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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Galbraith
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schließlich mussten sie beide am nächsten Tag früh zur Arbeit – einen Spaziergang durch die dämmrigen Straßen vor. Da kam ihm die rettende Idee, und er führte die verwirrte Robin bis zu den Stufen vor der Statue. Er schlug (ganz Matthew-untypisch) alle Diskretion in den frostigen Wind, kniete nieder und machte ihr den Antrag. Vor drei auf den Stufen zusammengekauerten Pennern, die sich anscheinend eine Flasche Brennspiritus teilten.
    Aus Robins Sicht war es, in der gesamten Geschichte der Heiratsanträge, der perfekteste Antrag aller Zeiten. Matthew hatte sogar einen Ring in der Tasche gehabt – jenen Ring mit dem Saphir und den beiden Diamanten, den sie jetzt trug und der ihr wie angegossen passte. Auf dem Weg in die Innenstadt starrte sie ständig auf die Hand, die in ihrem Schoß ruhte. Jetzt hatten Matthew und sie eine Geschichte auf Lager, die sie ihren Kindern erzählen konnten: wie sein Plan (und sie war begeistert, dass er es geplant hatte) schiefgegangen war und er improvisieren musste. Sie war begeistert von den Pennern, dem Mond und natürlich von dem nervös und verlegen vor ihr knienden Matthew gewesen; begeistert von der Eros-Statue, dem guten alten schmuddeligen Piccadilly Circus und dem schwarzen Taxi, das sie zurück nach Clapham gebracht hatte. Sie war kurz davor, sich sogar für London selbst begeistern zu können, obwohl sie in dem Monat, seit sie hier wohnte, mit der Stadt noch nicht warm geworden war. Selbst die blassen, aggressiven Pendler, die sich um sie herum im U-Bahn-Wagen drängten, erstrahlten im Glanz des Rings. Als sie an der Haltestelle Tottenham Court Road in das Licht des kühlen Märztages trat, streichelte sie die Unterseite des Platinbands mit dem Daumen. Bei der Vorstellung, dass sie sich in der Mittagspause ein paar Hochzeitsmagazine kaufen würde, platzte sie fast vor Glück.
    Während sie sich einen Weg durch die Baustelle an der Oxford Street bahnte und dabei immer wieder auf einen Zettel in ihrer rechten Hand sah, folgten ihr die Blicke der Männer. Man konnte Robin mit Fug und Recht als hübsche Frau bezeichnen. Sie war groß und kurvig, das rotblonde Haar wippte, während sie flott voranschritt, und die kalte Luft verlieh ihren blassen Wangen etwas Farbe.
    Heute war der erste Tag eines einwöchigen Aushilfsjobs als Sekretärin. Seit sie zu Matthew nach London gezogen war, hatte sie sich mit solchen Tätigkeiten durchgeschlagen – aber nicht mehr lange. Sie hatte bereits ein paar, wie sie es nannte, »richtige« Vorstellungsgespräche vereinbart.
    Die größte Herausforderung dieser langweiligen Gelegenheitsjobs war in der Regel, den betreffenden Arbeitsplatz überhaupt zu finden. Nach der Kleinstadt in Yorkshire, aus der sie hergezogen war, wirkte London auf sie riesig, kompliziert und undurchdringlich. Matthew hatte ihr eingeschärft, nicht mit einem Stadtplan vor der Nase herumzulaufen, damit sie nicht wie eine Touristin und somit wie leichte Beute aussah. Deshalb verließ sie sich, mit wechselndem Erfolg, auf die kruden, von Hand gezeichneten Karten, die jemand bei der Zeitarbeitsagentur für sie anfertigte. Obwohl sie sich kaum vorstellen konnte, dass sie damit eher als waschechte Londonerin durchging.
    Die Metallzäune und die blauen Plastikcontainer rund um die Baustelle erschwerten ihr die Orientierung zusätzlich, da sie die Sicht auf rund die Hälfte der auf der Karte markierten Wegpunkte versperrten. Sie überquerte den aufgerissenen Asphalt vor einem gigantischen Bürokomplex, der auf ihrer Karte mit »Centre Point« beschriftet war und mit seinem strengen Gittergeflecht aus gleichförmigen rechteckigen Fenstern an eine riesige Betonwaffel erinnerte. Danach hielt sie sich grob in Richtung Denmark Street.
    Ihr Ziel erreichte sie mehr oder weniger zufällig, als sie einer schmalen Seitengasse namens Denmark Place folgte, die in eine kurze Straße mit farbenfrohen Ladenfronten und Schaufenstern voll mit Gitarren, Keyboards und allen möglichen musikalischen Modeerscheinungen mündete. Rot-weiße Bauzäune umgaben ein weiteres gähnendes Loch in der Straße. Bauarbeiter in grellen Sicherheitswesten begrüßten sie mit frühmorgendlichen Pfiffen, die Robin geflissentlich überhörte.
    Sie sah auf die Uhr. Da sie in ihren Zeitplan stets die Möglichkeit einrechnete, sich zu verlaufen, war sie eine Viertelstunde zu früh dran. Die unscheinbare schwarze Eingangstür zu dem Büro, in dem sie arbeiten würde, befand sich gleich neben dem 12 Bar Café; der Name
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