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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06
Autoren: Stephen R. Donaldson
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und das Land war ihm ausgeliefert, verwüstet und zum Tode verurteilt, ähnelte dem Körper eines brutal niedergemachten Menschen, glich Covenant im schlimmsten ihrer Alpträume, als ihm der Dolch mit unfaßbarer Gewalt in den Leib gestoßen worden und mehr Blut hervorgequollen war, als sie je zuvor gesehen hatte. Und aus der Wunde des Landes drang Verderben. Nichts konnte es aufhalten. Es fraß am Erdreich wie ein Gift. Mit jedem Sonnenaufgang vergrößerte sich die Wunde. Das Land war mitten in seine lebenswichtigen Organe gestochen worden. Mord tränkte die aufgeweichten Hänge, dörrte die ausgetrockneten Flußläufe, sammelte sich und stank in jeder Mulde, jedem Tal zum Himmel. Nur das Herz, Andelain, war noch im wesentlichen unversehrt; aber auch dort begann die Herrschaft der Schlächterei vorzudringen. Die Erde als Ganzes verblutete. Linden war unmöglich zu verhindern imstande, daß sie in diesem Strom von Blut ersoff. Das war die Wahrheit des Sonnenübels. Die Blutung des Landes konnte nie und nimmer gestillt werden. Es war Dummheit von ihr gewesen, nur an einen derartigen Versuch gedacht zu haben.
    Aber sie hielt die wilde Magie wie lichte Leidenschaft in ihrer rechten Faust; ihre Linke umklammerte den lebendigen Stab des Gesetzes. Beides stand zu ihrer Verfügung. Geleitet durch ihr Wahrnehmungsvermögen – dieselbe Empfindsamkeit, aufgrund deren das Sonnenübel sie durchwallte wie eine Ripptide, jede Sehne ihres Körpers entweihte, jeden Bestandteil ihres Willens – bezog sie mit ihrem Bewußtsein an den hohen Hängen des Donnerbergs Aufstellung und nahm mit der widernatürlichen Macht, die das Land entartete, den Kampf auf.
    Das Ringen war sonderbarer Art, ebenso unheimlich wie schrecklich. Linden mußte sich mit keinem leibhaftigen Gegner auseinandersetzen. Ihr Widersacher war die Verderbnis, mit der Lord Foul die Erdkraft verpestet hatte; und ohne ihn hatte das Sonnenübel weder einen Geist, der es lenkte, noch einen Sinn. Es handelte sich nur noch um eine Manifestation von Gier, die sich an allen Formen von Natur, Gesundheit und Leben nährte. Linden hätte ihre gewaltige Machtfülle mit einer energetischen Eruption nach der anderen einsetzen können, ohne jemals etwas anderes zu treffen als das ohnehin verdorbene Erdreich, hätte damit nichts geschädigt, dem nicht schon der Verfall drohte. Nur wenige Augenblicke nach dem Aufgehen der Sonne erhoben sich grüne Keime von Vegetation wie Schmerzensschreie aus der Erde.
    Und jenseits dieser Fruchtbarkeit lauerten Regen, Verseuchung und Ödnis in unregelmäßiger Reihenfolge, erwarteten ihre endlose Wiederholung mit immer grausamerem und schnellerem Auftreten, die weitergehen sollte, bis selbst die Grundfesten des Landes zerbröckelten. Dann würde das Sonnenübel sich ausbreiten können. Über den gesamten Rest der Erde.
    Doch Linden hatte von Covenant gelernt; und durch den Wütrich. Sie versuchte gar nicht erst, das Sonnenübel gewaltsam anzugehen. Statt dessen zog sie es ganz auf sich, nahm es in ihr ureigenstes Fleisch auf. Mit weißem Feuer saugte sie das Verderben des Landes auf.
    Anfangs bedeuteten der grausige Schmerz und das Entsetzen für sie eine gräßliche Qual. Ein Schrei, heiser wie in nacktem Grauen, gellte aus ihrer Kehle, scholl wie Kevin Landschmeißers Verzweiflung über die ausgedehnte Landschaft unter ihr, hallte unaufhörlich im Kiril Threndor wider, bis die Riesen aus Unvermögen, ihr zu helfen, nahezu außer sich gerieten. Dann aber verlieh die eigene Not ihr um so größere Macht.
    Der Stab des Gesetzes brannte so heftig, daß ihr Körper davon eigentlich hätte verkohlen müssen. Doch sie nahm keinen Schaden. Statt dessen entzog der Stab ihr die Pein, die sie sich auferlegte, wandelte ihren Schmerz in etwas Heilsames und Reines um, verstrahlte ihn als pure Erdkraft. Mit dem Stab heilte Linden sich selbst.
    Sie begriff kaum, was sie da tat; sie verrichtete es wie einen Akt der Verzückung, zu vollbringen mit Intuition statt bewußter Überlegung. Aber sie erkannte den Weg ihres Handelns nun mit der gedankenlosen Klarheit der Freude. Es konnte getan werden; das Land war noch zu retten. Mit aller Leidenschaft ihres einst so vergrämten Herzens, aller Liebe, die sie erfahren und empfangen hatte, machte sie sich eifrig an das ihr vorbestimmte Werk.
    Sie glich am Donnerberg einem Gewitter, einem Damm aus Entschlossenheit und Feuer gegen das Verderben, für niemand sichtbar, der keine Augen wie sie besaß. Von jedem Flecken Erde,
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