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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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haben.«
    »Die Schiffe sind da«, sagte Salim leise. Er machte eine Kopfbewegung zum Mast hinauf. »Ich war im Ausguck. Es sind drei, nicht zwei. Mindestens.«
    Abbé sah ihn mit ausdruckslosem Blick an. »Unsere?«
    Salim schüttelte den Kopf. Er sagte nichts. Abbé blickte ihn noch eine Weile ebenso besorgt wie nachdenklich an, dann seufzte er erneut und sehr tief und drehte sich mit einer Bewegung herum, die unendlich müde wirkte und ihn um mindestens zehn Jahre älter aussehen ließ.
    »Bring Robin zurück in ihr Quartier«, sagte er leise. »Was immer passiert, du weichst nicht von ihrer Seite.»
    Salim nickte, aber Robin trat demonstrativ einen Schritt zurück und reckte trotzig das Kinn vor. »Was soll das? Habt Ihr nicht selbst gesagt, dass ich kein Kind mehr bin? Also behandelt mich auch nicht so!«
    »Wenn du aufhörst, dich wie eines zu benehmen, gerne«, antwortete Abbé müde. »Was hast du vor, wenn wir wirklich angegriffen werden? Dich wie ein Ritter in die Schlacht zu werfen? Mach dich nicht lächerlich.«
    »Ich kann so gut mit dem Schwert umgehen wie alle anderen hier«, beharrte Robin. »Salim hat mich gut ausgebildet.«
    »Hat er dich auch unverwundbar gemacht?«, fragte Abbé. Er schüttelte, mit einem Mal erzürnt, den Kopf. »Was, wenn du verletzt wirst, du dummes Kind? Vielleicht so schwer, dass du verbunden werden musst und jemand sieht, was sich unter deinem Kettenhemd verbirgt, Bruder Robin!«
    »Warum bin ich dann überhaupt hier?«, entgegnete Robin wütend. Allerdings galt diese Wut zu einem Gutteil ihr selbst, nicht Abbé.
    Natürlich hatte er Recht. Aber das führte auch nur dazu, dass sie sich noch hilfloser fühlte und noch wütender wurde. Dennoch fuhr sie fort: »Wozu hat Salim mich reiten gelehrt und Bogen schießen und fechten?«
    »Um dich deiner Feinde zu erwehren«, antwortete Abbé scharf.
    »Und dafür zu sorgen, dass du eben nicht verletzt wirst, denn das wäre unser aller Ende. Und jetzt geh! Ich lasse dich rufen, wenn ich deine Unterstützung brauche, Bruder Robin.«

 
    2. K APIT E L
     
    Zu ihrer eigenen Überraschung fand Robin in dieser Nacht doch noch Schlaf, auch wenn er alles andere als ruhig oder gar erfrischend war. Sie erwachte zwei- oder dreimal, das letzte Mal mit hämmernden Kopfschmerzen, einem schalen Geschmack im Mund und dem sicheren Gefühl einer nahenden Katastrophe.
    Umständlich richtete sie sich auf den mit Stroh gefüllten Leinensäcken auf und fuhr sich mit der Hand über die Augen, um die Benommenheit wegzuwischen, die noch immer ihren Blick verschleierte. Es war nicht mehr vollkommen dunkel in der Kabine, aber auch noch nicht wirklich hell. Fleckiges Zwielicht sickerte durch das bunte Bleiglasfenster herein und unterstrich die unwirkliche Stimmung. Sie vernahm ein Durcheinander von Geräuschen, die sie einzeln nicht ausmachen konnte, die in ihrer Gesamtheit jedoch ihre Beunruhigung noch steigerten. Sie blieb einen Moment lang reglos sitzen, lauschte auf das Hämmern ihres Herzens und versuchte, sich an die zurückliegende Nacht zu erinnern. Sie hatte geträumt und das flüchtige Gefühl zurückbehalten, dass ihr etwas Schreckliches widerfahren würde.
    Die Tür flog auf, und Salim stürmte herein. Für einen Sekundenbruchteil stockte sein Schritt, anscheinend war er überrascht, sie schon wach vorzufinden, dann aber warf er die Tür hinter sich zu und war mit zwei weit ausgreifenden Schritten neben ihrem Bett. »Die Verfolger«, sagte er knapp.
    Robin blinzelte ihn verständnislos an. »Was?«
    »Es sind keine Piraten und auch keine Kreuzfahrer«, sagte Salim. Er machte eine unwillige Geste. »Vier Schiffe, vielleicht mehr! Sie kommen näher. Piraten würden sich niemals an einem mit Rittern überfüllten Ordensschiff vergreifen, das einen harten Kampf, aber kaum Beute verspricht. Es müssen Schiffe aus Saladins kleiner Flotte sein!«
    »Aber das…«
    »… kann kein Zufall sein, ich weiß«, fiel ihr Salim ins Wort. »Abbé hatte Recht. Wir sind verraten worden. Sie werden angreifen, sobald es hell geworden ist.«
    »Schiffe Saladins?«, murmelte Robin verständnislos. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Sie war noch immer schlaftrunken und hatte alle Mühe, Salims Worten irgendeinen Sinn abzugewinnen. Vielleicht wollte sie es auch gar nicht.
    »Vier Schiffe«, bestätigte Salim grimmig. »Sie beginnen, uns einzukreisen. Bei gutem Wind sind ihre Schiffe langsamer als wir, aber dieser Narr Horace denkt ja nicht daran, ihnen einfach
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