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Der Räuber Hotzenplotz

Der Räuber Hotzenplotz

Titel: Der Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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schnippeln für das Abendbrot; zweitens drei Klafter Holz zersägen, spalten und aufstapeln; drittens den Fußboden in der Küche schrubben; und viertens im Kräutergarten die leeren Beete umstechen. Wiederhole es!«
    »Wie du befiehlst, großer Zauberer Spektrofilius Zaschelschwan!«, sagte Kasperl. Er hatte sich vorgenommen, in Zukunft alles so dumm wie möglich zu machen. Damit wollte er Petrosilius Zwackelmann zur Verzweiflung bringen. Vielleicht wurde der große Zauberer dann so wütend, dass er ihn aus dem Schloss jagte.
    Jetzt tat Kasperl, als müsse er angestrengt nachdenken. Er verdrehte die Augen und kratzte sich im Genick. Petrosilius Zwackelmann sah sich das eine Weile an, dann wurde er ungeduldig.
    »Los, los!«, rief er. »Siehst du nicht, dass ich wegmöchte? Mach den Mund auf und sage mir, was du sollst!«
    »Was ich soll?«, fragte Kasperl. »Ich soll . . . – Ja zum Kuckuck, was soll ich denn? Eben habe ich's noch genau gewusst. Aber jetzt . . . – Augenblick mal, ich glaube, jetzt ist es mir wieder eingefallen!«
    Kasperl schob sich den Seppelhut aus der Stirn.
    »Ich soll erstens sechs Eimer Kartoffeln zersägen, spalten und aufstapeln, zweitens drei Klafter Holz schrubben, drittens den Fußboden in der Küche schälen und klein schnippeln für das Abendbrot, viertens . . .«
    »Halt ein!«, rief der große Zauberer Zwackelmann. »Aufhören mit dem Quatsch, auf der Stelle aufhören!«
    Kasperl machte ein überraschtes Gesicht.
    »Wieso aufhören?«, fragte er.
    »Weil du alles verwechselst und durcheinander bringst! Fang noch einmal von vorn an!«
    »Sehr gern, großer Zauberer Reprozilius Fackelspan! Ich soll erstens sechs Eimer Kartoffeln umstechen, zweitens den Fußboden in der Küche zersägen, spalten und aufstapeln, drittens im Kräutergarten die leeren Beete schrubben und viertens . . . Was war doch das Vierte gleich?«
    »Blödsinn!«, schrie Petrosilius Zwackelmann, »Blödsinn, Blödsinn!«
    »Wieso?«, fragte Kasperl.
    »Wieso?«, Petrosilius Zwackelmann tippte sich an die Stirn. »Weil du dumm bist! Strohdumm bist du! Nicht mal die einfachsten Arbeiten kannst du dir merken! Es ist zum Verzweifeln mit dir! Zum Ver-zwei-feln!«
    Zornig stampfte der große Zauberer mit dem Fuß auf.
    »Jetzt passiert's!«, dachte Kasperl, »jetzt jagt er mich gleich davon!«
    Aber leider!
    Der große Zauberer Zwackelmann jagte ihn nicht davon, denn er brauchte ihn. Er schnackelte mit den Fingern und zauberte aus der Luft eine Flasche Doppelkümmel herbei. Damit spülte er seinen Ärger hinunter, dann sagte er:
    »Dass du ein Dummkopf bist, Seppel, ist zwar in mancher Beziehung sehr ärgerlich, hat aber unbestreitbar seine gewissen Vorteile! Kurz und gut: Es genügt mir, wenn du bis heute Abend sechs Eimer Kartoffeln schälst – schälst und klein schnippelst, wohlgemerkt, denn ich wünsche zum Abendbrot Bratkartoffeln zu speisen. Die anderen Arbeiten seien dir dummheitshalber erlassen. So – und nun muss ich mich sputen, sonst denkt mein Kollege in Buxtehude, ich habe ihn vergessen!«

    Der große Zauberer Petrosilius Zwackelmann eilte empor auf die oberste Plattform des Schlossturmes. Dort breitete er seinen weiten, mit roten und gelben Zeichen bestickten Zaubermantel auf den Fußboden, setzte sich mitten darauf und sprach einen Zauberspruch. Da erhob sich der Mantel mit ihm in die Lüfte und trug ihn nach Buxtehude.
    Und Kasperl?
    Nachdem er das Butterbrot und den Käse verdrückt hatte, ging er an seine Arbeit. Er saß in der Schlossküche, schälte Kartoffeln und dachte nach.
    Er musste vor allem an Seppel denken.
    Gestern beim Aufbruch hatte ihn Hotzenplotz mit dem linken Fuß an die Wand seiner Räuberhöhle gekettet, im finstersten Winkel hinten, zwischen dem Pulverfass und der Pfeffertonne.
    Ob er noch immer dort an der Kette lag, auf dem kalten Steinboden?
    »Wenn er ihm wenigstens eine Hand voll Stroh oder eine Decke gegeben hätte, der Hotzenplotz!«, dachte Kasperl.
    Und je länger er sich um Seppel Gedanken machte, desto sehnlicher wurde sein Wunsch zu erfahren, wie es ihm seither in der Räuberhöhle ergangen war . . .

Armer Seppel !

    Viele Stunden lang hatte Seppel allein in der finsteren Räuberhöhle gelegen und wäre die Kette um seinen Fuß nicht gewesen, hätte er fortlaufen können, wohin er wollte. Aber die Kette ließ sich nicht abstreifen. So verzweifelt er auch daran zerrte und rüttelte: Sie saß fest, es war zwecklos.
    Gegen Abend kam Hotzenplotz wieder angepoltert. Er
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