Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
weiteren Brief dabei, den ich Euren Soldaten vorlesen werde, sofern Ihr den ersten Brief nicht innerhalb von fünf Minuten lest. Dieser dritte Brief enthebt Euch Eures Kommandos und überträgt mir im Namen des Gouverneurs die Befehlsgewalt über Fort Detroit.«
    »Welch empörendes Verhalten! Auf diese Weise zu mir zu sprechen!«
    »Mein Herr, ich wiederhole nur die Worte des Gouverneurs. Ich ersuche Euch inständig, diesen Brief zu lesen. Es kann Euch nicht schaden, aber es hätte verheerende Auswirkungen, tätet Ihr es nicht.«
    So etwas war wirklich impertinent! Für wen hielt der Gouverneur sich eigentlich? Gewiß, er war ein Marquis. Andererseits stand La Fayette jedoch weitaus weniger in der Gunst des Königs als ...
    »Fünf Minuten, mein Herr.«
    Wütend öffnete Frederic den Brief. Er war schwer, und als er ihn auseinanderfaltete, fiel scheppernd ein Metallamulett an einer Kette auf den Schreibtisch.
    »Was ist denn das?«
    »Der Brief, mein Herr.«
    Frederic überflog ihn schnell. »Ein Amulett! Ein heiliger Mann! Was soll ich denn davon halten? Ist La Fayette etwa abergläubisch geworden?« Doch trotz seiner Kühnheit wußte Frederic sofort, daß er das Amulett anlegen würde. Ein Schutz gegen den Satan! Er hatte schon von solchen Amuletten gehört. Sie waren von unschätzbarem Wert, denn alle waren sie von der Heiligen Mutter persönlich berührt und mit ihrer Macht versehen worden. Ob es sich um ein solches handelte? Er öffnete die Kette und befestigte es am Hals. Dann schob er es unter sein Hemd, bis es nicht mehr zu sehen war.
    »So«, sagte er. »Nun trage ich es.«
    »Ausgezeichnet, mein Herr«, sagte der Major. Er reichte ihm den anderen Brief. Zu Frederics Erstaunen erblickte er das Siegel Seiner Majestät im Wachs. Der Brief war an der Marquis de La Fayette gerichtet und bereits einmal geöffnet worden. Er enthielt die Order, Napoleon Bonaparte sofort unter Arrest zu stellen und ihn in Ketten nach Paris zurückzubefördern, damit dieser sich dort vor einem Gericht wegen Hochverrats, Aufruhrs, Untreue und Gesetzesübertretungen verantworten konnte.
    »Glaubt Ihr etwa, daß Euer Bitten mich rühren kann?« fragte de Maurepas.
    »Ich möchte doch hoffen, daß Euch die Richtigkeit meiner Einwände rühren wird«, erwiderte Napoleon. »Morgen wird die Schlacht stattfinden. Ta-Kumsaw erwartet seine Befehle von mir. Ich allein weiß genau, was von der französischen Armee in diesem Feldzug erwartet wird.«
    »Ihr allein? Was ist denn das für eine plötzliche Eitelkeit auf Eurer Seite, zu glauben, daß Ihr allein fähig wäret, das Kommando zu führen.«
    »Aber selbstredend versteht Ihr alles, Comte de Maurepas. Doch Eure Aufgabe ist es, das Gesamtbild im Auge zu behalten, während ich ...«
    »Spart Euch Eure Worte«, erwiderte de Maurepas. »Ich lasse mich nicht mehr täuschen. Eure Hexerei, Euer satanischer Einfluß, dies alles treibt an mir vorbei wie Seifenblasen in der Luft, es bedeutet mir nichts. Ich bin stärker, als Ihr geglaubt habt. Ich verfüge über geheime Kräfte!«
    »Es ist gut, wenn Ihr das tut, denn für die Öffentlichkeit werdet Ihr bald nichts anderes mehr besitzen als die Idiotie«, entgegnete Napoleon. »Die Niederlage, die Ihr ohne mich erleiden werdet, wird Euch zum größten Narren in der Geschichte der französischen Armee abstempeln. Wann immer in Zukunft jemand eine schändliche und vermeidbare Katastrophe erleidet, wird man ihn auslachen und sagen, daß er einen Maurepas begangen habe!«
    »Genug«, sagte de Maurepas. »Hochverrat, Aufruhr, Gesetzesbruch, und, als wenn das nicht schon genügte, nun auch noch Insubordination. M. Guillotine wird noch mit Euch zu tun bekommen, davon bin ich überzeugt, mein eitler kleiner Zwerg! Geht nur und probiert Eure Klauen an Seiner Majestät aus, Ihr werdet schon selbst feststellen, wie tief sie sich noch ins Fleisch einschlagen, wenn Eure Glieder in Ketten liegen und Euer Kopf verwirkt ist.«
    Erst am Morgen wurde der Verrat offenbar, doch dann lief es schnell und gründlich. Es begann damit, daß der französische Quartiermeister sich weigerte, an Ta-Kumsaws Leute Schießpulver auszugeben. »Ich habe meine Befehle«, sagte er.
    Als Ta-Kumsaw mit Napoleon sprechen wollte, lachte man ihn aus. »Der wird Euch weder jetzt noch jemals später empfangen«, teilte man ihm mit.
    Und de Maurepas?
    »Der ist ein Comte. Er verhandelt nicht mit Wilden. Er ist kein Tierliebhaber wie der kleine Napoleon.«
    Erst da merkte Alvin, daß alle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher