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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
Autoren: Aimee Agresti
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mich und verrenkte sich den Hals, um einen besseren Blick auf die Herrenhäuser zu erhaschen, die den Weg säumten. Von denen war keins wie das andere, und alle hatten besondere Details, wie ein aufwändig verziertes Eingangstor, niedliche Erker, filigran wirkende Balkone und Säulenvorbauten sowie zauberhafte kleine Poolhäuser. »Den Garden District find ich super«, befand Dante.
    »Eigentlich unglaublich, dass das alles früher mal ein einziges riesiges Anwesen war«, meinte Lance und trommelte mit den Fingern auf meinem Bein herum, während er nach draußen sah.
    »Interessant«, bemerkte ich. »Darf ich das als Herausforderung zu einem neuerlichen Duell in Sachen Allgemeinwissen verstehen?« Lance und ich übertrumpften uns gern damit, wer mehr Fakten aus dem Hut ziehen konnte – das war unser Ding, unsere Art zu flirten.
    »Ich wollte es nur mal erwähnt haben«, behauptete er mit falscher Unschuldsmiene.
    »Äh, schon vergessen? Wir sind jetzt nicht mehr in der Schule«, stöhnte Dante. »Hier, die da!« Er deutete auf eine Villa, die eher wie ein kleines Schloss aussah. »Lass uns da einziehen, Hav.«
    »Ich bin dabei«, grinste ich. Plötzlich holte Lance wieder sein Handy hervor, als hätte er mit einem Mal eine Eingebung. Dante schüttelte nur den Kopf und sah weiter zum Fenster hinaus.
    »Guck mal, da.« Dante, die alte Tratschtante, deutete mit einer Kopfbewegung zum vorderen Bereich der Straßenbahn, wo sich Connor mit dem Fahrer unterhielt. Die Rothaarige neben ihm hörte schweigend zu, nickte zustimmend und schien an seinen Lippen zu hängen.
    »Wir scheinen hier Endstation Sehnsucht anzusteuern«, flüsterte ich zurück.
    »Ja, genau. Offenbar reiht sich hier schon mal jemand in die Schlange für den Kuss um Mitternacht ein. Die Glückliche«, bemerkte er mit aufrichtiger, ernster Stimme. Ich hatte das Gefühl, dass da unter seinem Schutzpanzer aus Selbstbewusstsein eine Spur von Einsamkeit durchschien.
    Aus dem Augenwinkel sah ich Lance mit seinem Handy herumspielen. Über uns hingen so einige dunkle Wolken. Aber heute Abend würden wir endlich mal wie alle anderen sein. Und ich hatte in meinem Leben zum allerersten Mal jemanden, mit dem ich mich auf diesen mitternächtlichen Kuss freuen konnte.
    Wie aufs Stichwort ließ Lance es jetzt mit dem Handy gut sein und tauchte aus seiner Gedankenwelt wieder auf. »Sollen wir uns vielleicht morgen mal Tennessee Williams’ alte Bude ansehen?«, schlug er vor, während er seine Brillengläser mit dem Ärmel putzte. »Der hat bei uns ganz in der Nähe gewohnt. Und William Faulkner auch.«
    »Faulk yeah!«, rief Dante. Ich versetzte ihm einen spielerischen Klaps auf die Schulter.
    Die Straßenbahn hielt, und Connor sagte Bescheid, dass wir hier rausmussten.
    Nach einem kurzen Fußmarsch durch die grünsten und ruhigsten Straßen, die ich je gesehen hatte, führte Connor uns um eine Ecke, hinter der uns ein makellos weißes Herrenhaus erwartete, umgeben von ausladenden, perfekt gestutzten üppigen Hecken und zauberhaften weißen Rosenbüschen. Das Anwesen nahm einen kompletten Block ein. Eine Veranda wand sich im Erdgeschoss einmal rund um das ganze Gebäude, und die Klänge der Jazzband, die im Inneren spielte, konnten wir selbst von hier draußen vernehmen. Inzwischen war es dunkel geworden, und außerdem ziemlich frisch, so als wollte uns jemand daran erinnern, dass auch hier im Süden Winter war. Dafür lockte aber ein warmer, buttriger Schein hinter schwarzen Fensterläden. Zwischen den Säulen hing ein Banner mit der Aufschrift »Herzlich Willkommen, Freiwillige!«. Wir gingen unter einem Baldachin aus grünen Blättern hindurch und stiegen dann die Treppe zum Eingang hinauf.
    »Wow, gar nicht schlecht, der alte Kasten«, murmelte Lance, als wir eintraten und von der feierlichen Stimmung umfangen wurden. Fröhliche Musik und der Geruch von würzigem Essen lagen in der Luft. Überall tummelten sich andere Highschoolschüler, Studenten und schick angezogene Erwachsene, die sich miteinander unterhielten, winzige Teller mit frittiertem Essen durch die Menge balancierten und an hauchzarten Gläsern nippten. Unsere Gruppe begann sich aufzulösen, jeder strömte in eine andere Richtung davon. Dante, Lance und ich machten uns auf den Weg zum hinteren Teil der großen Halle, nahmen alles in uns auf und gingen dann weiter in einen großen Salon mit Mahagonimöbeln, in dem wir ein Büfett und Köche mit makellosen runden Mützen entdeckten. Geduldig standen die
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