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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Jahre und die Narretei, der er geschwinder als ich entwuchs. Frühzeitig gelangte er zu seiner wahren inneren Größe, und durch mich endete seine Jugend vor der Zeit. In jenen Tagen übten wir unsere neuerworbenen Fertigkeiten in einem kleinen Wassergefährt, das bei unserem Volk Tyrscull genannt wird, einem steinernen Boot, fast so groß wie die Langboote, die du kennst, ausgestattet mit einem Segel, einem Ausleger sowie für den Fall, daß der Wind abflaute oder ungünstig wehte, auch Rudern. Mit Geschick vermag ein Tyrscull von einem Riesen allein gemeistert zu werden, doch ist's üblich, daß zwei es bemannen. Auf diese Weise wirkten und lernten Seeträumer und ich in Gemeinsamkeit. Wir nannten unser Tyrscull ›Gischtsprüher‹, und es war die Freude unserer Herzen. Nun ist's unter Lehrlingen nicht weiter verwunderlich, daß sie sich untereinander in ihren Künsten messen und mit ihren Fertigkeiten untereinander wetteifern, und desgleichen taten auch wir. Mit Wettsegeln und Wettkämpfen aller Art übten und verfeinerten wir, was wir lernten. Am beliebtesten war es, zu erproben, wer am schnellsten durch den großen Hafen unserer Heimat zu kreuzen vermochte, weit genug von der Küste entfernt, um sich fürwahr wie auf hoher See fühlen zu dürfen, aber dem Ufer nahe genug, um's notfalls durch Schwimmen erreichen zu können, sollten Lehrlinge mit ihrem Boot kentern – ein Mißgeschick, das uns, wenngleich wir noch jung waren, tief beschämt hätte. Und wenn wir nicht um die Wette segelten, bereiteten wir uns auf stets neue Wettbewerbe vor, suchten nach immer neuen Mitteln, wie wir uns mit unseren Mitlehrlingen zu messen vermöchten. Die Strecke, die man zum Zwecke der Übung durch den Hafen befahren konnte, war ganz einfach gekennzeichnet. Am einen Wendepunkt gab's dafür einen Schwimmer, der andere jedoch bestand aus einem jähen, von Salz verkrusteten Felsen, der aufgrund der Schroffheit, mit welcher er aus dem Wasser ragte, den Namen Salzzahn trug. Oftmals fuhren wir auf selbiger Strecke hin und zurück, ein- oder zweimal oder auch häufiger, prüften unsere Fähigkeit, die Winde zu schneller Fahrt oder zum Wenden und Beidrehen des Bootes zu nutzen.« Blankehans' Stimme klang mittlerweile etwas sanfter; die Erinnerung linderte zeitweilig seine Trauer. Aber sein Kopf blieb gesenkt. Und Covenant konnte nicht den Blick von ihm wenden. Durchsetzt von den gedämpften Geräuschen der See, schienen die schlichten Einzelheiten von Blankehans' Geschichte die Atmosphäre in der Kabine zum Gerinnen zu bringen.
    »Seeträumer und ich befuhren besagte Strecke so oft wie alle Lehrlinge der Seefahrt und sogar weit öfter als ihre Mehrzahl, denn beide verspürten wir starkes Sehnen nach dem Meer. So zeichneten wir uns inmitten all jener, die nach Meisterschaft strebten, durch große Tüchtigkeit aus. Mein Bruder gab sich damit zufrieden. Er besaß das wahre Begeisterungsvermögen von uns Riesen und bedurfte keiner Siege, um an den Künsten der Seefahrt Entzücken zu finden. In dieser Hinsicht allerdings war ich meines Volkes weniger wert. Nie versagte ich's mir, nach Überlegenheit zu trachten, nie ward ich's müde, auf neuartige Wege zu sinnen, wie sie zu erlangen wäre. So kam's eines Tages, daß ich einen Gedanken hatte, der mich vorzüglich dünkte, gar so sehr, daß ich mir insgeheim die Hände rieb, und ich ging hin und führte Seeträumer eilends zu unserem Gischtsprüher, um meinen Einfall auf dem Wasser zu erproben und womöglich seine Anwendung für spätere Wettfahrten zu vervollkommnen. Doch ich verschwieg ihm meine Eingebung. So großartig deuchte sie mich, daß ich ihre ganze Wunderbarkeit für mich allein haben wollte. Ohne zu fragen, was mich so aufs Wasser trieb, begleitete er mich um des schlichten Vergnügens an der Seefahrt willen. Gemeinsam steuerten wir Gischtsprüher hinaus zum Schwimmer, dann lenkten wir das Boot mit aller Geschwindigkeit in die Richtung zum Salzzahn, der sich in der Ferne aus dem Meer erhob. Der Tag stand meinem Gedanken an Großartigkeit durchaus nicht nach.« Blankehans sprach, als könne er jenen Tag hinter den Schatten der Kabine noch einmal vor sich sehen. »Unterm makellosen Himmel blies ein Wind von gewisser Lebhaftigkeit, der uns Schnelligkeit und kühne Fahrt gewährte, die Kämme der Wellen zu weißem Schaum zerstob, während er uns dahinwehte. Alsbald waren wir dem bedrohlichen Salzzahn nah. In solchem Wind verlangt das Drehen eines Tyrscull wahrhaftige Geschicklichkeit
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