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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord
Autoren: Ellis Peters
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Jungen, der gewiß noch nie mit einer Frau allein in einem Zimmer war, seit seine Mutter ihn aus den Armen gab. Eine Schande, daß es überhaupt dazu kam!
    Er soll dieses arme Mädchen aufsuchen, den Inbegriff dessen, was ihn am meisten quälen muß – ernst, traurig, mit einer bejammernswerten Vergangenheit und doch gefaßt und ruhig wie die heilige Jungfrau selbst. Mit einer weißen Rose wird er zu ihr kommen, vielleicht berühren sich sogar ihre Hände, wenn er sie übergibt. Ach, und da fällt mir ein, daß Bruder Anselm erwähnte, der Junge sei ein halber Dichter.
    Welche Torheiten begehen wir nur ohne die geringste böse Absicht!
    Inzwischen war es viel zu spät, um noch die Gedanken auf Gebet und Andacht zu richten. Er gab sich mit der Hoffnung zufrieden, daß die Frau nach dem Gottesdienst die Kirche verlassen würde, bevor die Brüder aus ihrem Chorgestühl kamen.
    Und die Gnade Gottes wollte es, daß sie tatsächlich fort war.
    Anscheinend war sie aber auch nicht weiter gegangen als bis zu Cadfaels Hütte im Kräutergarten. Sie wartete geduldig vor der offenen Tür, bis er kam, um die Lotion umzufüllen, die er vor der Messe zum Abkühlen beiseite gestellt hatte. Ihre Stirn war glatt und ihre Stimme sanft, ihre Absichten ganz praktisch und vernünftig. Das Feuer, das Eluric verzehrte, war ihr unbekannt. Auf Cadfaels Einladung folgte sie ihm in die Hütte unter die sachte schaukelnden Kräuterbündel, die droben an den Deckenbalken raschelten.
    »Bruder Cadfael, vielleicht erinnert Ihr Euch noch daran, daß Ihr mir einmal eine Salbe für einen Ausschlag an den Händen gemacht habt. Eine meiner Spinnerinnen bekommt beim Kämmen der frischen Wolle manchmal kleine Pusteln. Es ist seltsam, es geschieht nicht jedes Jahr. In diesem Jahr hat sie wieder Kummer damit.«
    »Ich erinnere mich«, erklärte Cadfael. »Das war vor drei Jahren. Ja, ich weiß, welche Salbe es war. Ich kann sie Euch in wenigen Minuten zubereiten, wenn Ihr warten wollt.«
    Anscheinend hatte sie Zeit, denn sie setzte sich auf die Holzbank an der Rückwand der Hütte und zog die dunklen Kleider eng um ihre Beine. Sie saß aufrecht und ruhig in der Ecke, während Cadfael Mörser, Stößel und die kleine Waage mit den Messinggewichten holte.
    »Wie geht es Euch?« erkundigte er sich, als er mit Schweinefett und Pflanzenöl beschäftigt war. »Ihr lebt ja jetzt schon eine Weile oben in der Stadt.«
    »Recht gut«, erwiderte sie gefaßt. »Ich habe im Geschäft mehr als genug zu tun, und der Ertrag an Wolle war besser, als ich zu hoffen wagte. Ich kann nicht klagen. Ist es nicht eigenartig«, fuhr sie etwas lebhafter fort, »daß Branwen von der Wolle einen Ausschlag bekommt, während Ihr das Fett aus der Wolle oft benutzt, um bei anderen Leuten Hautkrankheiten zu heilen?«
    »Solche Widersprüche gibt es«, erklärte er. »Es gibt bestimmte Pflanzen, die manche Menschen nicht berühren können, ohne Schaden zu nehmen. Niemand weiß den Grund.
    Wir lernen durch Beobachtung. Wie ich mich erinnere, hat die Salbe damals geholfen.«
    »O ja, ihre Hände sind rasch verheilt. Aber ich glaube, ich sollte sie nicht mehr Wolle kämmen lassen, sondern sie das Weben lehren. Wenn die Wolle gewaschen, getrocknet und gesponnen ist, kann sie sie vielleicht berühren. Sie ist ein gutes Mädchen, sie wird es rasch lernen.«
    Während er, den Rücken zu ihr gekehrt, arbeitete, schien es Cadfael, als redete sie nur, um das Schweigen auszufüllen und insgeheim für sich über ganz andere Dinge nachzudenken, die nichts mit ihren Worten zu tun hatten. So überraschte es ihn nicht, als sie plötzlich und mit ganz anderem Tonfall entschlossen sagte: »Bruder Cadfael, ich trage mich mit dem Gedanken, ins Kloster zu gehen. Ich denke ernsthaft darüber nach. Die Welt scheint mir nicht begehrenswert, ich würde hier nichts vermissen. Und meine ganzen Lebensumstände stimmen mich nicht so zuversichtlich, daß ich es wagen könnte, auf bessere Zeiten zu hoffen. Im Geschäft werde ich nicht unbedingt gebraucht. Vetter Miles kann es auch ohne mich führen, und ihm liegt mehr daran als mir. Natürlich tue ich meine Pflicht, wie“ man es mich gelehrt hat, aber er käme genausogut ohne mich zurecht. Warum sollte ich zögern?«
    Cadfael drehte sich, den Stößel in der Hand haltend, zu ihr herum. »Habt Ihr schon mit Eurer Tante und Eurem Vetter darüber gesprochen?«
    »Ich habe es erwähnt.«
    »Und was hatten sie dazu zu sagen?«
    »Nichts. Es ist meine Entscheidung. Miles will
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