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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Borkudd – wir wollen der Einfachheit halber vorläufig bei diesem Namen bleiben – beiseiteschaffen, weil er nicht länger gewillt war, Ihre horrenden Spielschulden zu decken.«
    Zum ersten Mal, seit er so abrupt geweckt worden war, zeichnete sich echte Verblüffung auf Hindrychs Gesicht ab. Sogar seine nervös tastende Hand hielt inne. »Wie kommen Sie darauf?«, zischte er. »Hat Alprecht Ihnen das gesagt, die Kanaille? Oder Everard?«
    Hippolit schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, Ihre Vasallen haben Ihnen die Treue gehalten.«
    »Apropos: Der gute Everard wird nie wieder irgendwem irgendwas erzählen, fürchte ich …«, fügte Jorge unter vielsagendem Blinzeln hinzu.
    »Nachdem sich mir die Zusammenhänge erschlossen hatten, bedurfte es lediglich einiger inoffizieller Anfragen an die Privatsekretäre verschiedener Staatsoberhäupter sowie, zur Verifizierung, mehrerer Offenbarungsaufforderungen an deren Kreditinstitute.«
    Hindrychs von Mitessern überzogene Nase schien mit einem Mal zu pulsieren wie ein eitergefülltes Geschwür. »Das heißt, Sie wissen …«
    »Sie haben Schulden, Herr Hindrych. Maßlose Schulden sogar! Ich bezweifle, dass ich in der Kürze der Zeit sämtliche Institutionen lokalisieren konnte, bei denen Sie in der Kreide stehen, aber bereits ein erster Überschlag ergab einen zu begleichenden Ausstand von annähernd einer halben Million Goldkaunaps.«
    Jorge hob die Brauen. »Eine halbe Million? Das klingt schön, M.H. Sind das mehr als tausend Heiermänner?«
    »Verantwortlich für diese Misere ist Ihre Spielsucht, Lordprotektor«, fuhr Hippolit ungerührt fort. »Sie haben in den vergangenen Jahren keine Gelegenheit ausgelassen, mit so ziemlich jedem Staatsoberhaupt, Politiker und Adeligen zu zocken, der Ihnen in Ausübung Ihres Amtes über den Weg lief. Und die Einsätze, die dabei über den Tisch gingen, übertrafen den Jahresetat manches kleinen Staates um ein Vielfaches. Unter anderem des Ihren!«
    Der Herr von Barlyn starrte Hippolit ausdruckslos an, dann nickte er, langsam und schwerfällig. Plötzlich wirkte er seltsam gefasst, selbst seine zitternde Hand am Rahmen des Bettgestells war zur Ruhe gekommen. »Sie haben recht. Ich schulde den Herrschern der umliegenden Reiche mehr Gold, als die Barlyner Staatsbank bei einer sofortigen Veräußerung wert wäre. Das war der Grund …«
    »Das war der Grund dafür, dass Sie vor rund zwei Jahren einen Ihrer wichtigsten Beamten, von dessen Entscheidungen ein Großteil der Barlyner Staatseinnahmen abhing, durch einen willfährigen Gefolgsmann ersetzen ließen: Schürfminister Borkudd!«
    Nun war es an Jorge, Hippolit mit großen Augen anzustarren. »Wie meinst du das, ersetzen?«
    »Du selbst hast uns den entscheidenden Hinweis verschafft, Jorge, als du die Fothaum-Aufnahme von Borkudds Leiche seinem Vetter Gronther vorgelegt hast.« Hippolit wandte sich wieder an den Lordprotektor, der bewegungslos im Bett saß, die Decke bis unter den geflochtenen Bart nach oben gezogen. »Ich nehme an, Sie bedienten sich dazu eines Zwergs, der Borkudd von Natur aus ähnlich sah, und unterzogen ihn zusätzlich der einen oder anderen thaumaturgischen Modifikation?«
    »Everard kümmerte sich darum«, bestätigte der Zwergenherrscher. »Er veränderte den Mann jedoch nicht physisch, soweit ich weiß. Das wäre auf die Dauer zu aufwendig gewesen.« Er runzelte die Stirn. »Die verwendete Praktik nannte sich ›sekundärer Schirm‹ oder so ähnlich …« Sein suchender Blick entdeckte auf dem Nachttisch ein Tablett mit einer Weinkaraffe, und er goss sich ein Glas ein. »Von diesem Zeitpunkt an war unser neuer Schürfminister vor allzu kritischen Blicken Außenstehender sicher.«
    »Etwas Ähnliches dachte ich mir bereits«, verkündete Hippolit. »Eine psychosuggestive Technik, die das Subjekt vor bewussten prüfenden Blicken seiner Umgebung schützt. Auf der fothaumatographischen Aufnahme – vermutlich der ersten, die seit Jahren von Borkudd gemacht wurde – kam dieser Effekt allerdings nicht zum Tragen. Herr Gronther erkannte daher einwandfrei, dass es sich bei der ermordeten Person nicht um seinen Vetter Borkudd handelte.« Er fixierte Hindrych scharf. »Was geschah mit dem echten Schürfminister? Wurde er ebenfalls umgebracht?«
    Der Lordprotektor zuckte die Achseln, trank einen Schluck Wein. »Was weiß ich? Für solche marginalen Details war Alprecht zuständig.«
    »Mooo-ment!« Jorge hob einen Finger und sah blinzelnd von Hippolit zu Hindrych und
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