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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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Maske kühl und abschätzend. James gab das Zeichen zum Auftauchen. Als VanDyke ihn wieder nach unten zog und auf das Wrack zeigte, war er nur leicht irritiert. Nach oben, signalisierte er noch einmal, aber wieder hielt VanDyke ihn zurück.
    James geriet nicht in Panik. Er war kein Mann, der schnell panisch wurde. Er wusste allerdings, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, obwohl er keine klaren Gedanken fassen konnte. In dieser Welt war VanDyke ein Amateur, machte er sich bewusst, er kannte das Ausmaß der Gefahr nicht, also würde er, James, wohl deutlicher werden müssen.
Er kniff die Augen zusammen, holte aus, verfehlte jedoch mit seiner Hand VanDykes Luftschlauch.
    Der Überlebenskampf unter Wasser spielte sich langsam ab, verbissen und unheimlich ruhig. Fische stoben wie Bahnen bunter Seidenstoffe auseinander, dann versammelten sie sich wieder, um das dramatische Schauspiel zwischen Jäger und Gejagtem zu verfolgen. James spürte, wie sein Bewusstsein schwand, ihm wurde übel, und er verlor zunehmend die Orientierung, während immer mehr Stickstoff in seinen Körper hineingepumpt wurde. Er kämpfte dagegen an, und es gelang ihm, sich ein Stück in Richtung Wasseroberfläche zu bewegen.
    Dann aber vergaß er, warum er überhaupt fortwollte. Er begann zu lachen. Luftblasen drangen aus seinem Mund, als ihn der Tiefenrausch überwältigte. Er umarmte VanDyke in einem langsam kreisenden Tanz, wollte ihn an seiner Begeisterung teilhaben lassen. Es war so schön hier, umgeben von goldenem und blauem Licht, Edelsteinen und Juwelen in tausend unbeschreiblichen Farben, die nur darauf warteten, geerntet zu werden.
    Er war dazu geboren, in diesen Tiefen zu tauchen.
    Schon bald sollte James’ Begeisterung der Bewusstlosigkeit weichen. Und dann einem ruhigen, erlösenden Tod.
    Als James’ Körper zu zucken begann, streckte VanDyke die Hand nach ihm aus. Der Mangel an Koordination war ein weiteres Symptom. Eins der letzten. Mit einer ausholenden Bewegung löste VanDyke den Luftschlauch. James blinzelte noch einmal verwundert und erstickte.

Erstes Kapitel
    S chätze. Golddublonen, Pesostücke. Mit ein wenig Glück konnte man sie einfach vom Meeresgrund ernten wie Pfirsiche von einem Baum. Zumindest, dachte Tate beim Tauchen, behauptete das ihr Vater.
    Doch ihr war klar, dass man dazu eine Menge mehr benötigte als Glück, so viel hatte sie in ihrer bereits zehn Jahre währenden Tauchkarriere längst gelernt. Man brauchte außerdem noch Geld, Zeit und viel Geduld, ganz zu schweigen von der notwendigen Erfahrung, monatelanger Recherche und natürlich der richtigen Ausrüstung.
    Doch während sie durch das kristallklare Wasser der Karibik auf ihren Vater zuschwamm, war sie durchaus bereit, sich auf das Spiel einzulassen.
    Schließlich fand sie es keineswegs unangenehm, den Sommer ihres zwanzigsten Lebensjahres an der Küste von Saint Kitts zu verbringen und in dem wunderbar warmen Wasser mit seinen bunt schillernden Fischen und Korallenskulpturen in sämtlichen Farben des Regenbogens zu tauchen. Jedem Tauchgang ging eine ganz besondere Vorfreude voraus. Was mochte sich unter dem weißen Sand verbergen, versteckt unter grünen Fächern und Seegras, vergraben unter fein gewundenen Korallenformationen?
    Es ging ihr nicht um den Schatz, das hatte sie erkannt, es war die Jagd, die sie faszinierte.
    Und hin und wieder hatten sie tatsächlich Glück. Tate erinnerte sich noch gut an das erste Mal, als sie im Sand einen Silberlöffel entdeckt hatte. An die Überraschung und die Begeisterung, mit der sie den schwarz angelaufenen Gegenstand
in der Hand hielt und sich fragte, wer damit wohl seine Suppe gegessen hatte. Vielleicht der Kapitän einer reich beladenen Galeone? Oder die Dame des Kapitäns?
    Sie dachte an den Tag, als ihre Mutter geduldig an einer Formation herumgehämmert hatte, die im Laufe der Jahrhunderte durch chemische Reaktionen unter Wasser entstanden war. Dachte an den Aufschrei und dann an das glückliche Lachen, als Marla Beaumont einen goldenen Ring freilegte.
    Diese gelegentlichen Glückstreffer erlaubten es den Beaumonts, sich mehrere Monate im Jahr der Jagd nach mehr zu widmen, nach mehr Glück, nach weiteren Schätzen.
    Während sie Seite an Seite nebeneinander herschwammen, berührte Raymond Beaumont seine Tochter am Arm und zeigte auf eine Schildkröte, die träge an ihnen vorbeipaddelte.
    Das Lachen in den Augen ihres Vaters sagte alles. Sein Leben lang hatte er hart gearbeitet, jetzt genoss er die
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