ihren guten Namen und um den Ruf von Jen Morleys Opfern. Tote haben keine Stimme. Je schwärzer sie sie malt, desto besser stehen ihre Chancen.«
    Acland zögerte. »Aber vielleicht läuft es ohne mich viel besser für Sie«, sagte er. »Wenn man zwischen Quasimodo und Uma Thurman entscheiden soll, kann ich mir nicht denken, dass die Geschworenen Quasimodo glauben werden.«
    Jones war amüsiert. »Sie haben nicht die richtige Figur für Quasimodo, Charles. Dann schon eher Dracula.«

    »Das Problem bleibt das gleiche - die Schöne gegen das Biest -, und ich weiß gar nicht, ob mir das alles wert ist, Superintendent. Mein guter Name hat mir bisher nicht viel eingebracht.«
    »Dann gehen hier unsere Ansichten auseinander«, sagte Jones. »Ich habe nämlich große Achtung vor Lieutenant Acland.« Er suchte nach einer Reaktion im Gesicht des jungen Mannes und schüttelte den Kopf, als er keine entdecken konnte. »Dr. Jackson hat recht. Sie sind viel zu scharf auf die Märtyrerrolle, mein Freund - das ist der unerfreulichste Zug an Ihnen. Ihre Stärke ist der Kampf.«
    »Aber ich darf nicht mehr kämpfen.«
    »Es führen viele Wege zum Ziel. Wählen Sie einen gerichtlichen Kampf. Streiten Sie.«
    »Für wen?«
    »Zunächst einmal für drei Tote. Gerechtigkeit bekommt man nicht umsonst. Man muss für sie kämpfen.«
    Acland fragte sich, ob Jones bewusst war, dass er das Vokabular der Politiker benutzte, die Kriege rechtfertigen wollten. Aber Befriedigung fand man letztlich nur, wenn man seine eigenen Kämpfe ausfocht. »Ist Gerechtigkeit nicht Aufgabe der Polizei?«, fragte er gelassen.
    »Natürlich«, stimmte Jones zu, »aber allein können wir die Aufgabe nicht bewältigen. Sie wären auf jeden Fall als Zeuge vernommen worden, ganz egal, wie sich die Dinge entwickelt hätten. Ihre Beziehung zu Jen Morley wäre unter die Lupe genommen worden, sobald wir sie als Verdächtige vernommen hätten.«
    »Sie vergessen, dass ich Sie zu ihr geführt habe. Wäre ich nicht nach Bermondsey zurückgekehrt, tappten Sie jetzt noch im Dunkeln.«
    Jones lächelte dünn. »Wir wären auch ohne Sie ans Ziel gekommen. Wir fanden den Namen ›Cass‹ in Kevin Atkins’ Handy.«

    »Auch das habe ich Ihnen geliefert - und den Matchbeutel dazu.«
    »Sie wussten nicht, dass er Jen Morley gehörte.«
    Zum letzten Mal dachte Acland daran, das einzige Geheimnis, das er noch hatte, für sich zu behalten, aber Jackson hatte ihn gedrängt, fair zu sein. »Sie können nicht alles Beweismaterial vernichten«, hatte sie gesagt. »Geben Sie mit den Fotos von Harry Peel der Polizei wenigstens eine Chance - auch wenn Sie für Jones nicht besonders viel übrig haben.«
    Da irrte sie
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