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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Sie? Ich kenne Sie doch! Meister irgendwas. Was hat das zu bedeuten? Wie kommen Sie in mein Schlafgemach? Sie und dieses …« Er stockte, als Jorge sich auf der anderen Seite an das Bett heranschob und in einem breiten Grinsen seine riesigen gelben Zähne entblößte.
    »Troll«, sagte er. »Das Wort, es lautet: Troll!«
    »Was wollen Sie von mir?«, keuchte Hindrych. »Wo ist meine Leibwache? Was soll das alles?«
    »Wir sind hier, um uns mit Ihnen über den Tod von Schürfminister Borkudd zu unterhalten«, stellte Hippolit fest. »Genauer: Über die Rolle, die Sie bei seiner Ermordung gespielt haben.«
    »Ich? Wie bei Thellw kommen Sie …« Die versteinerten Mienen seiner Besucher ließen den Zwerg verstummen. Er zögerte, dann richtete er sich im Bett auf, strich sich das Haar zurück und stopfte es umständlich in sein Haarhand. »Sie kommen hierher, in meine privaten Gemächer, und konfrontieren mich mit einer derartigen Anschuldigung?« Er machte eine ausladende Geste, die offenbar nicht allein das Schlafzimmer einschließen sollte, sondern die ganze Zwergen Stadt. Gleichzeitig tastete er mit der anderen Hand suchend an der Seite des Bettes entlang. »Ist Ihnen eigentlich klar, wen Sie vor sich haben?«
    Obwohl Hippolit eine scharfe Erwiderung auf der Zunge lag, ließ er sich mit einer Antwort Zeit. Stattdessen folgte er Hindrychs fuchtelndem Arm mit den Augen und musterte mit einem raschen Rundblick seine Umgebung.
    Wände und Decke des Schlafgemachs waren mit braunem Samt ausgeschlagen, in einer Ecke thronte ein riesiger gemauerter Kamin, in dem noch die Asche des abendlichen Feuers glomm. Gerahmte Ölgemälde hingen bis unter die Decke.
    Eine der so geschmückten Wände fiel besonders ins Auge: Über einem Schreibsekretär aus kunstvoll gedrechseltem Holz gab es Dutzende goldgerahmte fothaumatographische Aufnahmen. Eine jede zeigte den Zwergenherrscher mit Oberhäuptern oder wichtigen Funktionären irgendeines lorgonischen Staates: Lordprotektor Hindrych mit König Birkhun II., dem letzten offiziellen Herrscher Nesniliniens, in brüderlicher Eintracht über einen Rondelltisch gebeugt; Lordprotektor Hindrych mit König Quinntur I., Regent von Xamen, in angeregtes Kartenspiel vertieft; Lordprotektor Hindrych mit Graf Zzwerekk, dem Führer der Reptilier von Rogozhink, zwei Polliot-Stoßstäbe im spielerischen Schlagabtausch gekreuzt. Eine Aufnahme verewigte den Herrn Barlyns sogar gemeinsam mit Königin Lislott IL, der langjährigen Herrscherin Sdooms. Das Bild schien bei einem Staatsbesuch im königlichen Palast zu Nophelet entstanden zu sein und zeigte Hindrych, die Königin sowie deren stets griesgrämig dreinblickenden Prinzgemahl Ericrich in Lislotts Privatsalon bei einer Partie Doppelschädel.
    »Aus welchem Grund sollte ich Ihrer Meinung nach Schürfminister Borkudd, einen meiner tüchtigsten Beamten, umbringen lassen?«, ließ sich Hindrych vernehmen, nun schon erheblich fordernder als zuvor. »Verraten Sie mir das, wenn Sie können, Meister …?«
    »Hippolit«, sagte Hippolit. »Ein Name, den Sie so schnell nicht vergessen werden.«
    »Und Jorge der Troll«, warf Jorge ein. »Du wirst in den kommenden Jahren viel Zeit haben, dir diese beiden Namen immer und immer wieder vorzusagen, Hindrych, mein Mann. Weil du die nämlich im Knast zubringen wirst.«
    Die Augen des Zwergs verengten sich zu schmalen Sicheln. »Wie in Thellws Namen kommen Sie hier herein? Meine Residenz ist das bestbewachte Gebäude in ganz Barlyn!«
    Jorge richtete sich auf, wobei er mit dem Hinterkopf kurz in der Bordüre des Betthimmels hängen blieb, und hakte die Daumen in zwei seitliche Taschenschlitze seiner Jacke. »Mal unter uns, Hind: Wenn das hier das bestbewachte Haus der Stadt ist, möchte ich das am miesesten bewachte lieber nicht kennenlernen. Bei Batardos!«
    »Es bedurfte des einen oder anderen thaumaturgischen Kunstgriffs sowie eines gewissen Quantums roher Gewalt, um alle Sicherungsvorkehrungen auszuschalten, die sich uns auf dem Weg vom hinteren Eingang des Parks bis hier oben in den Weg stellten. Aber wie Sie sehen, bereitete uns das keine unlösbaren Schwierigkeiten. Die Gerechtigkeit findet immer einen Weg.«
    »Hört, hört!« Hindrych spie die Worte regelrecht aus. Seine Augen hinter den dicken Gläsern sprühten vor Hass. Seine Rechte glitt noch immer an der Seite seines Bettes entlang, als suchte er verzweifelt nach Halt.
    »Was unsere schwerwiegende Anschuldigung‹ angeht, Lordprotektor: Sie mussten
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