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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger
Autoren: Stephan Russbuelt
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rötlich glitzerten. Fasziniert beobachtete er das Lichterspiel, das sich ihm bot. Noch nie hatte er so etwas Schönes gesehen, und normalerweise beeindruckte ihn Schönheit auch nicht besonders. Eigentlich drehte sich alles in seinem Leben mehr um die Frage, ob etwas essbar war oder nicht. Diese Glitzersteine hingegen konnte man sicherlich nicht essen. Aber in seinem Geist begann sich die Frage zu formen, wie viel Essen man dafür wohl bekommen könnte?
    Rolgist war nicht aufgefallen, dass Glimdibur davon abgelassen hatte, seinen lehrreichen Vortrag fortzuführen. Erst als der Kopf des Zwerges sich langsam an seinem Bein vorbeischob, bemerkte er ihn. Glimdibur schien nicht weniger fasziniert. Rolgist war hin und her gerissen, weil er nicht wusste, was ihn mehr überraschte, der phänomenale Fund eines verborgenen Schatzes oder die Tatsache, den Zwerg sprachlos zu sehen.
    Vorsichtig griff Rolgist nach den funkelnden Kristallen und ließ seine Finger über die Spitzen gleiten. Dann packte er die größte, die hervorstach wie ein Kirchturm in einem Bauerndorf, und rüttelte an ihr. Mit dem Geräusch einer zerberstenden Rippe löste sich der Stein.
    »Weißt du, was das ist?«, flüsterte Glimdibur ihm zu.
    »Großer Schatz«, antwortete Rolgist, der die Stimme weniger erfolgreich senkte.
    »Da hast du ausnahmsweise Recht, mein kräftiger Freund. Es ist ein großer Schatz. Ein Schatz, den die Natur für uns bereitgehalten hat. Das ist eine Rubindruse, und der Splitter, den du in den Händen hältst, ist der größte Rubin, den die Welt je gesehen hat.«
    Rolgist drehte den Splitter zwischen seinen Fingern hin und her und freute sich über die lustigen Lichtreflexe, die sich in ihm spiegelten.
    »Viel Essen wert?«, fragte er Glimdibur hoffnungsvoll, der seine Hand ausgestreckt hatte, um nach dem Edelstein zu greifen. Rolgist hielt ihn hoch und stierte durch die Facetten des Rubins. Er beobachtete jede Ecke der Höhle und erfreute sich an den verzerrten Bildern, die sich ihm boten. Bei einem flüchtigen Blick durch den Stein auf den Zwerg brach er in schallendes Gelächter aus.
    »Ha, ha, Stein machen ganze Armee von Zwergen. Zwerge aber noch viel kleiner und fetter.«
    Glimdibur wurde zunehmend unruhig. Diese Kostbarkeit in den Händen eines übergroßen, nichts wissenden Barbaren zu sehen, und dabei ruhig zu bleiben, kostete ihn alle Beherrschung, zu der er fähig war. Am Ende war es mehr, als er zu geben hatte.
    »Gib ihn mir! Gib ihn mir!«, platzte es plötzlich aus ihm heraus. »Du wirst ihn noch fallen lassen.«
    Rolgist genoss die Situation. Die überhebliche Art des Zwerges und sein belehrendes Gerede waren wie weggeblasen. Der Baumeister des kleinen Volkes war wie verwandelt.
    »Bringen zu Kruzmak«, erklärte er Glimdibur, dem daraufhin sämtliche Gesichtszüge entgleisten.
    Entsetzt wich der Zwerg zurück.
    »Zu Kruzmak?«, fragte er fassungslos nach, ohne eine Antwort abzuwarten. »Bist du verrückt? Kruzmak wird es Mogda erzählen, und Mogda wird sie, genau wie den Marmor, zu einem lächerlichen Preis an die Menschen verhökern. Wir hätten gar nichts von dem Schatz. Wir würden ihn genauso schnell verlieren, wie wir ihn gefunden haben. Stell dir nur einmal vor, was wir mit diesem Reichtum alles machen könnten.«
    Rolgist brauchte nicht lange zu überlegen, was man mit Reichtum alles machen konnte. Reichtum bedeutete ihm nichts, dafür aber Essen umso mehr. Und der Oger, der unglaublich gut Besitz in Nahrung verwandeln konnte, war Mogda. Er war es, der es geschafft hatte, die Oger so sorglos leben zu lassen, und er war es auch, dem er sein Leben verdankte.
    »Gehen zu Kruzmak und zeigen Stein«, wiederholte er.
    Glimdibur konnte es nicht fassen. Er stand vor der größten Kostbarkeit, die er in seinem zwergischen Leben gesehen hatte, und alles, was ihn davon trennte, waren tausend Pfund Dummheit.
    Aufgeregt lief der Zwerg in dem Schacht hin und her. Rolgist beobachtete ihn verwundert. Er schien mit sich selbst zu sprechen, Fragen zu stellen und diese gleichzeitig zu beantworten. Immer lauter wurden seine Selbstgespräche, geführt in der Sprache der Zwerge.
    Abrupt wirbelte der Zwerg herum.
    »Gut, ich hab’s! Du überlässt mir den Stein als Bezahlung für meine jahrelange Arbeit hier. Ich stecke ihn ein, und wir vergessen die Sache. Dann gehen wir zu Kruzmak und erzählen ihm von der Druse. Alles, was ich will, ist dieser Splitter, verstehst du?«
    Rolgist verstand, was Glimdibur von ihm wollte, wobei
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