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Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte

Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte

Titel: Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte
Autoren: Ulrich Wickert
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Hauptstadt der Elfenbeinküste, und der weitere Weg des Geldes dokumentiert, präzise und bis in das letzte Detail genau. Anlass für die Überweisungen waren Rechnungen der »Sotax«.
    In der zweiten Akte aber steckte die wirkliche Brisanz.
    Aus ihr kamen - sechs Monate nach dem Mord an dem General - Abhörprotokolle zutage, die, ursprünglich auf dem Weg von der Abhörstelle zum Gericht, von interessierter Stelle abgefangen und nun offenbar von einer anderen interessierten Stelle weitergeschickt worden waren.
    Ricou zuckte nur mit den Schultern, nachzufragen hatte keinen Sinn. Die Abhörstelle der Renseignements Generaux würde darauf bestehen, die Papiere schon vor sechs Monaten auf den normalen Weg gegeben zu haben. Sie seien nur der Schlamperei des Gerichts zum Opfer gefallen, man kenne das ja, würde es heißen.
    Die Abschrift eines Telefongesprächs zwischen dem Finanzier und einem Unbekannten weckte Ricous erhöhte Aufmerksamkeit.
    LaBrousse meldete sich zum ersten Mal, seitdem die Affäre aufgeflogen war, bei dem General, ohne Namen zu nennen.
    »Frangibus, erkennst du meine Stimme?«
    Frangibus, das ist das Codewort, mit dem sich Freimaurer ansprechen, und die gehörten in Frankreich, wo es immer viele
    Affären gab, einem geheimen Netzwerk an.
    »Red weiter, ich werde schon drauf kommen.«
    Der Bananenpflanzer von Martinique hatte allerdings den Fehler gemacht, für das Gespräch, das er von Fort-de-France aus führte, sein eigenes Handy zu benutzen. Die Abhörstation hatte also sofort gewusst, wer anrief. Der Corbeau lieferte das Ergebnis gleich mit.
    LaBrousse: »Erinnerst du dich an Gilles Maurel?« Der General: »Wer war das dieSchw
    LaBrousse: »Algerien. Der Piednoir, der mit Kadija befreundet gewesen ist.«
    Der General: »Die schöne Kadija? Oh ja, die Schwester des FLN-Schweins. - Was ist mit Maurel, der müsste doch längst das Zeitliche gesegnet haben. Der war' doch jetzt an die hundert?«
    LaBrousse: »Knapp neunzig. Der ist gut konserviert im karibischen Klima.«
    Der General: »In einem Behälter Rum wahrscheinlich.«
    LaBrousse: »Er hat vor drei Monaten in meinem Büro ein Foto von uns beiden in der Wüste gesehen, auf dem er dich erkannt hat - aber mich nicht. Ich habe behauptet, es sei ein Bild meines gefallenen Bruders, und ihn im Unklaren darüber gelassen, was unsere damalige Beziehung betrifft. So ganz nebenbei hat er gefragt, ob es dich denn noch gebe. Und weil er so scheinheilig den Unbeteiligten gespielt hat, habe ich vage deine politische Karriere angedeutet. Da wurde er puterrot und schrie: >Das Schwein Montagnac. Den bring ich um, und wenn es das Letzte in meinem Leben ist und ich jeden Sou für einen Killer ausgeben muss.< Seitdem meidet er mich.«
    Der General: »Der ist doch inzwischen ein verrückter alter Trottel!«
    LaBrousse: »Von wegen, ich würde gern in dem Alter auch
    noch jeden Tag über meine Plantation reiten, und ich fürchte, dass er zur Sippschaft von Fanon sehr gute Kontakte hat.«
    Der General: »Danke. Aber mach dir keine Gedanken, vielleicht solltest du nur das Foto abhängen.«
LaBrousse
    Ein protzig großes Schild am Rand des Ananasfeldes wies auf die Abzweigung zur Habitation LaBrousse hin. Jacques bremste und bog mit seinem 206 auf die Lehmpiste ein. Weil es gewaltig hinter ihm staubte, schloss er mit einem Seufzen die Fenster und drosselte die Geschwindigkeit. Es hatte lang nicht mehr geregnet. Jacques nahm den Fuß vom Gas, denn die Räder schlugen in die Schlaglöcher, und der Wagen rumpelte um die Kurven den Berg hinauf, Stoßdämpfer schien es in Leihwagen auf Martinique nicht zu geben.
    Die Ananasfelder wichen einer Bananenplantage, in der ein paar Kreolen ihre Maultiere beluden und innehielten, um Jacques nachzuschauen, als er vorbeifuhr. Kommissar Cesaire hatte ihn für vier Uhr nachmittags angemeldet, und Jacques versuchte sich vorzustellen, wie der Schwarzgeldkurier des Generals, denn das war Victor LaBrousse gewesen, ihn empfangen würde. Ob er wohl seinen Rechtsanwalt zu sich bestellt hatte? Jacques hatte bei seinen Recherchen wenig über den Mann erfahren.
    Er war in Algerien als Sohn eines französischen Gutsverwalters geboren worden, der aber schon aus Victors Leben verschwand, als er noch keine drei Jahre alt war. Verwandte nahmen die Mutter auf, Piedsnoirs, die es mit einer kleinen Obstplantage in der Nähe von Oran zu bescheidenem Wohlstand gebracht hatten. Sie schauten auf das vaterlose Kind hinab, als sei es ein Bastard, und sie
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