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Der Räuber Hotzenplotz

Der Räuber Hotzenplotz

Titel: Der Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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–?
    Das Fenster war nicht vergittert und ließ sich von innen öffnen!
    »Nicht schlecht!«, dachte Kasperl. »Ich fürchte, von morgen an muss der große Zauberer wieder selber Kartoffeln schälen . . .«
    Kasperl wartete, bis es draußen ganz dunkel geworden war. Wenn er hier freikam, wollte er schleunigst auch seinen Freund Seppel befreien. Wie das zu machen war, würde ihm schon noch einfallen. Erst mal weg hier!
    Ob Petrosilius Zwackelmann wohl schon schlief?
    Vorsichtig schlüpfte Kasperl zum Fenster hinaus in den Kräutergarten! Er spähte am Schloss empor. Alles war finster und totenstill. Gut so!
    Der Gartenzaun war nicht besonders hoch. Doch als Kasperl darüber hinwegsteigen wollte, geschah etwas Unerwartetes: Jemand ergriff ihn von hinten am Rockzipfel und beim Kragen und riss ihn zurück! Ziemlich unsanft landete Kasperl auf seinen vier Buchstaben.
    Wer hatte ihn da gepackt? Etwa der große und böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann höchstpersönlich?
    Ängstlich blickte sich Kasperl um – aber nanu, es war weit und breit niemand zu sehen im Kräutergarten!
    »Ich glaube, es hat mir was vorgemacht«, dachte Kasperl. »Ich will es noch mal versuchen, diesmal an einer anderen Stelle!«
    Gedacht – getan.
    Kasperl erhob sich und trat ein paar Schritte zurück. Dann rannte er auf den Gartenzaun los. Er wollte mit Schwung hinüber: Aber es glückte ihm wieder nicht! Diesmal erwischte ihn wer beim Schlafittchen und schleuderte ihn zurück, dass er hinplumpste wie ein Mehlsack.
    Kasperl blieb eine Zeit lang liegen, wo er gerade lag, nämlich mitten in Zauberer Zwackelmanns Petersilienbeet. Er spitzte die Ohren, aber nichts rührte sich.
    »Pst!«, machte Kasperl, »ist jemand da?«
    Keine Antwort.
    »Wenn jemand da ist, soll er es sagen!«
    Alles blieb totenstill. Nur der Wald rauschte draußen, jenseits des Zaunes.
    »Ich muss mich getäuscht haben«, dachte Kasperl, »versuchen wir's also ein drittes Mal . . . Aber zum Drübersteigen habe ich keine Lust mehr, jetzt krieche ich drunterweg!«
    Auf allen vieren kroch Kasperl den Zaun entlang und suchte nach einem Durchschlupf. Hier war eine Latte locker! Sie ließ sich zur Seite schieben, die Lücke war groß genug für ihn.
    »Fein!«, dachte Kasperl und wollte hinauskriechen. Doch er hatte auch diesmal Pech, denn man packte ihn an den Füßen und zerrte ihn kurzerhand weg vom Zaun!
    Aber damit noch nicht genug!
    Plötzlich machte es klatsch und Kasperl bekam eine solche Ohrfeige, dass er vor Schreck laut aufschrie.
    Davon erwachte der große Zauberer Petrosilius Zwackelmann, machte Licht an und beugte sich, eine Nachtmütze auf dem Kopf, aus dem Fenster des Schlafgemaches im fünften Stock.

    »Ei, was höre und sehe ich?«, rief er. »Der Seppel will ausreißen! Aber, aber, wer wird denn so dumm sein, Seppel? Aus meinem Zauberschloss gibt es für dich keinen Weg hinaus! Wenn du das Schloss verlassen willst, dann entweder mit meiner Erlaubnis (die ich dir aber niemals erteilen werde), oder es geht dir um kein Haar besser als eben jetzt. Leg dich nun schlafen, Seppel, und störe mich künftig nie mehr in meiner Nachtruhe – sonst . . .«
    Ein Blitz fuhr hernieder und schlug eine knappe Handbreit vor Kasperls Fußspitzen in den Erdboden. Kasperl bekam einen Riesenschrecken und droben, im fünften Stock seines Schlossturmes knallte der große Zauberer Petrosilius Zwackelmann unter Hohngelächter das Fenster zu.
    Was kann man von so einem Bösewicht auch anderes erwarten ?

So dumm wie möglich

    Am nächsten Morgen musste Kasperl dem großen Zauberer einen ganzen Waschkessel voll Kartoffelmus kochen und Zwackelmann legte den Löffel erst aus der Hand, als der Kessel leer war. Dann wischte er sich zufrieden mit einem Zipfel des Zaubermantels den Mund ab.
    »Und ich?«, fragte Kasperl enttäuscht, denn er hatte gehofft, dass ihm Zwackelmann etwas übrig ließ.
    »Keine Sorge, mein Lieber!«
    Der Zauberer schnackelte mit den Fingern und zauberte einen Laib Brot herbei, dazu Butter und Käse.
    »Dies ist für dich, Seppel«, sagte er. »Aber warte noch mit dem Essen, ich habe dir etwas zu sagen . . .«
    Er räusperte sich und begann:
    »Heute muss ich dich hier allein lassen, denn ich reise zu einem Kollegen in Buxtehude und werde erst in den späten Abendstunden zurückkehren. Wenn du hungrig bist, geh in die Speisekammer und hole dir, was du magst. Im Übrigen wirst du arbeiten. Merke dir, was du tun sollst! Erstens sechs Eimer Kartoffeln schälen und klein
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