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Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night

Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night

Titel: Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Birne durchgebrannt. Doch die beiden Tüten und die herausgefallenen Einkäufe wurden noch dunkler, während sie darauf hinabstarrte.
    Es sah aus, als würden sie schwarz.
    Dampf umwaberte sie.
    »Seltsam«, murmelte Ethel.
    Noch seltsamer war das Gefühl, das sie mit einem Mal überkam. Normalerweise wäre Ethel zum Haus gerannt, um sich vor einem Wolkenbruch wie diesem ins Trockene zu
retten. Doch sie genoss den Regen so sehr, dass sie sich nicht dazu bringen konnte, sich vom Fleck zu bewegen. Sie verharrte in ihrer Haltung, vornübergebeugt auf die schwarz werdenden Tüten hinabstarrend, und ließ den Regen auf ihr Haar und an ihre Kopfhaut klatschen, über ihr Gesicht und ihren Hals laufen, ihren Pullover durchnässen, die Rückseite ihres Rocks und ihres Höschens.
    Sie fühlte sich … merkwürdig.
    Heiß und merkwürdig und von einem ruhelosen Drang erfüllt, ohne zu wissen wonach. Sie wollte unbedingt etwas tun. Aber was?
    »Ethel?« Der Regen war laut, klatschte auf den Beton, trommelte auf den Wagen, prasselte auf die Papiertüten und die Plastikverpackung des Toilettenpapiers und des Toastbrots, die in der Einfahrt verstreut lagen. Doch die Stimme war lauter. »Bist du das? Was ist denn los?«
    Sie blickte auf. Durch den Dampf und die Schleier des schwarzen Regens sah sie undeutlich eine Gestalt unter der Tür. »Ich bin’s, Charlie«, rief sie.
    »Steh nicht da draußen rum. Komm rein, bevor du völlig durchnässt bist.«
    »Ich komm ja schon«, rief sie und richtete sich auf. »Ich komme«, rief sie erneut und eilte mit großen Schritten auf die offene Tür zu. »Und wie ich komme, Charlie«, murmelte sie und begann zu rennen, den Kopf in den Nacken gelegt, das Gesicht mit einem seligen Lächeln in den Regen empor gewandt. Sie sah die vordere Veranda nicht, stolperte über die eine Stufe und fiel der Länge nach hin. Auf dem Bauch schlitterte sie über den glitschigen, gestrichenen Beton.

    »Du lieber Himmel!«, rief Charlie. »Hast du dir was … Großer Gott, du bist ja schwarz wie ein Schornsteinfeger! Was zum Teufel geht hier vor sich?«
    Ethel rappelte sich hoch und stürzte sich auf ihn.
    »He!«, schrie Charlie, kurz bevor ihr Kopf in seine Lenden rammte. Das trieb ihm die Luft aus dem Leib! Ethel umklammerte seine Beine, und er taumelte, mit dem Oberkörper nach vorn klappend, rückwärts durch die Tür. Krachend landete er mit dem Hintern auf dem Marmorboden der Diele.
    Sie brachte ihr Gesicht zwischen seine Schenkel, füllte ihren Mund mit dem Schritt seiner Hose und mit seinem Kumpel, Mr. Pete, und kaute. Charlie wand und krümmte sich, als hätte er einen Finger in die Steckdose gesteckt.
    Ethel kroch auf seinen zuckenden Körper. Sie setzte sich rittlings auf seine Brust und packte seine Ohren. Sie als Griffe benutzend, schlug sie seinen Kopf auf den Fußboden. Die ersten paar Male klang es, als würde jemand eine Kokosnuss fallen lassen. Dann wurde aus dem dumpfen Krachen allmählich ein nasses, matschiges Klatschen, als hätte sich sein Hinterkopf in ein Lendensteak verwandelt. Eines, das noch nicht gegrillt war. Ganz weich und saftig.
     
    Willis Yardly setzte seine Unterschrift auf den Lastschriftbeleg seiner Kreditkarte, riss das obere Blatt ab und fingerte den Rest in die Mulde unter dem Kassenfenster. Er schob die Kreditkarte in seine Brieftasche und pflückte dann einen Dollarschein heraus, mit dem er ein Twix für seinen Sohn Jimmy kaufte. Der Junge begleitete ihn immer gern zur Tankstelle und suchte sich seinen Schokoriegel selber aus,
aber er hatte Schnupfen, und Mandy hatte ihn diesmal nicht mitkommen lassen.
    Während Willis auf das Wechselgeld wartete, faltete er seinen Beleg säuberlich in der Mitte und steckte ihn zusammen mit dem Twix in seine Jackentasche. Als er die Hand wieder herauszog, hielt er eine Zigarettenschachtel und ein Briefchen Streichhölzer darin.
    Auf der Fahrt nach Hause würde er Zeit für eine genussvolle Zigarette haben.
    Besser nicht hier drinnen anzünden, dachte er.
    Er nahm das Wechselgeld, schob es im Gehen in seine Hosentasche und stieß die Tür auf. Draußen schüttelte er mit einer ruckartigen Bewegung aus dem Handgelenk ein paar Zigaretten ein Stück weit aus der aufgerissenen Ecke der Packung. Als er sie an den Mund hob und eine der Zigaretten mit den Lippen herauspflückte, sah er die Frau an der Zapfsäule.
    Sie trug durchsichtige Plastikhandschuhe, um sich bei der schmierigen Angelegenheit nicht die Finger schmutzig zu machen.

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