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Der Ruf des Satyrs

Der Ruf des Satyrs

Titel: Der Ruf des Satyrs
Autoren: Elizabeth Amber
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du dir die Schuld gegeben. Aber was ist denn mit den Nachtdienern, die auf uns achtgeben sollten? Und Bastian und ich waren älter als ihr. Warum ist es nicht die Schuld der Diener oder unsere?«
    Doch es war schwer, langgehegte Schuldgefühle einfach aufzugeben. »Luc wäre in jener Nacht nicht hinausgegangen, wenn ich – Götter, wenn ich nicht so verdammt neugierig gewesen wäre!«
    »Es war ein Jungenstreich«, beharrte Bastian.
    »Hölle, wenn ich auf die Idee gekommen wäre, beim Ritual heimlich zuzusehen, dann hätte ich dasselbe getan wie du!«, versicherte Sevin. »Wir waren alle neugierig.«
    »Aber denkt doch nur, was unser Bruder alles durchgemacht hat!« Dane rieb sich mit der Hand übers Gesicht. »Die Erinnerung an dieses Höllenloch, das war es, was Dante und Daniel die ganze Zeit von mir ferngehalten haben. Dante übernahm die Kontrolle über mein Bewusstsein, wenn ich dort unten vergewaltigt wurde. Und Daniel übernahm die Verantwortung für die Erinnerungen daran, wer meine Peiniger waren und wo sich dieses unterirdische Verlies befand. Damals wollten sie mich beide nur vor dem Schmerz und dem Schrecken schützen, doch sie wussten nicht, wie sie damit aufhören sollten, nachdem die Gefahr für mich vorbei war.«
    »Sie sind gar nicht deine Feinde«, stellte Sevin fest. »Sie sind deine Beschützer.«
    »Nur jemand mit einem starken Willen hätte derartige Bewältigungsmechanismen entwickeln können«, sagte Bastian. »Jemand anders an deiner Stelle hätte vielleicht den Verstand verloren.«
    Dane lächelte ihm spöttisch zu. »Dann denkst du nicht, dass ich in ein Irrenhaus gehöre?«
    »Nein, allerdings habe ich manchmal so meine Zweifel, was Sevin angeht.«
    »Ich liebe dich auch, Bruderherz«, entgegnete Sevin und grinste süffisant.
    Wie seine Brüder es beabsichtigt hatten, musste Dane schmunzeln. Dann drehte er den Kopf zur Tür und stand langsam auf. Eva kam.
    Sekunden später begann ihm das Herz in der Brust zu hüpfen. Sie war in einem Zimmer mit ihm, Lena an einer Hand, Mimi an der anderen, beide Kinder in ihren langen Nachthemden. Eva schaute ihm in die Augen, und er sah darin ein Gefühl, das er noch nicht verstand. »Die Mädchen wollten noch gute Nacht sagen, bevor sie …«
    Ganz unerwartet riss Lena sich von ihr los, ihr Gesichtsausdruck war wild, beinahe panisch. Ihr Blick huschte von Dane zu Bastian, dann zu Sevin und wieder zurück zu Dane.
    »Was ist los?«, fragte Dane besorgt in dem Glauben, dass erneut etwas nicht in Ordnung war.
    Doch sie schockierte alle Anwesenden, indem sie auf ihn zuraste, ihre dünnen Ärmchen um seine Mitte schlang und ihr Gesicht in seinem Hemd vergrub, als sie ihn fest drückte. »Danke, dass du uns gerettet hast!«
    Dane hob überrascht beide Arme angesichts ihrer unerwarteten Umarmung; doch dann ließ er sie langsam auf Lenas Rücken sinken, und eine neue Wärme erfüllte seine Züge, die Eva noch nie zuvor an ihm gesehen hatte: Das Gesicht eines Vaters, der sein Kind beruhigt. Ihre Blicke trafen sich über Lenas Kopf hinweg, und Eva schmolz innerlich dahin, voller Hoffnung. Mimi – noch nie jemand, der nur zusah – rannte hinzu, um an der Umarmung teilzuhaben, und wurde auch prompt mit eingeschlossen. Und dann streckte Dane einen Arm nach Eva aus, und sie kam ebenfalls hinzu mit einem Lachen, in dem Erleichterung und Freude zugleich mitschwangen. Und noch etwas anderes, Kostbareres.
    »Wir wünschen euch eine gute Nacht«, sagte Bastian. Dane sah auf und nickte ihnen zum Abschied zu, als Bastian und Sevin den Raum verließen. Das Satyrblut verband sie miteinander; sie fühlten, wie tief Danes Zuneigung zu dieser Frau war, und freuten sich für ihn. Wenngleich Bastian noch immer besorgt war, so war er doch auch versöhnt.
    »Du und deine Nichten, ihr seid hier willkommen«, erklärte Dane, nachdem seine Brüder gegangen waren. »Für immer. Ihr seid nun ein Teil meiner Familie.«
    Eva schaute zu ihm auf, und ihr liebevoller Blick bewirkte, dass er sich wie ein Held fühlte.
    »Wir sind keine Nichten. Wir sind Waisen«, erklärte Mimi.
    »Das ist wahr«, gestand Eva.
    »Aber wir können jetzt keine Waisen mehr sein«, verbesserte Lena sie. »Waisen haben kein Zuhause oder Familien.«
    »Was dann?«, fragte Mimi.
    »Möchtet ihr beiden stattdessen meine Töchter sein? Unsere Töchter?«, fragte Dane, während er Eva unverwandt ansah. Tränen traten ihr in die Augen. Während die Mädchen seinen Vorschlag mit einer begeisterten Umarmung
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