Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
nicht bloß das Schiff versenken, ich könnte anschließend auch nicht mehr aufhören! «
    Einen Moment lang blieben sogar die Geräusche der See aus, als hätte seine Heftigkeit sie schockiert. Das Riesen-Schiff, so hatte es den Anschein, verlor an Fahrt. Der Laternenschein flackerte, als drohe das Licht zu erlöschen. Vielleicht erklangen in der Ferne Rufe, die gedämpftem Klagen ähnelten; Covenant war sich nicht sicher. Seine Sinne waren auf die Äußerlichkeiten dessen beschränkt, was er wahrnahm. Der ganze Rest der Dromond blieb seiner Wahrnehmung verborgen.
    Falls der Kapitän etwas hörte, reagierte er nicht darauf. Er hielt den Kopf gesenkt. Mit schwerfälligen Bewegungen, wie jemand, der in jedem einzelnen Glied Schmerzen verspürte, stand er auf. Obwohl die Hängematte hoch überm Fußboden hing, ragte er mit Schultern und Kopf über den Zweifler auf, der darin lag; aber noch immer erwiderte er Covenants Blick nicht. Das Licht der Laterne leuchtete unter und hinter ihm, als er um einen Schritt näher trat. Sein Gesicht befand sich im Schatten, wirkte dunkel und verhängnisvoll. »Ja, Riesenfreund«, sagte er mit schwächlicher, heiserer Stimme. Die benutzte Anrede enthielt eine Andeutung von Sarkasmus. »Ich bin von Sinnen. Du bist, wie die Elohim gesagt haben, der Ringträger. Deine Macht ist eine Gefahr für die Erde. Welches Gewicht besitzt die Pein von ein oder zwei Riesen im Angesicht einer solchen Bürde? Vergib mir!«
    Nun wollte Covenant ernsthaft herumzuschreien anfangen, wie der tote Kevin Landschmeißer hin- und hergerissen zwischen Liebe und Untergang. Doch inzwischen hatten Füße laut den Gang vor seiner Kabine durchquert, die Tür erreicht. Ohne daß Cail dagegen Einspruch erhob, schwang jemand die Tür auf. Eine Riesin reckte ihren Kopf herein. »Meister, du mußt an Deck kommen!« Bestürzung ließ ihre Stimme gepreßt klingen. » Nicor bedrängen uns.«

2
     

DER STANDPUNKT DES LEPROTIKERS 
     
     
    Blankehans verließ die Kabine langsam, als folgte er der Aufforderung lediglich aus Gewohnheit, ohne sich der Dringlichkeit, mit der man nach ihm verlangte, bewußt zu sein. Möglicherweise begriff er gar nicht mehr, was rings um ihn geschah. Doch er kam den Erfordernissen des Schiffs nach.
    Sobald der Kapitän in den Gang hinausgetreten war, machte Cail hinter ihm die Tür zu. Anscheinend sagte sein Gefühl dem Haruchai, daß Covenant sich Blankehans nicht anzuschließen beabsichtigte.
    Nicor! dachte Covenant, und sein Herz fing zu wummern an. Man sagte den fürchterlichen, schlangenähnlichen Seeungeheuern nach, sie seien Sprößlinge der Schlange des Weltenendes. Nahe der Insel des Einholzbaums hatte die ›Sternfahrers Schatz‹ eine Meereszone durchsegelt, in der es von ihnen wimmelte. Bei der Gelegenheit hatten sie sich der Dromond gegenüber völlig gleichgültig gezeigt. Aber jetzt? Nachdem die Insel versunken war, die Schlange des Weltenendes unruhig geworden? Und was konnte ein einziges steinernes Schiff gegen so viele solcher riesigen Geschöpfe ausrichten? Was würde Blankehans tun?
    Aber trotz allem blieb der Zweifler in seiner Hängematte. Er stierte zur dunklen Decke der Kabine empor und rührte sich nicht. Er war geschlagen, unterlegen. Er wagte das Risiko, sich der Gefahr zu stellen, die dem Riesen-Schiff drohte, nicht einzugehen. Hätte Linden in der Höhle des Einholzbaums nicht eingegriffen, wäre er bereits ein zweiter Kevin geworden, ein Ritual der Schändung vollzogen, das jedes andere Unheil übertroffen hätte. Die Gefährdung durch die Nicor reichte nicht im entferntesten an die Gefahr heran, die er selbst verkörperte.
    Mit vollem Vorsatz versuchte er, sich in sein Innenleben zurückzuziehen. Er wollte überhaupt nicht wissen, was sich außerhalb der Kabine abspielte. Wie hätte er die Kenntnis der Vorgänge verkraften sollen? Ich bin alle Schuld leid , hatte er gesagt; aber derlei Auflehnung besaß keine Bedeutung. Sein Blut war verseucht und verderbt von Gift und Schuldigsein. Nur die Machtlosen waren wahrhaft unschuldig, und er war alles andere als machtlos. Er war nicht einmal rechtschaffen. Die Eigensüchtigkeit seiner Liebe hatte zu alldem geführt.
    Doch die Leben, die auf dem Spiel standen, waren die Leben seiner Freunde, und er vermochte die Gefahr, in der die Dromond schwebte, nicht nachhaltig zu mißachten. Die ›Sternfahrers Schatz‹ schaukelte leicht auf den Wogen, als mache sie keine Fahrt mehr. Blankehans' Abgang hatte sich eine Zeitlang des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher