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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Autoren: Marcus Reichard
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es den verbliebenen Kriegern gelingen würde, in die Festung des Todesfürsten einzudringen und ihn zu stürzen.
    Ein letztes Mal nahm er Abschied von Gondun, denn er hatte nicht vor, jemals zurückzukehren, war doch die Erinnerung an seinen alten Meister untrennbar und schmerzhaft mit der Insel verbunden. Mit Wehmut dachte er an die Bewohner Esgalins und seine Freunde, die im Schutze der Dan zurückgeblieben waren. Vermutlich würden sie ein neues Dorf errichten und versuchen, zu ihrem früheren Leben zurückzukehren – er selbst konnte sich ein solches Leben allerdings nicht für sich vorstellen.
    Sein ganzes Streben galt nur der Suche nach Eilenna, alles andere, selbst der Kampf gegen Achest und seine dunklen Krieger, war ihm weitgehend gleichgültig geworden. Es war, als hätten all die vielen Toten, der Schmerz und das Leid jeden Sinn aus dem Feldzug der Dan gesogen und als würden sie für eine bedeutungslose Zukunft kämpfen.
    Dualar hatte wieder begonnen, seine Ausbildung fortzuführen, und wenn Tenan nicht gerade mit Schwertkampf oder dem Studium magischer Übungen beschäftigt war, wiederholte er im Geiste die einzelnen Schritte der akralith, um sie sich einzuprägen.
    Bisher hatte er in Begleitung des Hauptmanns schon einige Reisen außerhalb seines Körpers unternommen. Sie hatten sich unsichtbar an verschiedene Orte des riesigen Schiffs begeben und die Dan-Krieger beim Cab-Spiel belauscht oder sichin den Mastkörben hoch über dem Deck aufgehalten und weit hinaus aufs Meer geblickt. Dualar lobte ihn mehrfach für seine außergewöhnlich starken Fähigkeiten, die er bisher bei keinem anderen Dan-Novizen festgestellt hatte. Bald schon, das fühlte Tenan selbst, konnte er sich aufmachen und nach Eilenna suchen.
    In den wenigen Stunden, die er schlief, plagten ihn abscheuliche Albträume, an die er sich jedoch nicht mehr erinnern konnte, wenn er erwachte; insgeheim machte er die bedrückende, düstere Ausstrahlung des Dronth-Brechers dafür verantwortlich, es war, als hausten böse, niederträchtige Geister in den Räumen des Schiffs. Urisk, der mit Tenan in einer Kammer schlief, hatte ebenfalls mit den dunklen Mächten zu kämpfen, jede Nacht warf er sich in seiner Koje hin und her, die er randvoll mit Zweigen, Blättern und Stroh aus dem Wald Gonduns gefüllt hatte, und ächzte und stöhnte, dass es zum Erbarmen war.
    Falls Tenan in jenen Nächten dann doch für einen Augenblick ins Reich der Träume hinüberglitt, sah er schreckliche Fratzen und schattenhafte Gestalten. In einer der kurzen Episoden glaubte er die Anwesenheit Deimaras, Henoms und der Grauen Flüsterer aus dem Labyrinth wahrzunehmen, deren Blicke von Schmerz und ungestillter Sehnsucht erfüllt waren. Ihre Lippen bewegten sich, als wollten sie Tenan etwas mitteilen, aber er vernahm keinen Laut. Wollten sie ihn an sein Versprechen erinnern, das er ihnen damals gegeben hatte, das Versprechen, sie zu erretten und von ihrem Fluch zu erlösen?
    »Ich habe euch nicht vergessen«, murmelte er im Halbschlaf, als könnten ihn die Grauen Flüsterer in einer anderen Ebene des Seins hören. »Aber ihr seid nicht die Einzigen,die meiner Hilfe bedürfen. Habt noch ein wenig Geduld.«
    Wie eine ferne Erinnerung schwebte Eilennas Antlitz vor ihm.

45
    Die Verliese tief unter der Festung Nagatha hallten wider von unheilvollen Stimmen und Schreien, begleitet vom rhythmischen Wummern tiefer Trommelschläge. Das irre Flackern tausender Fackeln tauchte die Gänge in ein beängstigendes Licht. Eine Atmosphäre gespannter Erwartung erfüllte die größte der Hallen im Inneren des Berges, die in langen Jahren entbehrungsreicher und todbringender Sklavenarbeit aus dem Felsgestein gehauen worden war.
    Gredow-Krieger – es mochten hunderte sein – standen mit gezückten Schwertern an den Wänden und beobachteten angespannt, was innerhalb der Halle vor sich ging. Sie bewegten sich unruhig hin und her, als drohe ihnen eine unmittelbare Gefahr. Gleichzeitig versuchten sie, die zahlreichen Sklaven im Zaum zu halten, die sie auf Geheiß des Todesfürsten zusammengetrieben hatten. Achest hatte befohlen, sie sollten Zeugen des geplanten Rituals sein, das seine Stärke und Macht demonstrieren und ihre Furcht vermehren würde, um sie seinem Willen vollkommen zu unterwerfen.
    Die Gefangenen bildeten einen Kreis um einen Berg von Leichen, deren Gestank die Luft verpestete. Trotz der bitteren Kälte befanden sich viele Leichname in einem Zustand fortgeschrittener Verwesung,
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