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Der Rucksackmörder

Der Rucksackmörder

Titel: Der Rucksackmörder
Autoren: Jaques Buval
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verteilt. Und dann sieht sie den Rest einer menschlichen Hand.
    Längst sind die Kinder durch den Lärm erwacht. Ihre Namen rufend eilt sie zu deren Betten. Sie nimmt die Kleinste auf den Arm und rennt ziellos durch das Haus. Sie versucht der Situation Herr zu werden, doch so sehr sie sich auch bemüht, Ruhe zu bewahren – es gelingt ihr nicht. Die anderen Kinder rennen ihrer Mutter nach. Sie suchen nach Schutz und Trost.
    Längst verspüren sie die unsägliche Angst der Mutter und beginnen laut zu weinen.
    Ein Telefon, diesen Luxus können sich die Milats nicht leisten, und in der Dunkelheit aus dem Hause zu gehen, dazu fehlt ihr der Mut. So muss sie über zwei Stunden auf die Rückkehr ihres Mannes Stijphan warten, der wie jeden Tag bis elf Uhr nachts für seine Familie als Hafenarbeiter Schwerstarbeit leistet.
    Schier endlose Stunden des Wartens liegen vor ihr. Die Kinder quengeln und weichen keinen Schritt von ihr. Gegen Mitternacht kommt ihr Mann Stijphan von der Arbeit nach Hause. Mit weit ausholenden Schritten kommt er die kleine Straße herauf. Verwundert stellt er fest, dass noch Licht brennt.
    Sonst liegt das kleine Haus längst im Dunkeln um diese Zeit, denn Margaret geht fast täglich gleichzeitig mit den Kindern zu Bett. Ein ungutes Gefühl überkommt ihn, zu viele Zimmer sind hell erleuchtet. Hastig eilt er durch den Garten zur Eingangstür, und noch bevor er den Schlüssel in das Schloss stecken kann, wird die Türe von innen aufgerissen. Vor ihm steht seine verstörte Frau inmitten einer Horde erschreckt dreinblickender Kinder. Sie schreit ihn an: »Stijphan, Hilfe, Hilfe, ein Einbrecher war hier.« Er versucht, seine Frau zu beruhigen, doch es gelingt ihm nicht. Wortlos nimmt sie ihn an der Hand und führt ihn zu dem Fenster, und im Schein der Zimmerbeleuchtung erkennt er den Rest einer menschlichen Hand auf dem Fenstersims. Wie versteinert bleibt er stehen.
    Immer wieder versucht er, von seiner Frau eine Erklärung zu erhalten, doch die ist nicht mehr imstande zu sprechen, das Geschehene vernünftig zu erklären. »Einbrecher, Einbrecher«
    sind die einzigen Worte, die sie ihrem Mann zu sagen vermag.
    Stijphan glaubt nicht, allein mit der Situation fertig zu werden, und entschließt sich dazu, Hilfe zu holen. Schnellen Schrittes eilt er durch den Garten.
    Mit seiner schweren Hand pocht er an die Eingangstür des Nachbarhauses. Es dauert einige Zeit, bis die Außenbeleuchtung des Hauses angeht und ein verschlafener, missgelaunter Mann die Tür öffnet. Als er seinen aufgeregten Nachbarn erkennt, ist ihm klar, dass etwas geschehen sein muss. Geistesgegenwärtig greift er hinter die Türe, nimmt ein Gewehr in seine Hand und rennt zum Nachbargrundstück.
    Stijphan, der immer wieder nur »Einbrecher, komm, bei mir ist etwas Schreckliches geschehen« ruft, war längst vorausgeeilt.
    Als der Nachbar das Grundstück der Milats betritt, zeigt Stijphan ohne ein Wort auf das Fenster.
    Die zurückgelassene Ehefrau hat inzwischen größte Mühe, die Kleinen von dem Fenster fernzuhalten. Sie setzt sich mit ihnen in die Küche und versucht, sie zu beruhigen. Nach einiger Zeit legt sie die schlaftrunkenen Geschöpfe wieder in ihre Bettchen und löscht das Licht. Es dauert nicht lange und bei den Kindern kehrt wieder Ruhe ein.
    Die beiden Männer stehen noch immer im Garten vor dem Fenster und blicken auf die zahlreichen am Boden liegenden Glasscherben, das durch den Regen an der Hauswand herabgespülte Blut und die vier abgetrennten Finger auf dem Fenstersims. Margaret schildert die Ereignisse dieser Nacht, und sie überlegen, was zu tun ist.
    Die Situation ist nicht einfach für die Eheleute Milat, sie wissen, die Einwanderungsbehörden sind sehr streng und reagieren unverzüglich auf straffällig gewordene Einwanderer.
    Würde man den beiden glauben? Wäre es nicht doch vielleicht sinnvoller, die Finger verschwinden zu lassen, um keine Scherereien mit den Behörden zu bekommen. Zu keiner Zeit hatten die beiden sich etwas zu Schulden kommen lassen. Man hatte immer versucht, den Gesetzen und Auflagen des Landes nachzukommen. Was sollten sie tun? Alles vertuschen?
    Sie brauchen nicht lange zu überlegen, ihr Nachbar nimmt die Situation in die Hand: »Ich glaube, es ist das Beste, wir rufen die Polizei, und ihr berichtet, was vorgefallen ist.« Das Ehepaar Milat weiß, welch gute Beziehungen der Nachbar zur örtlichen Polizei hat. Häufig wurden im Nachbargarten große Feierlichkeiten abgehalten, und Polizeiwagen
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